Folge 1315: THE APPRENTICE - L’Education Capitaliste oder Being Donald Trump
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

31.10.2024 14 min Usual Suspects

Wir haben THE APPRENTICE zwei Wochen vor der schicksalhaften Präsidentenwahl in den USA gesehen, auch ein bisschen in der Hoffnung besser zu verstehen, woher Donald Trump kommt, wie sich sein Weltbild geformt hat. In dieser Hinsicht hat uns Regisseur Ali Abbasi nicht enttäuscht. Ehrgeizig und gierig drängt der Sohn eines Immobilienhändlers nach oben und stößt dabei auf Anwalt Roy Cohn. Cohn ist ein ganz harter Hund, der vor nichts zurückschreckt – er nimmt den jungen Donlad Trump unter seine Fittiche und hämmert ihm seine Philosophie ein: Angreifen, Angreifen, Angreifen, Alles Leugnen, Immer den Sieg für sich reklamieren. Es könnte ein Mephisto-Faust-Verhältnis sein, wenn diese kapitalistische Gier nicht so unendlich banal wäre. Je mehr Geld im Spiel ist, je mehr Erfolge und verleugnete Misserfolge kommen, desto mehr schält sich aus dem naiven Aufsteiger DER Trump heraus, den wir aus den Medien kennen. Abbasi zeigt auch das Privatleben, den Kuhhandel um den Ehevertrag, den Umgang mit seinem gescheiterten Bruder und kehrt am Ende zum todkranken Roy Cohn zurück. Extrem beeindruckend ist dabei Sebastian Stan, der seinen Protoganisten nicht karikiert, sondern ihm immer ähnlicher wird, als hätte Sebastian Stan einen Regler, den er auf der Donald-Trump-Skala bei jeder Einstellung zwei Millimeter weiterdreht. Fast noch beeindruckender ist die Darstellung des völlig heruntergekommenen New York der 1970er Jahre und des bunten Rauschs des 1980er-Jahre-Turbokapitalismus. Mit den genau richtigen Einstellungen und Körnungen nimmt uns Abbasi mit in dieses Lebensgefühl. Direkt nach de...
Folge 1314: DIE FOTOGRAFIN - Lee Miller im Krieg
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

26.10.2024 17 min Usual Suspects

Lee Miller war offenbar eine extrem sture Persönlichkeit: Als das ehemalige Modell als Kriegsfotografin ins Kampfgebiet will, ist sie trotz aller Verbote nicht aufzuhalten. Sie ignoriert die herrschende Diskriminierung von Frauen – die Geschichte einer beeindruckenden Selbstermächtigung. Sie ist als erste Frau in diesem gefährlichen Beruf unterwegs und bringt verstörende Bilder aus den Konzentrationslagern mit – die nicht in England sondern später in den USA veröffentlicht werden. Der konventionell erzählte Film geht in die gleiche Falle wir viele andere Bio-Pics: Als würde der Film eine Liste abarbeiten, wird in der ersten Hälfte Szene für Szene abgehakt. Erst als Lee Miller mitten im Kriegsgeschehen ist, funktioniert die Dramaturgie – der Schrecken des Holocausts steht im Mittelpunkt und verdrängt jeden Gedanken an die Inszenierung. Direkt nach dem Film diskutieren wir, ob Kate Winslet grandios oder fehlbesetzt ist, sind beeindruckt von Andy Samberg und Marion Cotillard und sind insgesamt durchaus unterschiedlicher Meinung. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Katharina, Johanna, Heidi, Marc, Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1313: MEGALOPOLIS - Stadt der (Alp-)Träume
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.10.2024 18 min Johanna, Marc und Thomas

Es ist ein schönes, eingängiges Narrativ: Ein alter Regisseur realisiert nach 30 Jahren endlich seinen großen Kino-Traum, verkauft dafür sein Hab und Gut, hört auf keinen Rat und keine Kritik und scheitert am Ende grandios. Ganz so einfach ist es aber nicht. MEGALOPOLIS bietet eine großartige Darstellerriege auf, allen voran Adam Driver als Architekt und Visionär und Aubrey Plaza als leidenschaftliche Aufsteigerin. Die Themenbreite ist ehrfurchtgebietend: der Wunsch nach einer besseren Welt für alle, die Macht einzelner superreicher Banker, populistische Volkstribune, die die Menschen aufhetzen, Sex, Verführung, Dekadenz (der Circus!), Betrug und am wichtigsten: die Frage nach der Bedeutung der Kunst und Kultur. Das alles vor dem Hintergrund des klassischen Roms, transportiert in ein New York der nahen Zukunft. Das ist auf jeden Fall ambitioniert. Die visuelle Umsetzung ist gelinde gesagt gewagt und gewöhnungsbedürftig. Einige merkwürdige Szenenbilder sehen aus, als hätte man kurzfristig improvisiert. Angesichts offenbar chaotischer Produktionsbedingungen und schwindendem Budget kein Wunder. Die Qualität der fast magischen Eröffnungsszene erreicht der Film in seiner ganzen Laufzeit kaum mehr. Gestelzte Dialoge und längere philosophische Zitate wechseln sich mit Shakespeare-Splittern ab. Am Ende ist es mehr Theater als Kino, mehr Fragment als Film, mehr Mosaik als immersives Erlebnis. Im Podcast direkt nach dem Kino sind wir unterschiedlicher Meinung, von eher frustriert bis eher fasziniert und reden über angehaltene Zeit, den Gesang der Jungfrauen, über Visionen, Nazi...
Folge 1312: THE SUBSTANCE - Coralie Fargeat geht dahin, wo es wirklich wehtut. Und einen Schritt weiter.
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

28.09.2024 6 min Usual Suspects

Das letzte Drittel von THE SUBSTANCE ist derart intensiv, dass alles, was davor passiert, in der Erinnerung schnell verblasst. Und das ist das eigentliche Problem dieses Films. Coralie Fargeat erzählt die Geschichte der erfolgreichen Hollywood-Größe Elizabeth Sparkle – inklusive Stern auf dem Walk of Fame. Elizabeth (Demi Moore) wird ausrangiert, einfach nur, weil sie die magische Grenze von 50 Jahren erreicht hat. Obwohl sie im Rahmen der biologischen Möglichkeiten das Schönheitsideal des Showbusiness noch erfüllt und als sportliche Aerobic-Queen wie einst Jane Fonda eine eigene Sendung hat, soll sie durch eine viel Jüngere ersetzt werden. Fargeat inszeniert das mit Froschaugenoptik und unappetitlichen Nahaufnahmen – zum Beispiel wenn Dennis Quaid Garnelen verschlingt, während er Elisabeth den Karrieretod verkündet. Aber es gibt einen Ausweg: Die Substanz. Einmal aktiviert, schlüpft aus dem Rücken von Elizabeth eine junge, sexy Version von ihr – Sue (Margaret Qualley). Und hier kippt der bislang so sehenswert inszenierte Film in ein unsubtiles Duell zwischen Jung und Alt. Denn die wundersame Verjüngung funktioniert nur, wenn Regeln eingehalten und gerade Sue bricht die Regeln – mit monströsen Folgen. Coralie Fargeat wirft sich mit Schwung und einer unübersehbaren Freude an ekligen Details in das Body-Horror-Genre, sichtlich bemüht Vorbilder wie DIE FLIEGE von Cronenberg oder DER ELEFANTENMENSCH von Lynch hinter sich zu lassen und zumindest quantitativ zu übertreffen. Aus einer prunkvollen Silvesterfernseh-Gala wird eine derart magenumdrehende Freakshow, dass alles, wir...
Folge 1311: Denis Villeneuves Kurzfilme REW-FFWD / NEXT FLOOR
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

26.09.2024 12 min Kristin und Thomas

Der Frankokanadier Denis Villeneuve gehört zu den erfolgreichsten Regisseuren der Welt. Spätestens seit den beiden DUNE-Filmen ist er einem großen Publikum bekannt. Aber woher kommt Villeneuve – als Künstler? Gehen wir an den Anfang: Der 30-minütige Film REW-FFWD von 1994 ist Villeneuves erste Regiearbeit. Die fragmentarische Geschichte eines Mannes, der in Kingston auf Jamaica strandet, ein „broken down road movie“ konsequent aus der Perspektive des Protagonisten gedreht, der folglich nie zu sehen ist. Seine Angst vor den Jamaicanern im Armenviertel erweist sich als unberechtigt. Statt Raubüberfall erlebt er eine Music-Session … Im Podcast direkt nach dem Film sprechen Kristin und Thomas – unterbrochen vom Glockengeläut der Marienkirche gegenüber des Programmkinos Caligari – über eine wackelige Kamera, Zeitsprünge, die Selbsteinordnung als Psychodrama und die spannende Diskrepanz zwischen Bild und gesprochenem Text. Der Kurzfilm NEXT FLOOR gehört nicht zu Villeneuves Frühwerk: Er stammt aus dem Jahr 2008 – eine düstere, schon sehr stilsichere Allegorie, die an die Atmosphäre von BRAZIL erinnert. Wir sehen eine Gruppe von reichen Menschen (fast alles Männer) an einer reichgedeckten Tafel sitzen. Es gibt viel Fleisch, auch von exotischen Tieren, sogar von einem Nashorn. Der Hunger und die Gier der Tischgesellschaft ist nicht zu bremsen, es wird gefressen, bis wortwörtlich der Boden zusammenbricht und samt der Musikkapelle auf der nächsten tieferliegenden Ebene weiter geht – vom Kellner mit der kurzen Aufforderung „Next Floor“ quittiert. Die Bedeutung ist unmissverständli...
Folge 1310: Wong Kar-Wai - 2046 – Der ultimative (Anti-)Liebesfilm
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

18.09.2024 24 min Johanna und Thomas

Ist 2046 der ultimative Liebesfilm? Das verspricht zumindest der offizielle deutsche Untertitel. Oder ist es der ultimative Anti-Liebesfilm? Denn eigentlich geht es um die Unmöglichkeit der Liebe: Mr. Chow (Tony Leung) wurde das Herz gebrochen – das haben wir IN THE MOOD FOR LOVE mitverfolgt. Jetzt geht für ihn der Liebesreigen weiter. Aber er wird sich nicht mehr fallenlassen, er wird keine große Liebe mehr zulassen, auch wenn er sich verliebt, auch wenn er bedingungslos geliebt wird. Romantische Verstrickungen und Leidenschaft, Flirten und Aneinanderverzweifeln – aber keine Chance auf ein Happy End. Zumindest nicht für Mr. Chow. Im Podcast direkt nach dem Film sprechen Thomas und Johanna über die schönsten Frauen Chinas und Hongkongs, über Menschen am Rande des Bildausschnitts, Farben und Atmosphäre, über ein ungewöhnliches Science-Fiction-Element und über das beste Alter, um 2046 als Liebesfilm zu erleben.
Folge 1309: Paola Cortellesi MORGEN IST AUCH NOCH EIN TAG (C’è ancora domani)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

16.09.2024 10 min Katharina, Johanna und Thomas

Rom 1946. Männer haben die Welt in 30 Jahren zweimal niedergebrannt. Aber immer noch schlagen sie ihre Frauen, schreiben ihnen vor, wen sie heiraten sollen, verbieten ihnen den Mund, lassen sie nicht an die Wahlurne, zahlen weniger Lohn. Regisseurin Paola Cortellesi seziert in der ersten halben Stunde den toxischen Chauvinismus der Männer – das schmerzt, weil klar ist, wieviel von diesem Chauvinismus heute immer noch real und allgegenwärtig ist, wie alltäglich auch heute schlechtere Löhne und Femizide sind. Und das war Cortellesis Absicht: Sie wollte einen aktuell relevanten Film im Mantel der Vergangenheit machen. Cortellesi gelingt in ihrem Debütfilm das Meisterstück, die Geschichte einer misshandelten Frau mit Tiefe und Ernst, aber auch mit Humor und enormen inszenatorischen Einfallsreichtum zu erzählen. Delia ist mehr als ein Opfer, sie geht einen schwierigen, schmerzhaften, langsamen Weg der Selbstermächtigung, bis sie sich erkämpft, die Wahl zu haben. Ein herausragender Film, klug, schön, witzig, ernst, innovativ. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Johanna, Katharina und Thomas.
Folge 1308: Ryusuke Hamaguchi EVIL DOES NOT EXIST (Aku wa sonzai shinai)
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

14.09.2024 21 min Bettina, Johanna und Thomas

Als Stadtmenschen müssen wir uns erst einmal Hamaguchis Entschleunigung ausliefern. Im Stil einer kontemplativen Dokumentation beobachten wir für eine ungewohnt lange Zeit, wie Takumi (Hitoshi Omika) Holz sägt, es spaltet, es ans Haus bringt, es aufstapelt, bevor er mit einem Freund Wasser aus einer Quelle schöpft, aufreizend langsam, Schöpflöffel für Schöpflöffel, Wasser, das später für den herausragenden Geschmack von Udon-Nudeln in einem Restaurant sorgen wird. Aber die düstere Musik von Eiko Ishibashi macht von Anfang an klar: Diese Idylle ist bedroht, wir spüren kommende Gefahren. Für Konflikte sorgen dann Vertreter einer Firma, die eine Glampinganlage in die Natur setzen will – und damit die Wasserversorgung des Dorfes beeinträchtigen würde. In den wenigen Dialogszenen werden die verschiedenen Denkweisen klar: Bemühen um Harmonie und Gleichgewicht auf der einen Seite, auch und gerade mit der Natur, und Gewinnstreben auf der anderen Seite. Der Spätkapitalismus kollidiert mit nachhaltigem Handeln. EVIL DOES NOT EXIST lässt Raum für Interpretationen und allegorische Ebenen: Das Bild von den Menschen, die am oberen Flußlauf wohnen und für die Menschen, die am unteren Flußlauf wohnen, Verantwortung übernehmen müssen, verweist auf die Verantwortung der Reichen gegenüber den Armen und auf die Verantwortung der Menschen für kommende Generationen. Aber während in den ruhigen Bildern solche Gedanken im Publikum aufkommen, und Takumi ein verlockendes Angebot bekommt, eskalieren die Konflikte zwischen Stadt und Land, zwischen Gier und Bescheidenheit. Im Podcast direkt nach de...
Folge 1307: GEFÄHRLICHE BRANDUNG / POINT BREAK - Männer am Meer
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.09.2024 11 min Johanna und Thomas

Cops ständig am Rande eines cholerischen Anfalls, Rumgebrülle, idiotische Entscheidungen … ist es Testosteron, dass uns Männer so dumm macht oder übertreibt POINT BREAK als Kind der späten 80er/frühen90er? Wir haben den Film, 33 Jahre nach dem Erscheinen, jetzt zum ersten Mal gesehen – und zwar auf der großen Leinwand. Trotz der wirklich dämlichen Dialoge ist POINT BREAK ein absolutes Erlebnis im Kino. Hier zeigt sich Kathryn Bigelows Meisterschaft als Regisseurin und ihre Nähe zu Kollegen wie Tony Scott oder Michael Mann: Die Wellen, die Nächte am Meer, die Farben, die Lichter, die Schnitte, das ist im wahrsten Sinne des Wortes ganz großes Kino. Mit zwei charismatischen Hauptdarstellern, die ihren Teil dazu beigetragen haben, aus diesem Drehbuch-B-Picture einen Kultfilm zu machen. Im Podcast direkt nach dem Film am Mikrofon: Johanna und Thomas.
Folge 1306: HORIZON - Kostners Kino ohne Fokus
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

07.09.2024 15 min Usual Suspects

Der Untertitel „An American Saga“ ist schon ein Hinweis: HORIZON ist ein „Super“-Western – ein Western, der alles parallel erzählt, alles gleichzeitig sein will: ein Film über den Krieg zwischen den Ureinwohnern und den Siedlern, ein Rache-Thriller, eine Romanze, dazu eine Portion 40 WAGEN WESTWÄRTS und eine Prise Bürgerkrieg. Da kommen schon mal 170 Sprechrollen zusammen. Kein Wunder, dass das Herzensprojekt von Kevin Costner völlig den Fokus verliert und sich eher wie drei Folgen einer ambitionierten TV-Serie anfühlt. Zumal sich Costner nicht entscheiden kann, ob er „die Eroberung des Westens“ dekonstruieren oder verherrlichen will. Er versucht beides gleichzeitig. Im Podcast direkt nach dem Film sind wir unterschiedlicher Meinung, einige sind gut unterhalten, andere angeödet. Wir reden über starke Szenen (zwei Männer gehen auf eine Hütte zu!) und vergleichen HORIZON mit NO COUNTRY FOR OLD MAN, THE SEARCHERS, THE SISTERS BROTHERS, DEADWOOD, SILVERADO, OPEN RANGE, HEAVENS GATE und THE REVENANT. Am Mikrofon: Peter, Hendrik, Harald, Tom, Thomas und unser Westernexperte Götz.
Folge 1305: ALIEN ROMULUS – Same same but different
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

23.08.2024 14 min Hendrik, Tom und Thomas

Nachdem Disney die Rechte an 20th Century Fox erworben hatte, war ja automatisch aus jeder Alien-Königin eine Disney-Prinzessin geworden. Und es war klar, dass Disney das wertvolle Alien-Franchise nicht brachliegen lassen würde. Vor diesem Hintergrund entstand ALIEN: ROMULUS von Fede Alvarez. Nachdem ALIEN: COVENANT und PROMETHEUS unter einer Überdosis Mythologie, Religion und Philosophie litten, hat sich Alvarez für eine ganz einfache Geschichte entschieden. Ganz klar orientierte sich Alvarez am ersten ALIEN von Scott und ALIENS von Cameron: Eine eher einfache, klare Handlung, eine kleine Gruppe, die ums Überleben kämpft und Androiden, die mal mehr mal weniger hilfreich sind. Auf jeden Fall ein solider, funktionierender Science-Fiction-Horror. Solide auch die Leistung von Hauptdarstellerin Cailee Spaeny, die wir vor kurzem in CIVIL WAR bewundern durften. In der ersten Hälfte des Films empfand ich die vielen Zitate und Anspielungen auf die ersten beiden Filme als augenzwinkernde Hommage, in der zweiten Hälfte wirkte die häufige Übernahme bekannter Elemente eher wie übertriebender Fan-Service. Mich hat das abgelenkt: ein spannender Moment verliert an Spannung, wenn mein Unterbewusstsein sich gerade gruseln will aber mein Wachbewusstsein sagt: „Das ist doch X aus Y!“ Trotz solcher Schwächen ist Alvarez viel näher an der Qualität der Sigourney-Weaver-Ära als an den Alien-vs-Predator-Filmen. Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen wir über Zitate, dünnes Eis und stellen Vergleiche mit PREY an. Am Mikrofon: Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1304: DEADPOOL & WOLVERINE - Ziemlich beste Feinde
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

13.08.2024 8 min Harald und Thomas

Für hartgesottene Fans der Marvel-Comics ist die Hassliebe zwischen Deadpool und Wolverine ebenso bekannt wie beliebt. In den beiden Deadpool-Kinofilmen wurde zwar viel auf Wolverine angespielt, aber er war kaum zu sehen. Der dritte Teil schließlich erfüllt die Wünsche der Fans (und von Deadpool, respektive Ryan Reynolds): Durch Multiversumszeitlinienschnickschnack treffen die beiden endlich aufeinander. Kämpfe zwischen den beiden sind ja nicht nur extrem blutig sondern schon in sich eine Parodie, denn beide regenerieren ja sofort wieder – es kann also etwas länger dauern mit dem gegenseitigen Abschlachten. Die beiden ersten Filme haben sich ganz auf Deadpool konzentriert und Reynolds konnte den anarchistischen, dekonstruierenden Deadpool-Humor komplett ausleben. Im dritten Teil ist Deadpool erstmal nur ein langweiliger Autoverkäufer (mittlerweile trauriger Single), und als er endlich wieder als Held unterwegs ist, teilt er sich die Bühne mit Wolverine. Nicht schlecht, aber anders. Nach meinem Gefühl hätte es ruhig mehr anarchischen Humor geben können und dafür ein paar Cameos weniger (der Film ist bis zum Bersten voll davon). Ich will nicht spoilern, aber es gibt eine Menge abgefahrener Cameos, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Unter dem Strich: zwei sehr gut aufgelegte Hauptdarsteller, genug Gags und abgefahrene Einfälle (die nekrophile erste Actionszene!) und mehr Meta-Spaß und Marvelselbstverarsche, als man beim ersten Mal anschauen komplett mitschneiden kann. Großer Spaß – vorausgesetzt man mag kaputten, geschmacklosen Pubertätshumor. Mögen wir 🙂 Direk...
Folge 1303: TWISTERS - Fräulein Kates Gespür für Sturm
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

04.08.2024 9 min Usual Suspects

Folge 1303 – Ins Mainstream-Katastrophenfilmkino geht man ja mit hohen Erwartungen an spannende Unterhaltung und geringen Erwartungen an erzählerische Tiefe. So auch bei TWISTERS. Der Unterhaltungswert ist in der Tat beachtlich: Mit der Windgeschwindigkeit steigt auch der Adrenalinpegel im Zuschauerraum, die Helden stellen sich am Ende ihren Ängsten – und ihrer Vergangenheit. Während man die Arbeit einer Polizistin oder eines Rettungssanitäters im Film nicht in Frage stellt, denkt man sich bei den Tornadojäger:innen dann doch: Warum? Das heißt, man würde es denken, wenn nicht rechtzeitig wieder der nächste stürmische Adrenalinstoß durch das Publikum fahren würde. (Das Rodeo! Das Kino!) Insgesamt gesehen funktioniert der Film überraschend gut, die Charaktere sind besser gezeichnet als gedacht, die Geschichte vielschichtiger. So wie TWISTER vor vielen Jahren von Helen Hunt und Bill Paxton aufgewertet wurde, lebt auch TWISTERS vom Charisma seiner Hauptdarsteller: Daisy Edgar-Jones ist absolut überzeugend und Glen Powell startet ja ohnehin mit seinem lausbübischen All-American-Hero-Marlboro-Mann-Charme gerade in Hollywood durch. Im Podcast sprechen wir über unsere erfüllten Erwartungen und Thomas fragt sich, wie man einen Film über mehr Regen, mehr Hitze und mehr Stürme drehen kann, ohne einmal die Klimakatastrophe zu erwähnen. Im Podcast direkt nach dem Film am Mikrofon: Johanna, Hendrik, Harald, Tom und Thomas.
Folge 1302: ZWEI ZU EINS - Volkseigenes Vermögen
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

29.07.2024 18 min Usual Suspects

Eine deutsche Komödie? Eine deutsch-deutsche Komödie? Das rief schon eine Menge Vorurteile auf den Plan. Aber erstens: Sandra Hüller! Und zweitens: Unser Lieblingskino CAPITOL hat mit diesem Film wieder neu eröffnet! Und es hat sich gelohnt: Es ist eine Heist-Komödie, die auf wahren Ereignissen beruht. In einer Zwischenzeit der deutschen Geschichte, kurz nachdem die D-Mark als Zahlungsmittel ausgegeben wurde – im Wechselkurs 2:1 (daher der Filmtitel), entdecken einige DDR-Bürger in Halberstadt, dass in einer riesigen Bunkeranlage das komplette Scheingeld der DDR eingelagert wurde. Und noch drei Tage bleiben, um das Geld zu tauschen ... Regisseurin Natja Brunckhorst, die auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt ganz leichtfüßig eine Geschichte, in der es aber dann doch nicht nur um plötzlichen Reichtum geht, um Gier und Neid. Es geht auch um die Illusion des Sozialismus und die Illusion des Kapitalismus, um Familie und darum, wie man seine Würde und sich selbst nicht verliert, wenn die Geschichte einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Wir haben erst viel gelacht, dann nachgedacht. Im Podcast diskutieren wir über großartige Schauspieler, starke Songs, Verfolgungsjagden, über den niedlichen Kapitalismus von 1990, über unseren Westblick und offene Baustellen. Und wir zählen DDR-Geld, denn Regisseurin Natja Brunckhorst verteilte nach dem Film das Requisitengeld an die Zuschauer, rückwirkendes Begrüßungsgeld 🙂 Am Mikrofon direkt nach dem Film: Johanna, Anke, Marc und Thomas
Folge 1301: FLY ME TO THE MOON - Mit angezogener Handbremse Richtung Mond
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

21.07.2024 8 min Usual Suspects

Das Rezept für diesen Sommerfilm: Romantische Komödie, ein bisschen Geheimdienst und Verschwörung, ein bisschen Hochstapler-Charme und eine starke Frauenrolle – dazu ein bisschen Nostalgie mit der Mondlandung 1969. Und geht das Rezept auf? Jein. Scarlett Johansson (auch Produzentin) ist großartig als Marketingwirbelwind, der die NASA auf Vordermann bringen soll. Aber ihre Screwball-Sätze kommen nicht so richtig zurück von Channing Tatum. Er ist zwar sympathisch aber hier glatt eine Fehlbesetzung. Denn zu einem Screwballduell gehören immer zwei temperamentvolle Partner – wie einst Katherine Hepburn und Spencer Tracy. Ursprünglich war Chris Evans für diese Rolle vorgesehen und das wäre in der Tat ein ganz anderer Film geworden. FLY ME TO THE MOON hätte grundsätzlich auch ein flotteres Pacing gut getan, kürzere Schnitte, schnellere Pointen. Immerhin als leichte Kinosommerunterhaltung mit dem Schatz an der Seite geeignet, finde ich. Im Podcast direkt nach dem Film sind meine Gäste Heidi, Hendrik und Tom kritischer.
Jubiläumsfolge 1300: Filmpodcasterfilmbloggerfrühstück auf Nippon Connection 2024
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

20.07.2024 27 min Usual Suspects

In unserer Jubiläumsfolge (eintausenddreihundert Folgen, yeah!) feiern wir das immer wieder so schöne Wiedersehen mit filmbegeisterten Freunden, dazu gibt es Erdbeeren, Croissants, Kaffee und entspannte Diskussionen über die Filme, die wir schon gesehen haben – das ist die Tradition beim Frühstück der Filmpodcaster und Filmblogger, offen für alle, die dabei sein wollen. 2024 waren dabei: Karoline aka DieMelanie, Daniel Haberkorn vom Altstadtkino, Malte und Helena von Sneaky Monday, Claudia, Steffi von Miss Booleana, die Abspanngucker René und Marcel, Kaidan, Andras, Jan Lukas und natürlich Thomas von SchönerDenken. Wie immer reden wir vor allem über alle Filme, die wir bis dahin schon auf dem Festival gesehen hatten und die Meinungen gehen weit auseinander :-) Wir diskutieren unter anderem über 18×2 Beyond Youthful Days, Best Wishes to All, The J-Horror-Virus, Dreaming in between, Takano Tofu, Kubi, Wheel of Fortune and Fantasy, Yoko, Ichiko, September 1923, Inch Forward, Visitors – Complete Edition, Fly me To The Saitama 2 und Making Of A Japanese. Großer Dank an an alle, die dabei waren und an Nippon Connection für die Organisation und den schönen Raum! Shownotes 00:00 Begrüßung 00:38 Daniel Haberkorn, Altstadtkino 04:15 Marcel, Abspanngucker 05:41 René, Abspanngucker 06:40 Claudia 07:15 Steffi, Miss Booleana 09:43 Kaidan 13:06 Malte, Sneaky Monday 14:57 Helena, Sneaky Monday 16:53 Jan Lukas, Berlitz von Mandelbrot 20:17 Andras 22:06 Karoline aka DieMelanie 24:33 Thomas, SchönerDenken 26:07 Danke an Nippon Connection und Verabschiedung 26:32 Ende Hier alle Filmpodc...
Folge 1299: Kazuyoshi Kumakiri YOKO feat. Sven und Daniel (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

14.07.2024 10 min Sven, Daniel und Thomas

Der letzte Film, den wir 2024 auf Nippon Connection gesehen haben: Wir hatten hohe Erwartungen – und wurden nicht enttäuscht. Die Titelfigur Yoko (großartig gespielt von Rinko Kikuchi) ist Anfang 40. Ihre Träume sind geplatzt, sie lebt zurückgezogen, geht nicht mehr aus dem Haus, eine Hikikomori. Der Tod ihres Vaters reisst sie aus ihrer Lethargie, sie muss sich auf den Weg machen zur Beerdigung, 658 Kilometer nach Norden. YOKO ist ein Roadmovie wie ein Entwicklungsroman, Schicksalsschläge, katastrophale und wunderbare Begegnungen verändern Yoko. Immer wieder erscheint geisterhaft aus ihren Erinnerungen ihr Vater, den sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat. YOKO ist ein beeindruckendes Drama, ein düsterer Film über Entfremdung und über den Weg zurück in die Familie. Kazuyoshi Kumakiri erinnert uns mit YOKO daran, dass wir alle nur zwei bis drei Fehlentscheidungen vom Scheitern entfernt sind. Im Podcast direkt nach dem Film habe ich Sven von Alle Videospiele und Daniel vom Altstadtkino zu Gast. Wir sprechen über eine Beichte ohne Zuhörer, über Monster, denen man als Anhalterin begegnet und fragen uns, ob wir diesen sehr guten aber auch sehr belastenden Film noch einmal sehen können. YOKO war das erhoffte Festivalhighlight und ein toller Ausklang am letzten Tag für mich.
Folge 1298: Keisuke Yoshida MISSING feat. Andras und Daniel (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

13.07.2024 11 min Andras, Daniel und Thomas

Ein Kind wird vermisst, es verschwindet am einzigen Abend, an dem die junge Mutter nicht da ist. Zur Angst, dass das Kind tot sein könnte, kommt ein Shitstorm – erst gegen die Mutter, dann gegen den Onkel des vermissten Mädchens, der hätte aufpassen sollen. Dazu Prank-Anrufe, man hätte Hinweise auf den Aufenthalt des Mädchens oder gefakte Anrufe der Polizei, das Kind sein gefunden worden – mehr als die Familie ertragen kann. Eine große Rolle spielen im berührenden Drama MISSING aber auch die Journalist:innen eines TV-Senders, die die Geschichte für TV-Quote und Onlinerankings ausschlachten. Regisseur Keisuke Yoshida schaut dabei sehr genau hin und zeigt uns authentisch die Diskussionen in den Redaktionen und das grausame Abhängigkeitsverhältnis der Angehören zu den Medien. Denn ohne die Berichterstattung sinkt die Chance, das Mädchen zu finden. Auf vielen Ebenen ein sehr kluger, sehr beeindruckender Film – und sollte Pflichtprogramm für Journalist:innen sein. Direkt nach dem Film auf Nippon Connection habe ich Daniel vom Filmpodcast Altstadtkino und Andras am Mikrofon. Von Keisuke Yoshida haben wir 2022 den beeindruckenden INTOLERANCE gesehen, in dem die Medien und ihr Umgang mit einem Familiendrama auch eine Rolle spielen. Hier unser Podcast zu INTOLERANCE mit Patrick Torma von journalistenfilme.de.
Folge 1297: Junichi Inoue HIJACKED YOUTH – DARE TO STOP US 2 feat. Helena und Malte (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

12.07.2024 14 min Helena, Malte und Thomas

Folge 1297 – Eine ziemlich wahre Geschichte über den cholerischen Regisseur und Produzent Koji Wakamatsu, über einen unermüdlich-optimistischen Kino-Manager, einen Nachwuchsfilmemacher und eine Studentin. Für alle, die sich mit der japanischen Filmszene der 1980er Jahre auskennen ein großes Fest, für alle anderen nicht immer leicht zugänglich: Es hieß zwar, man muss den ersten DARE TO STOP US nicht gesehen haben, aber ohne Hintergrund werden einige Schwächen des Films deutlich: Zum einen hat der Film das Problem, dass er sich nicht zu weit von der Realität entfernen darf, auch wenn es dramaturgisch sinnvoll wäre. Und der Film etabliert gleich vier Hauptfiguren und verliert zwischendurch etwas den Fokus, zumal verschiedene spannende Nebenfiguren einfach wieder aus der Handlung verschwinden. Aber bei allen Schwächen ist es ein sehenswertes Portrait eines wichtigen Kapitels der japanischen Filmgeschichte. Wir kommen den Figuren sehr nah – der junge Nachwuchsfilmer kostet uns als Regie-Assistent bei Koji Wakamatsu wirklich Nerven und der Kino-Manager hat unsere Herzen erobert. Im Podcast direkt nach dem Film habe ich Helena und Malte vom Frankfurter Filmpodcast Sneaky Monday zu Gast – wir reden über das berührende Ende, über die Stadt Naguya, über Pinku-Filme und Malte schlägt dringend einen dritten Teil vor, der vor allem auf die Filmstudentin eingehen sollte. P.S. Mir ist erst später klar geworden, dass ich den ersten Teil tatsächlich 2019 auf Nippon Connection gesehen hatte.
Folge 1296: Shinji Araki PENALTY LOOP feat. Daniel, Rene und Andras (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.07.2024 11 min Usual Suspects

PENALTY LOOP ist ein Zeitschleifenfilm mit Rache-Motiv. Bei diesem Genre hat man das Gefühl, man hätte bereits alles gesehen. Also stellt sich die Frage: Gibt es neue Ansätze, gibt es neue Ideen? Hier ist das Besondere: (ACHTUNG SPOILER!) Nicht nur der Rächer, sondern auch das Opfer seiner Rache wissen, dass sie in einer Zeitschleife hängen und das führt dazu, dass die beiden ungewollt eine eigenartige Beziehung eingehen. Im Podcast reden wir über den starken Darsteller des Auftragskillers, den sehr gelungenen Tonschnitt, um den Loop zu definieren und die sehr gut ausgesuchten Locations. Im letzten Drittel bringt der Film einen überraschenden Twist, der nicht alle überzeugt. Am Mikrofon habe ich als Gäste direkt nach dem Film: Daniel vom Altstadtkino, Rene von den Abspannguckern und Andras. Am Ende der Folge habe ich nach den Lieblingszeitschleifenfilm gefragt – folgende Filme wurden genannt: GROUNDHOG DAY, LIVE DIE REPEAT (aka EDGE OF TOMORROW aka ALL YOU NEED IS KILL), PALM SPRINGS und HAPPY DEATHDAY. Und als Mentions: BOSS LEVEL und ENDLESS EIGHT.
Folge 1295: Hayato Kawai SECRET: A HIDDEN SCORE feat. Rene, Marcel und Andras (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

09.07.2024 9 min Usual Suspects

Tragische Romanzen sind nicht mein Genre, andererseits wollte ich unbedingt die Hauptdarstellerin sehen: Kotone Furukawa. Ihr Charisma trägt diesen Film, bei dem schnell klar ist, wohin die romantische Reise geht: Die schöne junge Frau ist krank, da ist ein junger Mann, eine tragische Liebe … SECRET: A HIDDEN SCORE geht dabei keinem Klischee aus dem Weg. Grundsätzlich ist der Film genau das, was er sein will: Ein Herzschmerztränendrücker mit schönen Menschen und schöner Mode. Im Podcast gehen wir unterschiedlich hart mit diesem Genrefilm ins Gericht. Andras erinnert sich daran, dass er das taiwanesische Original von 2007 gesehen hat, weiß aber nicht mehr, ob der ursprüngliche Film auch schon so schmalzig war. Aber es ist gibt auch eine positive (weibliche) Stimme zu dieser japanischen Romanze, trotz der Klischees und der Vorhersehbarkeit. Am Mikrofon habe ich direkt nach dem Film: Rene und Marcel von den Abspannguckern, Andras und eine junge Dame, deren Name ich leider vergessen habe.
Folge 1294: Kahori Higashi BELONGING (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

09.07.2024 8 min Hendrik und Thomas

Folge 1294 – In BELONGING (Toritsukushima) schlüpfen Verstorbene in Gegenstände, die Ihnen etwas bedeuten, um in der Nähe ihrer Lieben bleiben zu können. Eine junge Frau zum Beispiel wechselt nach ihrem Unfalltod in eine Tasse, die ihr und ihrem Mann besonders wichtig war. Aus der Tassenperspektive erlebt sie, wie das Leben für den jungen Witwer weiter geht. Die Vorstellung, dass Dinge belebt sind, ist der japanischen Kultur sicher näher als unserer, aber die Idee ist auch für uns berührend. Regisseurin Kahori Higashi hat mit BELONGING einen Roman ihrer eigenen Mutter verfilmt. So ganz glücklich sind wir aber direkt nach der Vorführung nicht mit diesem Episodenfilm. Das liegt auch daran, dass die stärkste Episode gleich den Anfang macht, dort ist die Bindung an die Protagonisten am stärksten. Insgesamt schwankt der Film in seiner Intensität, bleibt unentschieden im Tonfall. Im Podcast direkt nach dem Film fragen wir uns, ob BELONGING zu wohlfühlig für das ernste Thema ist? Oder ob er tröstlich ist und wir sind einfach nicht das richtige Publikum? Und wir erinnern uns (nach vielen Jahren) an einen anderen Episodenfilm, den wir auf Nippon Connection gesehen haben und der uns nachhaltig beeindruckt hat: SKETCHES OF KAITAN CITY. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Hendrik und Thomas.
Folge 1293: Appleton/Sharp THE J-HORROR-VIRUS feat. Daniel Haberkorn (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

08.07.2024 10 min Daniel und Thomas

Diese Dokumentation von Sarah Appleton und Jasper Sharp hatte ich mir im Programm von Nippon Connection 2024 ausgesucht, weil ich mich kaum mit J-Horror auskenne. Für mich bestand J-Horror aus langen schwarzen Haaren und weißbleicher Haut. Ich hatte Fragen und der Film hat viele beantwortet: Woher kommen die J-Horror-Filme? Mit welchen Filmen begann es? Was ist eigentlich ein J-Horror-Film und was nicht? Und welche Wirkung hatten diese Filme? Was erschreckt die Japaner und was erschreckt die Amerikaner? Fast alle wichtigen Regisseure des klassischen J-Horrors kommen zu Wort, Ausschnitte aus kaum zugänglichen Filmen wurden gezeigt. Ein enormer Rechercheaufwand muss in J-HORROR-VIRUS stecken. Für die Hardcore-Fans des Genres ist vielleicht nicht viel Neues dabei, für alle anderen gibt es eine Menge Augenöffner und eine solide filmgeschichtliche Einordnung. Im Podcast direkt nach dem Film im Frankfurter Regen habe ich Daniel vom Filmpodcast Altstadtkino am Mikrofon. Wir reden über unvollendete Menschen, über Vorläufer in den 1950er Jahren und viel über CURE von Kiyoshi Kurosawa (obwohl dieser Film gar kein J-Horror im engeren Sinne ist).
Folge 1292: Yuchun Su INCH FORWARD feat. Daniel Haberkorn (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

07.07.2024 9 min Daniel, Hendrik und Thomas

Der Film beginnt mit dem Blick auf die Zuschauer, die ein Kino betreten, sich ihre Plätze suchen. Und soviel können wir vorwegnehmen: Der Film endet auch damit, dass wir eben diese Zuschauer nach dem Film sehen, wie sie das Kino wieder verlassen (oder aufgeweckt werden müssen). Den Film, den die Zuschauer sehen, sehen wir nicht. Aber wir sehen, wie der Film entsteht: Eine Independent-Regisseurin hat genaue Vorstellungen, aber die kleine Produktion muss das schmale Budget einhalten, es müssen die richtigen Schauspieler gefunden werden, es gibt unendlich viele kleine und große Probleme und unendlich viele Entscheidungen zu treffen. Sich zu entscheiden – das ist die Achillesferse der jungen Regisseurin. Dazu kommen noch private Verwicklungen.  Wir lernen: Filmemachen ist wie das Leben: Es geht ständig etwas schief, man muss Entscheidungen treffen ob man will oder nicht, man hofft, man verzweifelt und irgendwie geht es dann doch. Im Podcast direkt nach dem Film reden wir über die sehr gute Hauptdarstellerin Nairu Yamamoto, über den Meta-Charakter dieses Films im Film und mutmaßen die Bedeutung des Filmtitels. Am Mikrofon vor dem Kinosaal: Daniel Haberkorn vom Filmpodcast Altstadtkino, Hendrik und Thomas.
Folge 1291: Shojiro Nishimi PHOENIX REMINISCENCE OF FLOWER feat. Rene und Marcel (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

24.06.2024 7 min Usual Suspects

Der Film ist ein Zusammenschnitt der Serie PHOENIX in Spielfilmlänge und spannt einen weiten Bogen über mehr als tausend Jahre von einer Auswanderergeschichte auf den unwirtlichen Planeten Eden, über Begegnungen mit Außerirdischen bis zum düsteren Schicksal der Erde – und der Menschheit. Dabei springt der Film nicht nur in der Handlung sondern auch zwischen Erwachsenenfilm und Kinderfilm. Unser Feedback ist gemischt. Thomas hat direkt nach dem Kino Rene und Marcel von den Abspannguckern und Hendrik am Mikrofon.
Folge 1290: FURIOSA - Unerwartet intensiv, unerwartet gut
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

19.06.2024 13 min Johanna und Thomas

FURIOSA ist hart, alptraumhaft, eine hoffnungslose Sicht auf eine toxische Männerwelt, die nur Vernichtung kennt. Es ist aber nicht die Härte, die uns so mitgenommen hat, sondern die Erkenntnis, dass FURIOSA bei aller Überspitzung die Menschen und vor allem die Männer so zeigt, wie sie sind, wie wir sind. Es fühlte sich nicht an wie eine groteske Dystopie sondern wie ein Blick in die Zukunft. Furiosa, das Mädchen, das aus dem Paradies vertrieben wurde, lernt in dieser toxischen Testosteron-Benzin-Wahnsinnswelt zu überleben – ihre Entwicklungsgeschichte ist in fünf Kapiteln klassisch aufgebaut. Die Actionszenen sind wieder überragend. Weniger Cirque du Soleil-Action wie in FURY ROAD, stattdessen härter, schmutziger, geradliniger und immer nachvollziehbar. Herausragend das erste Kapitel mit Furiosas Mutter: der Goldstandard für ernstzunehmendes Action-Kino. Anya Taylor-Joy überzeugt als taffe Frau, die sich durchsetzt, auch Chris Hemsworth und Tom Burke als Pretorian Jack (Wie sehr kann man wie Stacy Keach aussehen ohne Stacy Keach zu sein?) Fazit: Unerwartet intensiv und unerwartet gut. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Johanna und Thomas.
Folge 1289: GONDOLA - Schelmisch-verliebte Entschleunigung
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

12.06.2024 7 min Katharina, Hendrik und Thomas

Eine einzige gute Idee reicht völlig aus, wenn es die richtige Idee ist: Zwei Gondeln einer Seilbahn, die über ein abgelegenes Tal in Georgien fahren und sich in der Mitte treffen, zwei junge Gondelführerinnen (bezaubernd: Mathilde Irrmann und Nino Soselia), die sich bei ihren kurzen Begegnungen in luftiger Höhe erst grüßen, dann beeindrucken wollen und dann immer intensiver miteinander flirten. Und man kann sagen, dass die ganze Angelegenheit immer weiter eskaliert 🙂 Den verliebten Frauen fällt immer noch etwas Verrückteres, etwas Berührenderes ein. Ein wunderbarer Film von Veit Helmer, romantisch, schelmisch, poetisch, der ganz ohne Worte auskommt und sein einfaches und geniales Motiv immer wieder wiederholt und abwandelt – Goldbergs Variationen als Liebeskomödie, sagt Katharina. Wir waren sehr begeistert. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Cinemayence: Katharina, Hendrik und Thomas.
Folge 1288 - Akihiro Toda ICHIKO feat. Johannes (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

09.06.2024 8 min Johannes, Hendrik und Thomas

Ichiko ringt um die eigene Identität: Als Kind wurde sie nicht registriert, für die Behörden existiert sie nicht. Das bedeutet, sie braucht eine falsche Identität, um auf die Schule gehen zu können. Eine falsche Identität verhindert später eine Krankenversicherung. Sie muss ständig lügen – einfach nur um zu überleben. Wie kommt Ichiko heraus aus diesem Dilemma? Als ihr Leben besser zu werden scheint, holt sie ihre tragische Vergangenheit ein. ICHIKO von Akihiro Toda ist ein atmosphärischer, sommerhitzeflirrender Psychothriller, der sich nicht auf Stereotypen und Klisches einlässt, gleichzeitig ein klassisches Sozialdrama. Am Ende fragen wir uns: Wer ist Opfer, wer ist Täter, wer ist beides. Thomas hat direkt nach dem Kino Johannes und Hendrik am Mikrofon.
Folge 1287: Ema Ryan Yamazaki THE MAKING OF A JAPANESE feat. Andras (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

03.06.2024 8 min Andras und Thomas

Wer einmal in Japan war, fragt sich, warum dieses Land in so vielen Bereichen besser funktioniert, warum die Straßen sauber sind, warum die Züge auf die Sekunde genau fahren und auf den Zentimeter genau halten. Woher kommt die Disziplin und die Rücksichtnahme? Die Erziehung durch die Eltern spielt bestimmt eine große Rolle, noch größer wahrscheinlich ist die Bedeutung der ersten sechs Schuljahre. In der Grundschule werden aus Menschen Japaner – sozusagen. Ema Ryan Yamazaki hat ein Jahr lang in einer japanischen Grundschule gedreht und hat aus 700 Stunden Material eine wunderbare Dokumentation gemacht, die uns einen tiefen Einblick gibt. Wir sehen, wie die Kinder früh mit kleinen und immer größer werdenden Verantwortungen betraut werden, wie sie ständig ermahnt werden, aber auch sehr viel Anleitung und Aufmerksamkeit bekommen – und wie schon in der ersten Klasse die Schüler anfangen sich gegenseitig zu kontrollieren. Wir sehen, wie viele Lehrer:innen mit den Kindern mitleiden und wie streng andere sind. Und spätestens, wenn es Noten für das millimetergenaue Platzieren der Straßenschuhe gibt, bekommen wir eine Ahnung, woher die japanische Präzision kommt – und wie hoch der Leistungsdruck ist. Sehr beeindruckende Doku, der wir dringend einen deutschen Verleih wünschen. Thomas hat direkt nach dem Kino Andras am Mikrofon.
Folge 1286: Ryo Ushimaru QUALIA feat. Christian/Get Your Genki (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

03.06.2024 8 min Christian und Thomas

Es ist eine kleine Bühne, auf der QUALIA spielt – eine Hühnerfarm, Yuko, ihr Mann, ihre Schwägerin, ein Helfer. Aber es sind die großen Fragen, die hier verhandelt werden: Tod und Geburt, Verantwortung für anvertrautes Leben, Schuld und die Frage, wie man die Welt wahrnimmt. Alle halten Yuko für dumm, für zurückgeblieben, die Entscheidungen treffen andere, ihr Mann zum Beispiel, aber vor allem die resolute Schwägerin, die alles zusammenhält. Der Ton ist rauh und alles kommt aus dem labilen Gleichgewicht, als die schwangere Geliebte des Ehemannes auf den Hof zieht. QUALIA ist ein sehr kluger Film, der in einer kleinen Welt von der Befindlichkeit des Menschen erzählt und am Ende von einer Emanzipation. Vielleicht der beste Film des Festivals Nippon Connection 2024, von dem Bilder im Kopf bleiben werden: die Schwägerin bei der Jagd, Yukos Blick auf die Eheringe … Thomas hat direkt nach dem Kino Christian von Get Your Genki am Mikrofon – mit einem begeisterten ersten Eindruck.
Folge 1285: Kaz I Kiriya FROM THE END OF THE WORLD feat. Rene, Marcel und Andras (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

01.06.2024 7 min Usual Suspects

Kaz I Kiriya hat sich als Regisseur sehr viel vorgenommen: Einen Coming-of-Age-Film, einen Samuraifilm und einen Agententhriller zusammenzubringen, mit einer großen Portion Mistery und einer feinen Prise Science-Fiction. Mehr als zwei Stunden voller interessanter Ideen und starker Bilder, aber am Ende fügt sich das nicht in eine überzeugende Erzählung. Auch wenn wir direkt nach dem Film noch am Sortieren sind und einiges kritisieren, ist der Film doch sehr sehenswert – allein schon, weil er unüberhörbar die Frage stellt: Ist die Menschheit noch zu retten? Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Rene und Marcel von den Abspannguckern, Andras und Thomas.
Folge 1284: Takeshi Kitano KUBI feat. Rene, Marcel und Johannes (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

30.05.2024 7 min Usual Suspects

Der Film beginnt mit einem Schwenk über gefallene Samuraikrieger in einem Flussbett, die Kamera hält bei einem Mann, dessen Kopf abgeschlagen wurde. Aus dem Hals heraus klettern Krabben und beginnen den Leichnam aufzufressen. Damit gibt Takeshi Kitano gleich den Ton vor. Er dekonstruiert und vernichtet den Samurai-Mythos, KUBI ist eine blutige, brutale, kopfabschlagende Desillusionierungsmaschine. Toxische Maskulinität gerät außer Kontrolle, Macht, Eitelkeit und Gier treibt die Männer an. Sie gehen sich selbst an die Gurgel und vor allem schicken sie tausende Soldaten in einen sinnlosen, grausamen Tod. Das alles zeigt uns Kitano sehr explizit, immer wieder auch mit schwarzem Humor. Hier führen sich die Samurai auf wie schwachsinnige Yakuza – und das zwischen den Kriegern auch noch Liebesaffären laufen, verstärkt das Chaos noch. Direkt nach dem Kino hat Thomas spät in der Nacht am Mikrofon: Rene und Marcel von den Abspannguckern, Johannes und Hendrik, der den Film ganz anders erlebt hat.
Folge 1283: Michihito Fujii 18×2 BEYOND YOUTHFUL DAYS feat. Helena und Malte (NipponConnection2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

29.05.2024 12 min

Der 18-jährige Jimmy ist verliebt. Er arbeitet in einer Karaoke-Bar in Taiwan, als die bezaubernde japanische Backpackerin Ami auftaucht. Einen Monat lebt und arbeitet sie dort und verzaubert alle. Jimmys Gefühle scheint sie nicht zu erwidern, seine schüchternen Annäherungsversuche sind nicht wirklich erfolgreich. Oder doch? 18 Jahre später begibt er sich auf eine Reise – zu Ami. 18×2 berührt, weil die beiden Hauptdarsteller (und die Nebendarsteller) uns ihre Figuren großartig nahe bringen, weil der Film mit Twists gut geschrieben und mit schönen Bildern sehr liebevoll inszeniert ist. Ein romantischer, tränenreicher und sehr gelungener Start ins Festival Nippon Connection 2024. Direkt nach dem Kino bei Thomas am Mikrofon: Helena und Malte von Sneaky Monday.
Folge 1282: Hirokazu Kore-eda MONSTER - Grenzen überwinden
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

25.05.2024 13 min Johanna, Kathrin und Thomas

Ganz langsam entfaltet sich die Geschichte um die Freundschaft zweier Jungen: Minato, der Ältere, wird beschuldigt, Yori zu mobben und beschuldigt seinen Lehrer, ihn geschlagen zu haben. Was steckt dahinter? Was ist wirklich passiert? Wie einst in RASHOMON wird auch hier die Geschichte nacheinander aus drei Perspektiven erzählt. Zuerst mit den Augen der resoluten, alleinerziehenden Mutter (großartig: Sakura Ando), die ihren Sohn mit aller Kraft verteidigt, dann aus der Perspektive des Lehrers, der mit seinen Stärken und Schwächen unter die Räder des Systems gerät – und schließlich aus der Perspektive der Kinder. Während die ersten beiden Akte einem lang vorkommen können (wenn man noch nicht in Kore-edas Raumzeit angekommen ist), bildet der dritte Akt den bewegenden und dramatischen Höhepunkt der Geschichte. Die beiden Kinderdarsteller Soya Kurokawa und Yota Hiiragi sind herausragend – ihre Figuren wehren sich gegen die Erwachsenen, ihre Vorurteile und Regeln, die dem Glücklichsein im Wege stehen. Kore-eda findet dafür genau die richtigen, oft wunderschönen Bilder. Während die Erwachsenen in unterschiedlicher Weise von Mauern begrenzt sind, laufen am Ende Minato und Yori einfach weiter in ihre Zukunft hinein. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Cinemayence: Johanna, Kathrin und Thomas.
Folge 1281: DREAM SCENARIO - Wir träumen von Nicolas Cage
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

22.05.2024 13 min Usual Suspects

Prof. Matthews ist ein eher langweiliger Prof, irgendwie unvollendet, ein Mensch, der seine wissenschaftliche Karriere nicht gekrönt hat und sich selbst etwas vormacht, ein Mensch, der mit seinen Schwächen oft peinlich ist, uns aber aber nie wirklich unsympathisch ist. Als er ganz unverdient ohne sein Zutun sehr berühmt wird, ist er schnell überfordert. Er genießt den Ruhm und durchschaut die Mechanismen der Aufmerksamkeit nicht. Aber die Dinge ändern sich, der Ruhm kippt und am Ende steht der Kommerz – der Grobablauf der Handlung zeigt: DREAM SCENARIO ist auch eine Parabel über Social Media-Hypes. Aber der Film ist mehr: Er ist – wie Marc sagt – ein Spiegel unserer eigenen Bedeutungslosigkeit, Ohnmacht, Selbstüberschätzung, Naivität, Eitelkeit aber auch der Angst vor Bloßstellung, der Angst vor Einsamkeit. Das alles steckt mehr oder weniger in uns allen. Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen wir über emotionale Reaktionen im Kino, über starke Einstiege und ein nicht so starkes Finale, über Träume und böses Erwachen. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Cinemayence – dem Regen trotzend: Johanna, Katharina, Kathrin, Anke, Marc, Tom und Thomas.
NipponConnection: Offizieller Festivalpodcast 2024, Folge 2 Kotone Furukawa

19.05.2024 47 min Florian Höhr und Sebastian Krehl

In der zweiten Folge des diesjährigen offiziellen Filmpodcasts sind Florian Höhr und Sebastian Krehl zu Gast. Ich spreche mit Ihnen über einen besonderen Gast des Festivals, die Nachwuchsschauspielerin Kotone Furukawa, die in diesem Jahr auf Nippon Connection mit dem Nippon Rising Star Award ausgezeichnet werden wird. Bekannt ist sie aus „Wheel Of Fortune And Fantasy“ (Das Glücksrad) von Ryusuke Hamaguchi. Auf dem Festival ist sie zu sehen im neuen Horrorfilm „Best Wishes To All“ von Yuta Shimotsu und im romantischen Mystery-Drama „Secret: A Hidden Score“ von Hayato Kawai. Und wir sprechen über weitere Highlights des Festivals: zum Beispiel über Takeshi Kitanos Samurai-Film „KUBI“, Nobuhiro Yamashitas Musik-Komödie “Let’s Go Karaoke!”, Keisuke Yoshidas Drama „MISSING“, über Ren Sudo „Abyss“, über „Blue Giant“ von Yuzuru Tachikawa und Shojiro Nishimis melancholisches Sci-Fi-Drama „PHOENIX: Reminiscence Of Flower“. Und Sebastian schwärmt vom kleinen J-Horror-Schwerpunkt. Hört rein! Alles über das Festival auf NipponConnection.com
NipponConnection: Offizieller Festivalpodcast 2024, Folge 1 „Crossing Borders“

14.05.2024 43 min Florian Höhr und Thomas Laufersweiler

Herzlich willkommen zum offiziellen Podcast des japanischen Filmfestivals Nippon Connection 2024 mit mehr als 100 Filmen vom 28. Mai bis zum 2. Juni in Frankfurt am Main. Florian Höhr, der Leiter des Filmprogramms von Nippon Connection, spricht mit Thomas Laufersweiler über den Programmschwerpunkt „Crossing Borders“: Es geht vor allem um die gegenseitige Beeinflussung und Zusammenarbeit von japanischen und internationalen Filmschaffenden. Da fällt uns im Podcast gleiche eine Menge dazu ein: der Einfluss von Hollywood auf Akira Kurosawa und von Kurosawa auf Hollywood, der Einfluss des japanischen Kinos auf Tarantino, der Einfluss von Ozu auf westliche Regisseure, der Regisseur Koreeda zwischen Japan und Korea, Kyoshi Kurosawas französischer Film „Daguerreotype“ oder sein Film „To the End of the Earth“ oder „Perfect Days“ mit dem deutschen Regisseur Wim Wenders. Für diesen Schwerpunkt haben die Programmmacher das Drama „Die Tochter des Samurai“ (1937) von Arnold Fanck ausgewählt – als eine der ersten deutsch-japanischen Koproduktionen. Dr. Iris Haukamp wird diesen Film in einem Vortrag einordnen. Florian empfiehlt im Podcast den deutsch-japanischen Dokumentarfilm „Johatsu – Into Thin Air“ von Andreas Hartmann und Arata Mori über das selbstbestimmtes Verschwinden von Menschen in Japan und den Spielfilm „18×2 Beyond Youthful Days“ – eine ergreifende Love Story von Michihito Fujii, die in Taiwan und Japan spielt. Dazu kommen in der Retrospektive sieben japanische Film Noir, sowohl vom amerikanischen Kriminalfilm und vom deutschen Filmexpressionismus beeinflusst. Hört rein. ...
Folge 1278: CHALLENGERS - Schöne Menschen, zerbrechende Träume
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

13.05.2024 16 min Usual Suspects

Folge 1278 – Als ich im Kino saß und CHALLENGERS sah, hatte ich keine Ahnung, das hier Luca Guadagnino Regie führte. Der Regisseur von CALL ME BY YOUR NAME, SUSPIRIA und BONES AND ALL. Das erfuhr ich erst in der Podcastaufnahme von Johanna. Und das war auch gut so, denn so war ich unbelastet von entsprechender Vorerwartung. Zuerst die Big Points, die CHALLENGERS macht: Wer einen Sinn für sportlichen Wettbewerb hat, der kommt voll auf seine Kosten – als Sportfilm, als Tennisfilm sehr gelungen. Wer Spaß an mutiger Inszenierung und Kameraarbeit, wird den Film lieben: Spätestens wenn der Aufschlag direkt in die Kamera geschlagen wird, braucht man keinen 3D-Effekt, um im Kinosaal im Reflex auszuweichen. Es gibt soviele unerwartete Perspektiven, einmal ist der Ball selbst das Kameraauge. Und einen hemmungslosen Score 🙂 Und: schöne Menschen: Natürlich vor allem Zendaya, aber auch viele junge, sportliche Männer, die diesmal ohne Handtuch aus der Dusche kommen. Ein sexy Film ohne Exploitation. Dieser Punkt geht an die Produzentin Zendaya. Aber man kommt auch nicht so richtig in den Film hinein, wenn man weder mit Sport noch mit Dreiecksbeziehungen sehr viel anfangen kann. Für die ganz großen Punkte hätte der Film bei den Charakteren noch tiefer gehen müssen – das Potential der Geschichte (zerbrechende Träume, zerbrechende Beziehungen) hätte es zugelassen. Im Podcast direkt nach dem Kino am Mikrofon – mit ganz unterschiedlichen Wahrnehmungen: Johanna, Anke, Marc, Tom und Thomas.
Folge 1277: THE FALL GUY - Fallen, Lachen, Aufstehen
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

05.05.2024 9 min Johanna, Harald, Tom und Thomas

„Ein Colt für alle Fälle“ gehört für mich zu den harmlos-spaßigen Kindheitsfernseherinnerungen, dominiert von Lee Majors, der immer den Eindruck machte, als ob er sich selbst (und das Showbusiness) nicht übertrieben ernst nehmen würde. Aus der Idee der Serie (ein Stuntman gerät in Abenteuer) einen Kinofilm zu machen liegt nahe, hat aber lange nicht funktioniert, bis der ehemalige Stuntman und erfolgreiche Action-Regisseur David Leitch das Projekt übernahm. Er hat mit seinem Team nicht nur für rasante und oft komische Actionszenen gesorgt, sondern auch für eine Menge liebevolle Selbstironie und schöne Details bei der Darstellung von Dreharbeiten. Dazu kommen zwei Hauptdarsteller, die Action, Augenzwinkern und Romantik wunderbar zusammenbringen. Als Actionkomödie funktioniert THE FALL GUY sehr gut, perfektes Popcornkino. Als RomCom? Da gibt es zumindest im Podcast unterschiedliche Meinungen 🙂 Im Podcast direkt nach dem Kino am Mikrofon: Johanna, Harald, Tom und Thomas. Rückblick: Unsere ersten Eindrücke von anderen Filmen von David Leitch:Bullet TrainDeadpool 2Atomic BlondeJohn WickFilme mit Emily Blunt und Ryan Gosling
Folge 1276: CIVIL WAR - Der Krieg in uns
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

27.04.2024 7 min Heidi, Katharina und Thomas

Bürgerkrieg – das ist weit weg in Beirut, in Syrien oder in Libyen. Weit genug, um uns in eine falsche Sicherheit zu wiegen. Alex Garland macht uns mit CIVIL WAR klar, dass auch bei uns „im Westen“ ein Bürgerkrieg ausbrechen kann, dass sich auch bei uns die zerbrechliche Struktur der Zivilisation auflösen kann. Garland zeigt, wohin die irrationale Polarisierung, der Hass und die Hetze uns führen kann: Ins Chaos, in tausendfache Kriegsverbrechen. Und er holt den Bürgerkrieg so nah an uns heran, dass es wirklich Angst macht. Dabei klammert er die politischen Gründe für den Bürgerkrieg komplett aus, lässt uns ratlos zurück, wer eigentlich warum gegen wen kämpft. Das wird jeden politisch-interessierten Zuschauer frustrieren (was man in unserem Podcast hören kann), ist aber eine sehr gute Entscheidung. Denn es geht Garland ganz bewusst nicht darum, eine Seite zu wählen. In einem kommenden Bürgerkrieg in den USA, in einem Land, in dem so viele Menschen Waffen haben, wird es kaum noch eine Rolle spielen, wer warum gegen wen kämpft. Es wird darum gehen, den zu töten, der einen selbst töten will. Und das bedeutet Lynchmobs, das Ausleben von Rachefantasien, das bedeutet tödlichen Rassismus und unendlich viele unschuldige Opfer. Direkt vor unserer eigenen Haustür. Garland erzählt aber auch von der Macht der Bilder, von ikonographischen Pressefotos, von der Angstlust des Kriegsjournalismus in starken Bildern und einer vielleicht schon fast provokativen Musikauswahl. Er zeigt die jugendliche Euphorie (Cailee Spaeny) und das Zerbrechen an zu vielen grauenhaften Bildern (großartig: Ki...
Folge 1275: COLONOS - All the Pretty Horses …
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

22.04.2024 22 min Johanna, Götz und Thomas

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Feuerland erschlossen, d.h. reiche Großgrundbesitzer kauften das Land und schickten bewaffnete Männer, um die indigene Bevölkerung aus dem Weg zu räumen. Dieses kolonialistische, rassistische Kapitel der chilenischen Geschichte hat sich Felipe Galvez vorgenommen. Er zeigt uns drei dieser Männer: Lieutenant Alexander McLennan (Mark Stanley), der Mestize Segundo (Camilo Arancibia) und der Texaner Bill (Benjamin Westfall). Sie machen sich auf, um die indigenen Stämme zu finden und abzuschlachten, um Platz zu schaffen für Schafe und für Straßen. Der Ausschnitt aus dem Völkermord ist aber halb von einem mythischen Nebel verdeckt, ein Schleier über diesem kargen und unglaublich schönem Land. Sowohl der Schamane wie auch die Opfer sind kaum zu erkennen, wenn die drei Männer wie Wölfe über die Schafe herfallen. Männer, die sich ihre eigene Geschichte erfunden haben, die sich selbst und jede Hemmung verloren haben oder  – wie Segundo – sich einfach nicht dagegen aufbäumen können. Ein Film über Männer, die nur kämpfen können – selbst wenn sie auf Ihresgleichen treffen, suchen sie schnell den Konflikt und die Gewalt. Im Podcast diskutieren wir darüber wie Galvez diesen düsteren, sehr bildstarken und vollkommen pathos-freien Anti-Western inszeniert: Er baut in seinem Debütfilm Stück für Stück eine Versuchsanordnung mit den drei Männern auf. Aber noch bevor sich die aufgebaute Spannung zwischen den Männern schließlich entladen kann, wechselt Galvez Ort und Zeit und erzählt stattdessen die Geschichte Chiles von einer ganz anderen Perspektive aus. Wi...
Folge 1274: GHOSTBUSTERS: FROZEN EMPIRE – Und jetzt noch einmal alle zusammen
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

13.04.2024 9 min Gabriele, Tom und Thomas

Es gibt so Abende, da hat es ein Film schwer, zum Beispiel wenn das Kino die Heizung hochgedreht hat und die trockene Luft die Kontaktlinsen brennen lässt. Insofern hatte GHOSTBUSTERS: FROZEN EMPIRE keine guten Rahmenbedingungen bei mir. Das Sequel hat sich aber schön weggucken lassen. Die Familie, die wir in GHOSTBUSTERS: LEGACY kennengelernt haben, hat gerade in New York die alte Feuerwache übernommen, als eine neue Geistergefahr auftaucht – ein jahrtausendealter eisiger Rachegott aus dem Zweistromland. FROZEN EMPIRE packt auf die Gruselgeschichte mit diesem nicht sehr charismatischem Antagonisten eine Coming of Age-Geschichte, ein Familie-wächst-zusammen-Geschichte und eine generationenübergreifende Reunion. Das läuft dann nicht immer sehr rund. Vielleicht liegt es auch ein bisschen daran, dass die Geschichte der Geisterjäger besser in die 1980er gepasst hatte und dort auch schon weitgehend auserzählt war. Aber wie gesagt: Unter optimalen Bedingungen macht er vielleicht noch deutlich mehr Spaß als mir bei unserem Kinobesuch. Und die eine oder andere Pointe zündet schon (der Volkskundler! die „alte“ Bibliothek!). Direkt nach dem Kino habe ich Gabriele und Tom am Mikrofon – mit unterschiedlichen Meinungen.
Folge 1273: LOLA - Die Zukunft der Vergangenheit
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28.03.2024 11 min Usual Suspects

Im Mittelpunkt des Films stehen zwei Schwestern: Thom, die Ältere, ist eine geniale Selfmade-Physikerin und erfindet eine Maschine namens LOLA, die Ton- und Bildsignale aus der Zukunft empfangen kann. Ihre jüngere Schwester Mars ist die emotionalere – und moralischere – von den beiden. Sie werden reich mit Pferdewetten und genießen Ende der 1930er die Musik von David Bowie. Doch dann kommt der Krieg und LOLA könnte die Geschichte verändern … Andrew Legge konzipierte den Film komplett als Found Footage-Film. Tatsächlich sehen die verwackelten Schwarzweissbilder aus, als wären sie in Ende der 1930er mit einer kleinen Kamera gedreht worden, Unschärfen und Fehlbelichtungen erschaffen einen authentischen Eindruck. Dazwischen sehen wir immer wieder echte Archivaufnahmen, die geschickt in die Handlung eingebaut und passend bearbeitet wurden. Dennoch lebt der Film nicht nur von seinem sehr gut umgesetzten visuellen Konzept oder von der Idee, die Zukunft verändern zu können. Der Film wird getragen von seinen beiden großartigen Hauptdarstellerinnen, Stefanie Martini und Emma Appleton. Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen wir über die komischen und tragischen Seiten des Films, über den starken Score, über das gelungene Timing und über die Musik der alternativen Zeitlinie. Unser Urteil: sehr empfehlenswert – vielleicht auch als Double Feature mit DIE THEORIE VON ALLEM. Am Mikrofon vor dem Kino: Johanna, Anke, Marc, Hendrik und Thomas.
Folge 1272: FERRARI - Die Liebe und der Tod fahren mit
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

25.03.2024 13 min Katharina, Tom und Thomas

Wenn die Fahrer sich 1957 in die feuerroten, schnittigen Rennwagen von Enzo Ferrari setzen, dann wissen sie, dass sie ihr Leben riskieren. Genau wie ihre Konkurrenten, die für Maserati und Mercedes fahren. Sie müssen sich fragen, was sie bereit sind für den Sieg zu riskieren, denn der Tod sitzt immer mit im Wagen. Die dramatischen Rennen, die Spannung, die Unfälle sind beeindruckend in Szene gesetzt, Kameras sind oft tief an den Fahrzeugen befestigt und machen Beschleunigung und Geschwindigkeit sichtbar. Aber das ist nur eine von zwei Handlungsebenen: Michael Mann verwebt die Rennen mit dem Leben von Enzo Ferrari, erzählt von der Trauer um seinen früh gestorbenen Sohn Dino, vom Streit mit seiner leidenschaftlichen, kämpferischen Ehefrau (herausragend: Penelope Cruz) und vom Familienglück mit seiner Geliebten (Shailene Woodley). Immer wieder zeigt Michael Mann die traumhafte Landschaft um Modena und Katharina beschreibt die Szenen mit der Familie zurecht als Gemälde. Tatsächlich hatte Michael Mann seinem Kameramann empfohlen, sich an Gemälden der italienischen Renaissance zu orientieren, an Caravaggio und an niederländischen Meistern. Das führt zu Szenen mit warmen Farben, pointiertem Licht und viel dunklem Hintergrund. Der Film wirkt, als hätte er ganz auf CGI verzichtet und es gibt in der Tat hinter den Kulissen dieses Films sehr viel mehr Stuntfahrer als Special Effects-Menschen 🙂 Im Podcast direkt nach dem Film rede ich mit Katharina und Tom über die Schwarzweissbilder ganz am Anfang, über Schüsse, die man in der Kirche hören kann, über das Chamäleon Adam Driver und...
Folge 1271: ANATOMIE EINES FALLS - Dekonstruktion einer Beziehung
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

21.03.2024 22 min Usual Suspects

Ein Mann liegt tot vor seinem Haus in den französischen Alpen. Bei Renovierungsarbeiten aus dem Dachfenster gefallen? Selbstmord? Von seiner deutschen Ehefrau heruntergestoßen? Der Mann war ein Schriftsteller, der nicht mehr schreiben konnte, dessen Pläne gescheitert sind, der seine Antidepressiva absetzte, der zerfressen war von Schuldgefühlen, gedemütigt von der Tatsache, dass seine Frau, ebenfalls Schriftstellerin, überall und jederzeit erfolgreich schreiben konnte. In den Rückblicken sehen wir die gescheiterte Beziehung, Streit, Vorwürfe, Verletzungen, Träume aus den Albträume wurden. Die Ermittler nehmen die deutsche Ehefrau ins Visier, die immer wieder aus dem Französischen ins Englische (die Beziehungssprache mit ihrem Ehemann – und mit ihrem Sohn) wechseln muss. Sie klagen sie des Mordes an und sezieren vor Gericht die komplizierte Beziehung. Regisseurin Justine Triet hat das Drehbuch mit ihrem Mann zusammen verfasst und Sandra Hüller auf den Leib geschrieben. Während wir als Publikum immer tiefer in das Psychogramm dieser Familie eintauchen, stellt sich nicht nur die Frage, was wahr ist und ob die Ehefrau die Täterin ist, sondern auch ob es echte Beweise für ihre Schuld gibt. Der Ehemann hatte von einem Streit am Tag vor seinem Tod eine Tonaufnahme gemacht . Selbst die Authentizität dieser Aufnahme steht zur Debatte, da der Mann die Aufnahmen für ein Romanprojekt gemacht hat und den aufgezeichneten Streit möglicherweise absichtlich eskaliert hatte. Sandra Hüller ist eine Liga für sich in diesem herausragend geschriebenen Film – sehr stark auch Milo Machado-Gra...
Folge 1270: IN THE MOOD FOR LOVE - Die schöne Zeit
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

15.03.2024 11 min Johanna und Thomas

Die warmen Farben, die Blicke, die wenigen, zarten Berührungen, der Regen … IN THE MOOD FOR LOVE hat mich hineingezogen in seine Melancholie, in den Liebeskummer, die Intensität und Unsicherheit des Verliebtseins. Er reiht einzelne Szenen aneinander, oft unvermittelt geschnitten, als würde man immer wieder Zeuge dieser unendlich langsamen Annäherung dieser wunderschönen Menschen sein, untermalt von Shigeru Umebayashis Walzerklängen und Nat King Coles Stimme. Die schöne Zeit vergeht, unerbittlich ticken die Siemens-Uhren in der Redaktion von Tony Leung. Vielleicht ist keine Liebe so romantisch wie die unerfüllte Liebe, vielleicht sind ungeküsste Küsse die süssesten. Am Tag nach dem Film erging es mir wie bei CHUNGKING EXPRESS: Ich will den Film direkt noch einmal sehen und dann nur in den Bildern schwelgen. Im Podcast direkt nach dem Film vor dem Caligari in Wiesbaden spreche ich mit Johanna über tolle Kleider, liebevoll-übergriffige Nachbarn, Mikrokosmos und Makrokosmos, über prägende Perspektiven und Bildkompositionen, über eine historisch anmutende 35-mm-Kopie und ich überlege am Ende, ob der Film auch eine Mahnung ist, die Liebe mit beiden Händen zu ergreifen, wenn sie einem begegnet.
Folge 1269: DUNE: PART TWO – Der Hamlet der Wüste
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.03.2024 13 min Usual Suspects

Eine gute Entscheidung, dass Villeneuve wieder an Originalschauplätzen gedreht hat – was erst einmal wie eine mittelgute Pointe klingt, beschreibt die visuelle Qualität von DUNE und noch mehr von DUNE: PART TWO sehr gut. Der Film vermittelt tatsächlich den Eindruck, als hätte sich Villeneuve einfach gegen CGI entschieden, wäre nach Arrakis geflogen und hätte die Fremen überredet auf dem Wüstenplaneten vor die Kamera zu treten. Das bedeutet für mich als Zuschauer eine enorm immersive Illusion. Vergleichbar ist das – wenn überhaupt – nur mit der visuellen Dimension des ersten LORD OF THE RINGS von Peter Jackson im Fantasy-Genre und lässt alle anderen SF-Epen in dieser Hinsicht weit hinter sich. Frank Herberts Roman lässt sich durchaus missverstehen als Verherrlichung eines Feudalsystems und als Heldenkult – oberflächlich lässt sich Paul Atreides als White Saviour lesen, der kommt, um das religiös manipulierbare Wüstenvolk der Fremen zu befreien. Herberts kritische Ansätze über religiösen Fundamentalismus, Manipulation, Naturzerstörung, Ausbeutung, Faschismus und den rücksichtslosen Kampf der Eliten um wichtige Ressourcen, werden in der spannenden Handlung schnell überlesen. Villeneuve bemüht sich diese Kritik sichtbar zu machen: Paul spricht es mehrfach direkt an, dass es ihm als Außenweltler nicht zusteht, die Fremen zu führen. Und er weigert sich lange, seine Rolle in der politisch-religiösen Intrige der Bene Gesserit zu spielen. Villeneuve macht auch deutlich, dass der religiöse Fundamentalismus der Fremen das Ergebnis einer Manipulation durch eine Elite ist, der Film...
Folge 1268: ZONE OF INTEREST - Im Paradies stört das Dröhnen der Verbrennungsöfen nicht
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

07.03.2024 13 min Heidi, Gisela und Thomas

Was mir am stärksten aufgefallen ist in Jonathan Glazers THE ZONE OF INTEREST: Die Illusion, dass wir gar kein inzeniertes Bild sehen, die Illusion, das das Gezeigte „real“, bzw. „original“ ist. Besonders im ersten Drittel des Films vermitteln die Farben und Perspektiven den Eindruck, als würden wir Material sehen, dass 1943 vor Ort gedreht wurde. Diese Form der visuellen Inszenierung verstärkt enorm die Aussage des Films: Dass die Integration massenvernichtender Menschenverachtung in den eigenen Alltag diese Verbrechen erst ermöglicht. Die sonnige Gartenidylle, die Rudolf Höß‘ Ehefrau Hedwig auf der Außenseite des Vernichtungslagers Auschwitz, ist ein ebenso paradiesischer wie perverser Selbstbetrug – immer wieder hörbar durch das ständige, dunkle Brummen der Ringöfen und sichtbar durch Feuer und Rauch aus den Schornsteinen. Es ist eine gute Entscheidung von Jonathan Glazer, dass wir als Zuschauer:innen die eigentlichen Verbrechen nicht sehen, denn so bleibt der Fokus ganz auf den Menschen, die die Verbrechen der Täter mittragen, befürworten und unterstützen. Im Podcast spreche ich mit Heidi und mit Gisela, deren Perspektive als Kriegskind (Jahrgang 1937) besonders interessant ist. Wir diskutieren die pathosfreie Darstellung der Nazis, den „Wannseekonferenz-Moment“, Sandra Hüllers großartige und furchterregende Darstellung der Hedwig Höß, über dunkelgraue Leinwände, den ungewöhnlichen Score und über unsere eigene Erinnerungen an den Besuch der Gedenkstätte in Auschwitz.
Folge 1267: AND THE KING SAID, WHAT A FANTASTIC MACHINE - Lost in Pictures
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

05.03.2024 17 min Bettina und Thomas

Die Camera Obscura gehört zu den eindrücklichsten Phänomenen der optischen Physik: Wenn Licht durch ein Loch in einen dunklen Raum fällt, dann wird ein Abbild der Außenwelt auf die gegenüberliegende Wand geworfen, auf dem Kopf stehend. Unsere Augen funktionieren nach dem gleichen Prinzip (unser Gehirn stellt das Bild wieder auf die Füße), auch Fotokameras funktionieren so. Im Dokumentarfilmbilderrausch AND THE KING SAID, WHAT A FANTASTIC MACHINE sehen wir, wie überrascht und ungläubig die Menschen reagieren, wenn sie mit einer Camera Obscura konfrontiert werden. Wenn man eine Geschichte des Bildes von der Erfindung der Fotografie bis zu TikTok-Videos zeigen will, ist die Camera Obscura natürlich Pflichtprogramm, ebenso die Pferdefotografien, die kreisförmig angeordnet das erste Bewegtbild sind oder der einfahrende Zug als erster Film, der vor Publikum gezeigt wurde. In diesem 88 Minuten dauernden Bilderrausch ist es schwer, den roten Faden zu finden und nicht wieder zu verlieren. Es geht um die Illusion, dass Foto und Film die Wirklichkeit objektiv abbilden, es geht um die Veränderung der Bedeutung, wenn sich Perspektive und Ausschnitt verändern, es geht um die Allgegenwart der Bildinszenierung. Das vergisst man als Zuschauer schnell, wenn man zwischen dem Mob, der am 6. Januar 2021 das Capitol stürmte und verwüstete und kleinen Kindern, die „König der Löwen“ schauen, zwischen Livestreamern und Only-Fans-Videostars, zwischen Leni Riefenstahl und IS-Terroristen hin und her karbolzt wie ein betrunkenes Kaninchen. Im Podcast, den wir wie immer direkt nach dem Kinobesuch au...
Folge 1266: FilmpodcasterFilmbloggerFrühstück (Powwow) auf NipponConnection 2023

29.02.2024 29 min Nippon Connection All Stars

Traditionell treffen sich die Filmpodcaster und Filmblogger und alle die sonst noch Lust haben auf Nippon Connection zu einem Frühstück am Freitagmorgen mit starkem Kaffee, Croissants, süßen Erdbeeren und Himbeeren. 2023 waren dabei: Karoline aka Die Melanie, Daniel Haberkorn vom Altstadtkino, Malte von Sneaky Monday, Johannes von Untersicht, Knut von Ein Filmarchiv, Sanne und molosovsky und natürlich Thomas von SchönerDenken. Wie immer reden wir vor allem über alle Filme, die wir bis dahin schon auf dem Festival gesehen hatten, über Regisseure, die direkt nach dem langen Flug geduldig alle Fragen beantworten, über lange Schlangen vor den kulinarischen Highlights, über Frozen Beer und das Orakel der Pressetexte. Großer Dank an Nippon Connection für die Organisation und den schönen Raum!
Folge 1265: CHUNGKING EXPRESS - Liebe in der großen Stadt
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

18.02.2024 15 min Johanna, Bettina und Thomas

In der pulsierenden Metropole Hongkong suchen die Menschen – wie überall – nach Liebe. Wer keinen Partner hat, sucht und träumt, wer einen Partner hat, glaubt etwas Besseres zu finden oder wird verlassen. Sie treffen und verfehlen sich, wie sehnsüchtige Billardkugeln. Nichts ist sicher in Hongkong – drei Jahre vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China. Vor allem nicht in den Chungking Mansions, dem überfüllten Hochhauskomplex mit den vielen Läden und billigen Wohnungen. Zwei Geschichten erzählt Wong Kar-Wai in seiner melancholischen Liebeskomödie: Ein Polizist, der gerade verlassen wurde, sich mit Ananas tröstet und schließlich in einer Bar auf eine Frau mit einer blonden Perücke stößt, die in den Chungking Mansions ein blutiges Drogengeschäft betreibt. Aber das Drama und die Gefahr wird nur angedeutet. Diese Geschichte erzählt Wong Kar-Wai in oft verfremdeten Bildern, als würde das Adrenalin der Großstadt wie eine Droge die Wahrnehmung verzerren. In der zweiten Geschichte wird ebenfalls ein Polizist von seiner Freundin (einer Stewardess) verlassen. In ihn verliebt sich die junge Faye. Sie kommt an den Schlüssel des Polizisten und stellt ihm nach … Für mich ist das die erste Begegnung mit Wong Kar-Wai. Direkt nach dem Kino konnte ich mit Johanna und Bettina die ersten Eindrücke festhalten. Im Podcast reden wir über eine übermächtige 90er-Nostalgie, über die visuelle Wucht von Wong Kar-Wais Hongkong, über die unerwartete Leichtigkeit dieser Liebeskomödie, über eine charmante Form von Stalking, über unvollendete Liebesgeschichten und IN THE MOOD FOR LOVE, über...
Folge 1264: RETURN TO SEOUL - Das Leben vom Blatt spielen
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

12.02.2024 27 min Usual Suspects

Wessen Heimat und Identität nie in Frage stand, kann nicht ermessen, wie sehr die Suche nach und der Kampf um Heimat und Identität das ganze Leben prägt. Freddy, die junge Protagonistin in RETURN TO SEOUL ist in Südkorea geboren, von einem französischen Paar adoptiert worden. Als junge Frau besucht sie mehr oder weniger zufällig Seoul. Sie ist impulsiv und rebellisch, lässt sich von keinen Konventionen einengen und macht so sichtbar, wie viele Regeln wir in unserem Leben internalisieren. Mit koreanischem Aussehen und französischer Kultur ist sie wieder fremd und geht spontan, vielleicht sogar unüberlegt, auf die Suche nach ihren Eltern. Der Film führt uns durch mehrere Jahre (denn Freddy kehrt so schnell nicht nach Frankreich zurück) und zeigt in vier Episoden immer wieder neue Identitäten von Freddy – in all den Veränderungen bleibt die verweifelte Suche nach ihrer Identität bestimmend für ihr Leben. Im Podcast direkt nach dem Film reden wir über ihre Einsamkeit und Bindungsangst, über die Darstellung der südkoreanischen Familie, über koreanische Traumata und darüber, dass das Leben keine Generalprobe ist – das ganze Leben ist, als würde man ein unbekanntes Musikstück immer direkt vom Blatt spielen müssen. Im Podcast direkt nach dem Film am Mikrofon: Johanna, Bettina, Katharina, Hendrik und Thomas. RETURN TO SEOUL wird von MUBI im Streaming angeboten. Wir hoffen auf eine Bluray von Rapid Eye Movies. Alle Beiträge von SchönerDenken über koreanische Filme. Wer sich besonders für das koreanische Kino interessiert, sollte sich den Podcast Kino Korea von Stephan Fasold anh...
Folge 1263: POOR THINGS - Eraserhead meets My Fair Lady
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

03.02.2024 17 min Usual Suspects

Im Kino beschleicht einen bei manchen Filmen das Gefühl: „Kenn ich schon“, „Habe ich so ähnlich schon mal gesehen“ oder „Ich weiß schon, was gleich passiert“. Davon ist POOR THINGS von Giorgos Lanthimos denkbar weit entfernt. Das Publikum betrachtet seine Frankensteingeschichte mit großen Augen und mit vor Erstaunen offenem Mund. Die Protagonistin Bella Baxter ist in die Welt geworfen, ohne Gedächtnis, mit den begrenzten Fähigkeiten eines neugeborenen Menschen. Aber sie lernt schnell – betreut vom exzentrischen Arzt Godwin Baxter, von Bella zärtlich „Gott“ genannt. Er hat die Rolle des Dr. Frankenstein – und das Aussehen von Frankensteins Monster. Als sie in die Welt aufbricht, verlässt sie das schwarzweiße Haus und entdeckt Sexualität, im bunten Lissabon den Fado, sie findet Bücher und den Sozialismus, stolpert über gesellschaftliche Konventionen und moralische Fragen. Lanthimos erzählt uns die Geschichte in einem visuellen Rausch, mit ungeheurem Einfallsreichtum und einer Ästhetik, die mit ihren Veränderungen der Entwicklung der Protagonistin folgt – von schwarzweißem Horror, über bunte Steampunkwelten bis zu einem magischen Realismus. Dabei ist POOR THINGS oft gleichzeitig todernst und albern, grotesk und verwirrend, gleichzeitig Feminismus und Exploitation. Die Schauspieler verlassen ihre Komfortzonen: Emma Stone ist als Bella maximal beeindruckend, Mark Ruffalo zeigt völlig neue Seiten. Im Podcast reden wir über die sehr starke Filmmusik von Jerskin Fendrix (die oft mit vier Tönen auskommt!), über Horror und Humor und stoßen auf die Frage, wie „alt“ Bella ist, als ...
Folge 1262: Wim Wenders PERFECT DAYS #Japanuary2024
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

22.01.2024 11 min Usual Suspects

Einem Besucher in Tokio fallen zwei Besonderheiten im Alltag auf: Es gibt überall Getränkeautomaten und es gibt überall saubere, öffentliche Toiletten. Diese Toiletten zu reinigen ist Hirayamas Job. Eine einfache Arbeit, ein „dirty job“, den kaum einer machen will. Hirayama verleiht seiner Arbeit durch seine ruhige Zufriedenheit und seine Sorgfalt Würde. Sein einsames Leben durchläuft immer den gleichen Tagesrhythmus: Aufstehen, Blumen gießen, Zähneputzen, alles einpacken, vor die Tür treten, ein lächelnder Blick in den Himmel, eine Dose kalter Kaffee aus dem Automaten vor seiner Tür und dann geht es zur Arbeit. Nach der Arbeit geht er immer in den gleichen Läden essen, zuhause liest er und am nächsten Morgen geht es wieder von vorne los. Das hat etwas entspanntes, freies, unbelastetes. Aber Hirayama ist auch einsam, seine Bekanntschaften sind oberflächlich. Erst als seine Nichte Niko beim ihm auftaucht, gerät sein Leben in Bewegung. Regisseur Wim Wenders (der in einer kleinen Statistenrolle zu sehen ist) lässt sich Zeit, gibt uns ein Gefühl für diese Mischung aus Monotonie, Melancholie, Glück, Einsamkeit und Selbstzufriedenheit. Wir sehen Hirayama unterschiedlichste Toilettenhäuschen reinigen, sehen seine Arbeitskollegen, sehen sein altmodisches Leben mit Büchern statt einem Fernseher, mit Musik-Cassetten und einer analogen Kamera. Mit dieser Kamera fotografiert er immer wieder das Sonnenlicht zwischen den Blättern seines Lieblingsbaums – in Japan hat man dafür ein eigenes Wort: Komorebi. Im Podcast direkt nach dem Film im Murnau-Kino reden wir über die Intensität des ...
Folge 1261: Hayao Miyazaki DER JUNGE UND DER REIHER (Kimitachi wa Do Ikiru ka) #Japanuary2024
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

13.01.2024 12 min Usual Suspects

Der dritte Film, den wir für den Japanuary 2024 geschaut haben, ist Miyazakis vielleicht letzter Film: DER JUNGE UND DER REIHER, im Original „Kimitachi wa Do Ikiru ka“, was so viel bedeutet wie „Wie wollt Ihr leben?“ – eine Verfilmung des Romans von Genzaburo Yoshino, der eine besondere Bedeutung für Miyazaki hat. Nach zehn Jahren Pause ist Miyazaki also wieder zurück mit einem bildgewaltigen Film. Im Mittelpunkt steht der Junge Mahito, der 1943 im Krieg seine Mutter verliert, Sein Vater heiratet später die jüngere Schwester seiner Mutter. Als sie verschwindet, gerät Mahito auf der Suche nach ihr wie einst Alice in ein Wunderland. Es sind verschiedene Welten, dominiert von einem magischen Turm. Dort sitzt sein alter Großonkel, der Herr über diese Welten, der einen Nachfolger sucht. Miyzaki spricht in diesem Film in Metaphern, er zitiert sich selbst, er codiert und assoziiert. Viel Autobiographisches ist zu erkennen: Seine frühere Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegsjahre, sein Selbstportrait als alter Künstler. Vor allem geht es um Verlust und Tod, um die Kraft weiterzuleben und das Leben anzunehmen. Wenn man als Zuschauer versucht, beim ersten Schauen von DER JUNGE UND DER REIHER die Anspielungen und Rätsel zu verstehen und zu dechiffrieren, wird einem schnell der Kopf rauchen. Dann kann der Film sogar intellektuell überladen wirken. Oder man lässt sich einfach fallen in die großartige Bilderwelt, wo sich die ganze Leinwand mit Vögeln füllt, wo wir mit Mahito immer tiefer in das Kaninchenloch fallen, mit offenem Mund die vielen Segelschiffe am Hori...
Folge 1260: Yasujiro Ozu DIE REISE NACH TOKIO (Tokyo monogatari) #Japanuary2024
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

08.01.2024 21 min Hendrik, Tom und Thomas

Der zweite Film, den wir für den Japanuary 2024 geschaut haben, ist Ozus DIE REISE NACH TOKIO. Ein kanonisierter Film, auch in Europa und in den USA hoch verehrt und DER typische Ozu-Film schlechthin: Die niedrige Kamera auf der Höhe eines sitzenden Beobachters, die langen, ruhigen Szenen, die unbewegte Kamera, die einfachen Sets und nicht zuletzt die Besetzung mit Chishu Ryu (Vater), Chieko Higashiyama (Mutter) und vor allem mit der charismatischen Setsuko Hara als Schwiegertochter und Witwe Noriko. Hier stehen die altgewordenen Eltern im Mittelpunkt: Sie besuchen ihre Kinder, die aber kaum Interesse an ihnen haben. Im boomenden Nachkriegs-Tokio ist kein Platz und keine Zeit für das alte Paar vom Land – nur die warmherzige Schwiegertochter Noriko ist wirklich gastfreundlich. Wir werden Zeuge von Gesprächen voller Nichtigkeiten, um Konflikte und Wahrheiten nicht zur Sprache zu bringen. Erst Alkohol und Trauer bringen später die Gefühle an die Oberfläche: Die Schmerzen und Enttäuschungen eines ungelebten Lebens. Angedeutet werden die Veränderungen in der Gesellschaft und die Narben, die der Krieg in den Menschen hinterlassen hat. Die emotionale Reise erzählt Ozu in leisen Tönen und hat damit unsere ganze Aufmerksamkeit. Er verzichtet auf Irritationen, sein ebenso langsam wie behutsam inszenierter Film erscheint uns pur und makellos. Ein Film, dessen Handlung und dessen Figuren wir uns 80 Jahre nach seiner Entstehung verbunden fühlen. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1259: THE KILLER - Eine Meditation über das Töten
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

07.01.2024 15 min Usual Suspects

Auftragskiller sind im Kino ja so selten wie Wespen in einem sommerlichen Biergarten. Und dieses Subgenre neigt dazu, sich selbst innovationslos zu wiederholen. David Fincher findet einen neuen Zugang: Er verzichtet auf die übliche emotionale Achterbahnfahrt. Stattdessen ist THE KILLER eine Meditation über Kontrolle, über Perfektion und Regeln – und auch eine Meditation über das Töten. Aus dem Off hören wir die Gedanken des Auftragskillers wie eine Autosuggestion: So wie er seinen Körper durch Yoga perfektioniert und seinen Puls vor dem tödlichen Schuss kontrolliert, so formt er sein Denken durch das ständige Wiederholen der Regeln. Aber in seinen perfekten System geschieht ein Fehler – die Rückerlangung der Kontrolle kann kann für ihn nur erfolgen durch konsequente Einhaltung der Regeln und noch mehr Konzentration auf perfekte Umsetzung. Es geht um Korrektur statt Rache, um Kontrolle statt Emotionen. In der Präzision des Auftragskillers spiegelt sich die Präzision des Regisseurs. Kameraführung, Licht, Schnitt, alles perfekt. Auch die wohldosierte Action ist beeindruckend inszeniert. Die eigentümliche Atmosphäre entsteht nicht zuletzt durch den Score von Reznor und Ross – als würde man einem kardiologischen Messinstrument zuhören, das die Herzfrequenz des Killers überträgt. Als Kontrast dazwischen immer wieder Songs von The Smiths. Während Finchers ZODIAC immer bei den Ermittlern bleibt, folgt Fincher in THE KILLER immer dem Auftragsmörder (großartig: Michael Fassbender), folgt ihm zu Kolleg:innen, die zu Feinden werden (ebenfalls großartig: Tilda Swinton). Wer die Finc...
Folge 1258: Yasujiro Ozu WEIZENHERBST (Bakushu) feat. Lucas Barwenczik (#Japanuary 2024)
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

01.01.2024 67 min Lucas und Thomas

Wir starten unseren Japanuary 2024 mit einem Gespräch, auf das ich mich sehr gefreut habe: Lucas Barwenczik diskutiert mit mir über Yasujiro Ozus Film WEIZENHERBST (Originaltitel Bakushu, auch bekannt als EARLY SUMMER). Tokio 1951, Ozu macht uns zum Beobachter des Alltags einer Familie. Im Mittelpunkt steht Noriko (Setsuko Hara), die schon längst hätte heiraten sollen – finden ihr Bruder (Chishu Ryu), ihre Schwägerin und die Eltern. Noriko arbeitet, trägt ihren Teil zum kleinen Wohlstand der Familie bei und fühlt sich in ihrer Unabhängigkeit wohl. Schließlich wird ihr ein Heiratskandidat vorgeschlagen, aber die „altmodische Emanzipierte“ Noriko lässt sich ihre Zukunft nicht vorschreiben. Im Podcast diskutieren Lucas und ich über die Veränderung der gesellschaftlichen Konventionen und über den Versuch, die Kontrolle über Frauen aufrechtzuerhalten. Auch über Ozus Form der fragmentarischen Erzählung, über sein Weglassen von erwarteten Handlungselementen (was die Aufmerksamkeit des Publikums auf die Charaktere und deren Motivationen richtet) und seine Technik, uns die Arbeit der Interpretation selbst machen zu lassen. Wir vergleichen Ozu mit Keisuke Kinoshita, mit Vermeer und Jazz und bewundern die Kamerakranfahrt – die einzige in Yasujiro Ozus erhaltenem Filmwerk. Auf Ozu sind wir für den Japanuary übrigens gestoßen, weil ARTE rechtzeitig zum 120. Geburtstag des hochgelobten Regisseurs einige Filme im TV und in der ARTE-Mediathek gezeigt hat. P.S. Der Titel „Weizenherbst“ bezieht sich darauf, dass der im Krieg verschollene Bruder von Noriko an der Front Ashihei Hinos Buch...
Folge 1257: NAPOLEON - Kaspar Hauser in Austerlitz
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

10.12.2023 14 min Usual Suspects

Biopics sind ein schwieriges Genre: Allgemeinbildung spoilert dem Publikum gnadenlos die Handlung. Und dann ist das, was historisch überliefert ist, in vielen Details gar nicht Kino-tauglich. Also erlaubt man sich auf der einen Seite künstlerische Freiheiten und das ist absolut in Ordnung. Auf der anderen Seite ist man so akkurat bei Requisiten, Uniformen und Namen, wie es nur geht. Diesen Teil erledigt Ridley Scott perfekt. Jede Szene, vor allem die Schlachten sind absolutes Deluxe-Material für jede große Napoleon-Doku bei arte oder der BBC. Alles ist überzeugend bis ins Detail. Und perfekt inszeniert. Kameraführung, Licht, Schnitt, das ist ganz großes Handwerk, visuell ein Meisterwerk. Trotzdem sind wir wenig euphorisch aus dem Kino gekommen. Das könnte daran liegen, dass Joaquin Phoenix seinen Napoleon wie einen Kaspar Hauser anlegt, eine introvertierte Sphinx, die gerade in der ersten Hälfte oft mit halbgeschlossenen Augen durch den Film wankt – nur bei sexuellen Gefechten mit Josephine und auf dem Schlachtfeld wird er wach. Ridley Scotts NAPOLEON wechselt – oft abrupt – zwischen seinen beiden Hauptsträngen: der amour fou mit der charismatischen Josephine (herausragend: Vanessa Kirby) und epischen Schlachtszenen – noch nie ist der Tod von drei Millionen Männern auf einem Schlachtfeld so gekonnt dargestellt worden. Napoleon wird als Charakter im Film nicht fassbar, er bleibt eine Idee, eine gemeinsame Erinnerung, kein Mensch, den man lieben oder hassen könnte, mit dem man mitfühlen könnte oder um den man bangen könnte. Diese Leerstelle ist die schwerste Hypothek des...
Folge 1256: THE MARVELS „Sind wir jetzt ein Team?“
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

02.12.2023 11 min Tom, Gabriele und Thomas

Der wievielte Marvel-Film ist THE MARVELS? Ich habe aufgehört mitzuzählen. Und das Franchise wirkte mit Filmen wie QUANTUMANIA schon ziemlich angezählt. Aber mit GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 waren Spaß und Emotionen wieder da. Und THE MARVELS macht da weiter, nur leichter, fröhlicher und mit 105 Minuten Laufzeit auch erfrischend kurz. Die Grundidee ist gewissermaßen Superhelden-Slapstick: Drei Superheldinnen werden durch einen magischen Lichtschnickschnack miteinander verbunden – wenn sie ihre Kräfte gleichzeitig anwenden, tauschen sie die Position – egal, wie weit sie voneinander entfernt sind. Das komische Potential dieser Idee wird genutzt und macht nach einigen Anfangsschwierigkeiten ein neues Team aus einem pakistanisch-stämmigen, muslimischen Fangirl mit Superkräften (Ms. Marvel), der stärksten Person im Universum (Captain Marvel) und einer sehr klugen, schwarzen Astronautin, die Licht manipulieren kann (Captain Rambeau). Auch wenn die ganze Welt wieder einmal gerettet werden muss, behalten die Frauen die Nerven und ihren Humor. Dabei trauen sich die Macher wieder unerwartete Albernheiten – die Wasserwelt mit Gesang und Tanz ist nicht nur urkomisch sondern tritt auch grinsend dem Mutterkonzern Disney ans Schienbein. Vor allem beeindruckt die Leichtigkeit – da dürfen Superheldinnen auch mal Seilspringen und sich aufführen, als wären sie in einem amerikanischen College. Um die Welt zu retten braucht der Film kein bisschen Testosteron, selbst der Endgegner ist eine Gegnerin. Männer gibt es nur in Nebenrollen – zum Beispiel ein älterer Agenten mit Augenklappe und ei...
Folge 1255: DIE THEORIE VON ALLEM - Nicht von dieser Welt
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

26.11.2023 13 min Johanna und Thomas

Quantenphysiker auf der Suche nach der Weltformel, ein Kongress in einem abgeschiedenen Hotel hoch in den Alpen, radioaktiv verseuchte Tunnel tief in den Berg, rätselhafte Morde, eine noch rätselhaftere Frau … das ist deutscher Noir. Timm Kröger greift tief in den Werkzeugkoffer der 1940er Jahre: melodramatische Musik, kontrastreiches Schwarzweiss, dramatische Kameraeinstellungen – und verfehlt damit nicht seine Wirkung. Es dauert nicht allzu lange bis der Doktorand Johannes Leinert auf mysteriöse Doppelgänger trifft – und das passt zur Theorie seiner Doktorarbeit, die sein Doktorvater nicht akzeptiert: Dass es nicht nur ein Universum gibt. Der Film schwankt zwischen Thriller, Science-Fiction und psychologischem Anspruchskino, ist einerseits herausragend in Inszenierung und Kamera (die Gestaltung des Weltenübergangs!), andererseits laufen die Geheimdienstler auf wie Parodien aus einem Indiana-Jones-Film. Den Film zeichnet aber auch ein gewisser subtiler Humor aus, zum Beispiel, wenn als Film im Film die „teoria della tutto“ auf der Leinwand erscheint oder die Mondlandung kurz eine Rolle spielt. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutiere ich mit Johanna über die manchmal fehlende Zugänglichkeit des Films, über die ansteigende Emotionalität und die mutige Entscheidung, Prolog und Epilog „außerhalb des Films“ zu gestalten.
Folge 1254: Reinhold Schünzel DER HIMMEL AUF ERDEN (FILMZ 2023)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

25.11.2023 6 min Thomas

Traugott Bellmann ist ein Moralapostel: Im Parlament wettert er gegen Unzucht und Sittenlosigkeit. Seinem Schwiegervater in spe gefällt das nicht, denn der ist fröhlicher Sektfabrikant. Als Bellmann die Riesensumme von 500.000 Mark erbt, wird alles viel komplizierter, denn Bedingung für das Erbe ist, dass Bellmann sich jede Nacht um den zur Erbschaft gehörenden Nachtclub „Der Himmel auf Erden“ kümmert. Und das beginnt ausgerechnet in seiner Hochzeitsnacht. Es passiert, was passieren muss – es wird immer schwerer das Doppelleben aufrechtzuerhalten, immer häufiger kommt es zu absurden Situationen … Das alles erinnert nicht umsonst an eine Boulevardkomödie: Vorlage ist das Theaterstück „Der Doppelmensch“ von Wilhelm Jacoby und Arthur Lippschütz. Die Aufführung in der Altmünsterkirche ist Tradition im FILMZ-Festival, wie immer live an der Orgel begleitet von Stephan Graf v. Bothmer (er erzählte nach dem Film auch noch Hintergründe zur Musikbegleitung bei Stummfilmen). DER HIMMEL AUF ERDEN ist heute nahezu vergessen, war bei seinem Erscheinen aber ein großer Erfolg. Auch beim Festivalpublikum kam der Film sehr gut an. Das liegt vor allem an Reinhold Schünzels Schauspiel, seine Darstellung des Traugott Bellmann erinnert eher an Komiker der 1990er Jahre als an Stummfilmschauspieler. Und es liegt am Dialogwitz, der sich über die Texttafeln transportiert (von denen es mehr als üblich gibt). Dazu halbnackte Tänzerinnen und ein Mann in Frauenkleidern, dem von seinem eigenen Schwiegervater nachgestellt wird 🙂 (Ausnahmsweise eine Solopodcastepisode.)
Folge 1253: Dieu Hao Do HAO ARE YOU (FILMZ 2023)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

19.11.2023 17 min Bettina und Thomas

Dieu Hao Do will seine zerstrittene Familie wieder zusammenbringen und hofft auf Versöhnung. Aber seine Familie ist nach der Flucht aus China und 1975 nach der Flucht aus Vietnam auf drei Kontinenten zerstreut. Es sind die Geschwister seiner Mutter, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander gesprochen haben. Dieu Hao Do besucht sie in Los Angeles, in Hong Kong und Saigon, spricht mit Ihnen. Aber der Groll der Geschwister aufeinander sitzt tief. Der Dokumentarfilm springt manchmal unvermittelt zwischen den Kontinenten und Städten, führt uns aber immer näher an die Familienmitglieder heran, zeigt schonungslos Neid, Minderwertigkeitsgefühle, Erbstreitigkeiten und einen Mangel an Empathie. Im Podcast direkt nach dem Film diskutiere ich mit Bettina über die Rolle, die der Kommunismus und die Flucht beim Zerbrechen der Familie gespielt hat, über die Unterschiede zwischen den Generationen und über die Entwicklung, die der Regisseur während der Dreharbeiten durchmacht. Wir sind uns einig: eine starke Dokumentation, die keinen kalt lässt. HAO ARE YOU wurde vom ZDF koproduziert und wird im Rahmen des Kleinen Fernsehspiels im ZDF gezeigt.
Folge 1252: Roberto Rossellini DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL (FILMZ 2023)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

05.11.2023 5 min Thomas

Unerwartet schwierig, dieser Klassiker der Neorealismus von Roberto Rossellini – gedreht in Berlin 1947. Im Mittelpunkt steht der 12-Jährige Edmund, der versucht in den Ruinen des Nachkriegsberlin zu überleben. Jeder betrügt jeden, überall Krankheit, Hunger, Tod. Für Kindheit ist kein Platz, Edmund muss Entscheidungen treffen, die ihn völlig überfordern. Das alles vor dem Hintergrund des zerstörten Berlin, visuell sehr beeindruckend. Schwierig war der Film für mich vor allem durch die unnatürliche Bühnensprache der deutschen Schauspieler – das hat es fast unmöglich gemacht, in den Film hineinzukommen. Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte die italienische Synchronisation mit Untertiteln gesehen. Auch die Filmmusik passt nicht zur Geschichte sondern eher zu einem Mantel- und Degenfilm. Ein weiteres Problem ist die tragische, melodramatische Zuspitzung der Handlung: zwei Todesfälle dominieren das letzte Drittel des Films, sodass alles andere, was der Film erzählt, dahinter verblasst. Gerade im Vergleich den Nachkriegsfilmen von Keisuke Kinoshita (zum Beispiel A JAPANESE TRAGEDY) ist Rossellini hier brutal und zu simpel. Ausnahmsweise eine Solopodcastepisode.
Folge 1251: VERMEER - REISE INS LICHT - Ganz nah dran
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

30.10.2023 15 min Usual Suspects

Die Bilder des Malers Jan Vermeer üben eine ganz besondere Faszination aus: Der realistische Umgang mit Licht, die unglaublich feinen Details, die Darstellung der Frauen in bürgerlichen Alltagssituationen unterscheiden seine Werke von anderen. Vor allem aber erzeugen seine Gemälde die Illusion den Menschen und dem Raum sehr nahe zu sein. Und genau das erlaubt uns auch der Dokumentarfilm von Suzanne Raes. Sie lässt uns immer wieder nah an die Bilder herantreten und gewährt uns Blicke auf Vermeers Bilder, die es so noch nicht gab. Dabei dreht sich ihr Film nicht nur um Vermeers Werk sondern vielmehr um die Menschen, die sich mit Vermeer beschäftigen, um die Expert:innen, die Künstler:innen und besonders um den Kurator der großen Vermeer-Ausstellung in Amsterdam, Gregor J. M. Weber, und sein Team. Es ist seine letzte Ausstellung für das Rijksmuseum. Wir begleiten die Jagd nach den Vermeer-Gemäden weltweit, die Versuche, die Werke ausleihen zu dürfen, die leidenschaftlichen Diskussionen, ob einzelne Bilder gar nicht von Vermeer sind, erleben reiche Besitzer und Männer, die der Anblick eines Gemäldes zu Tränen rührt. Wenn am Ende des Dokumentarfilms die Ausstellung eröffnet wird, kann man dem Film nur einen Vorwurf machen: Dass er viel länger hätte sein dürfen. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutiere ich mit Katharina, Johanna, Bettina und Kathrin über magische Museumsmomente, über den extrem respektvollen, fast zärtlichen Umgang mit den Originalbildern, über Adrenalinschübe beim Echtheitsstreit und über die Camera Obscura.
Jubiläumsfolge 1250: KILLERS OF THE FLOWER MOON - Das Geld fließt in die weißen Hände
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

25.10.2023 17 min Heidi, Johanna und Thomas

Mein Problem mit diesem Film ist, dass sich Scrosese für etwas anders interessiert als ich: Scrosese interessiert sich ausschließlich für zwei weiße Kriminelle: Einen älteren, zynischen Intriganten, der Freundschaft heuchelt zu Menschen, für die er schon Mordaufträge gegeben hat und einen jüngeren, manipulierbaren Idioten, der die Familie, in die er geheiratet hat, ans Messer liefert. Dabei handelt es sich um die wahre Geschichte von Osage County – hier waren die Ureinwohner in ihrem unwirtlichen Reservat auf Öl gestoßen und enorm reich geworden. Der Reichtum lockte Scharen von falschen Freunden, Betrügern und Killern an. Sehr viele reiche Osage sterben, auch in der Familie von Molly, die Ernest, den Neffen des einflußreichen William Hale heiratet. Scorsese verpasst die Chance, die Geschichte aus Mollys Perspektive – und damit aus Sicht der Indigenen – zu erzählen. Wir erfahren wenig über die Osage und ihre Kultur, wenig über die historischen Hintergründe. Wir erfahren hingegen sehr viel darüber, wie zwei weiße Kriminelle mit ihren Komplizen Morde planen und ausführen. Das war Scorsese wichtig. Mir nicht. Man kann diesen im Mittelteil überraschend konventionell erzählten Film auch sehr viel positiver sehen: Scorsese lenkt die Aufmerksamkeit auf ein Kapitel der US-amerikanischen Geschichte, das viel zu wenig beachtet worden war. Es ist zu loben, dass Scorsese hier die Dämlichkeit und die Gewalttätigkeit weißer Männer vorführt. Und grundsätzlich ist es ein großes Epos – 3,5 Stunden Film mit viel Landschaft, viel Kulissen, Requisiten und Kostümen. Das werden wir in Zukunft...
Folge 1249: ANSELM – DAS RAUSCHEN DER ZEIT - Der Kunst eine Bühne
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

23.10.2023 17 min Katharina und Thomas

Wim Wenders liebt offenbar die Kunst von Anselm Kiefer, das Monumentale, Pathetische, das Irrationale, das Mythische. Dass es auf uns wirkt, ist uns unheimlich. Die Bewunderung bringt den Regisseurs ganz nah an die Kunst – und an den Künstler. Die fehlende Distanz droht den Künstler Kiefer zu überhöhen, aber erlaubt auch besondere Einblicke. Wenders erkennt die cineastische Dimension und bringt sie auf die Leinwand. Auch ohne 3D sehr beeindruckend. Die Kamera fährt um die Skulpturen, erkundet die Räume, gerade am Ende in Südfrankreich zeigt er die Rauminstallationen als Filmsets unserer (Alb-)Träume. Es ist alles andere als eine gewöhnliche Doku: Darsteller übernehmen den Part von Anselm Kiefer als Junge und als junger Erwachsener und schließlich wird Kiefer auch in seine eigenen Werke hineininszeniert. Das ist dann auch manchmal etwas viel Wenders im Kiefer, aber dennoch: eine großartige Einführung in Anselm Kiefers Werk, eine beeindruckende filmische Annäherung. Das ist diesmal nicht nur der allererste Eindruck vom Film, dieses Mal ist es für mich auch der erste Eindruck von Anselm Kiefer. Denn im Gegensatz zu Katharina, die sich als Künstlerin natürlich mit Anselm Kiefer sehr gut auskennt, war ich noch gar nicht in Berührung mit Kiefers Werk gekommen. Und wie sich herausstellt, funktioniert Wenders Film für beide. Am Mikrofon: Katharina und Thomas.
Folge 1248: DANGAN RUNNER - Fragile Egos auf der Flucht
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

21.10.2023 12 min Johanna und Thomas

In meiner japanophilen Filmblase gilt Sabus Debütfilm DANGAN RUNNER als Kultfilm. Dem Label Rapid Eye Movies sei Dank ist eine restaurierte Fassung des Films in ausgewählten Kinos zu sehen. Das konnten wir uns nicht entgehen lassen. Sabu zeigt uns einen jungen Mann, der eine Bank überfallen will, aber bereits davor als Ladendieb scheitert und fliehen muss, der Verkäufer verfolgt ihn durch die Straßen von Tokio, aber auch der Verkäufer wird bald verfolgt – von einem Yakuza, der mit ihm eine Rechnung offen hat. Alle drei Männer sind jeder auf seine Weise gescheitert. Die merkwürdige Verfolgungsjagd der drei Männer gerät zwischen die Fronten, als zwei Yakuzabanden und die Polizei gegeneinander antreten. Taxi-Driver-Zitate, spannungstreibende Musik und eine kreative Kamera fallen positiv auf, auch, dass die Verfolgungsjagd am Ende transzendiert und ihren eigenen Sinn aufhebt. Anstrengend – wie immer, wenn Yakuza im Spiel sind – ist das ständige, sinnlose Anbrüllen und das unvermeidliche gegenseitige Abschlachten der Männer. Das Beste an DANGAN RUNNER ist, wie Sabu diese toxische Männlichkeit vorführt und wirklich allen Männern in diesem Film die Hosen der fragilen Männlichkeit herunterlässt. Im Podcast direkt nach dem Kino mit unterschiedlicher Filmeinschätzung am Mikrofon: Johanna und Thomas.
Folge 1247: CATCH THE KILLER - Die Toten von Baltimore
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

17.10.2023 9 min Heidi und Thomas

Die Jagd auf Serienmörder ist ein eigenes Genre, ZODIAC und SCHWEIGEN DER LÄMMER sind hier der Goldstandard. Dieses Niveau erreicht CATCH THE KILLER (im Original TO CATCH A KILLER) nicht. Dennoch ein sehr sehenswerter Film mit einer wirklich beeindruckenden und sehr stark inszenierten ersten großen Szene in Baltimore und später einer exzellent inszenierten und sehr spannenden Schießerei in einem Ladengeschäft. Im Mittelpunkt steht ein erfahrener, aber auch etwas selbstverliebter Ermittler (Ben Mendelsohn), der sich eine labile, aber kluge Polizistin in sein Team holt. Eine großartige Rolle für Shailene Woodley, die eine Frau verkörpert, der es mühsam gelingt, ihre eigenen Dämonen zu kontrollieren. Immer wieder halten politische Intrigen die Ermittlungen (und den Film) auf. Am Ende verliert CATCH THE KILLER sein Pacing und etwas auch seine bis dahin empfundene Authentizität. Trotz einiger Schwächen ein überdurchschnittlicher, sehr solider und optisch beeindruckender Genre-Film. Im Podcast nach dem Film sprechen wir darüber, was das alles mit dem Weissen Hai zu tun hat, ob die verschiedenen Teile des Films am Ende zusammen passen, über Intensität und ikonische Bilder. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Heidi und Thomas.
Folge 1246: THE CREATOR sieht atemberaubend gut aus
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

07.10.2023 15 min Kathrin, Johanna und Thomas

Erst einmal Respekt für den Mut, einen großformatigen Science-Fiction-Film zu machen, der nicht unter dem Schutzschirm eines großen Franchises oder zumindest einer populären Literatur- oder Gamevorlage steht. THE CREATOR erfindet das Genre nicht neu, ganz im Gegenteil – die Story kommt einem aus TERMINATOR und anderen Filmen sehr vertraut vor: KI-gesteuerte Systeme und Roboter dienen den Menschen, bis sich eine KI gegen die Menschen wendet und eine Atombombe auf Los Angeles wirft. Die USA verbieten und vernichten alle KI und führen einen Krieg gegen Asien, wo die Menschen mit den Robotern zusammenleben. Joshua, der seine Familie bei dem Atomschlag von Los Angeles verloren hat, infiltriert eine Gruppe, die der KI zu Sieg verhelfen will … Den Preis für die originellste Idee wird THE CREATOR nicht gewinnen, er ist auch nicht so subtil und klug wie die modernen SF-Klassiker MOON, ARRIVAL und EX MACHINA. Aber er ist spannend, lässt uns mit den Protagonisten mitfühlen und sieht atemberaubend gut aus. Die Gestaltung der Fahrzeuge, der Waffen, der Robotertechnik, der Panzer und der Flugzeuge, die Kleidung, die Städte – alles so kreativ und stimmig, wie es seit BLADE RUNNER nicht mehr auf der Leinwand zu sehen war. Und die Inszenierung von Gareth Edwards setzt dieses beeindruckende Design ins richtige Licht, in Schatten und Dunst. THE CREATOR ist der optisch der beste Science-Fiction-Film seit sehr, sehr langer Zeit. Im Podcast direkt nach dem Kino stehen wir vor dem Capitol und diskutieren über den Realismus von Actionszenen, ob THE CREATOR Stellung für die KI bezieht, über Jo...
Folge 1245: ORLACS HÄNDE - Große Gesten, große Augen
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

27.09.2023 10 min Kristin und Thomas

Transplantation ist ein Element in Body-Horror-Filmen, das alte Ängste in uns wach ruft. Übernehmen wir mit dem Körperteil die Eigenschaften des "Vorbesitzers"? ORLAC'S HÄNDE ist der erste dieser Filme, unübersehbar spätexpressionistisch, große Bauten, große Gesten, große Augen. Die Geschichte nach einem Roman von Maurice Renard erzählt vom Pianisten Paul Orlac, der bei einem Unfall seine Hände verliert. Der Arzt entscheidet sich, ihm die Hände eines gerade hingerichteten Mörders anzunähen. Die Operation gelingt, aber Orlac erträgt den Gedanken nicht, mit den Mörderhänden wieder Klavier zu spielen oder seine geliebte Frau zu berühren. Und dann geschieht ein Mord. Haben die Hände des Mörders wieder zugeschlagen? Der Film stellt Orlacs psychischen Zustand in den Mittelpunkt, die expressionistische Bildsprache spiegelt intensiv Orlacs Ängste. Seine Hände wirken tatsächlich wie Fremdkörper, als hätten sie einen eigenen Willen. Im Podcast direkt nach dem Film sprechen wir über die Hände der liebenden Ehefrau, über die beeindruckende Live-Klavierbegleitung von Uwe Oberg, über den drei Jahre später kommenden Tonfilm, über Handlungswendungen - und über nicht sehr stumme Betrunkene und Mäuse. Direkt nach dem Film vor dem Caligari am Mikrofon: Kristin und Thomas.
Folge 1244: A HAUNTING IN VENICE - Ein Schnurrbart in Venedig
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

24.09.2023 10 min Usual Suspects

Wenn wir in der ersten halben Stunde gegangen wären, hätten wir das Geld für die Kinokarten zurückbekommen, denn das Cinestar hatte einen technischen Defekt und konnte das Saallicht nicht löschen. Im Rückblick war das ein gutes Angebot, denn zum einen hat es ein Gruselfilm schwer zu wirken, wenn man nicht im Dunkeln sitzt und zum anderen hätten wir uns so diesen Film erspart. Branagh will uns einen Agatha-Christie-Mystery-Thriller präsentieren. Mysteriös ist dabei aber nur, warum Branagh den Film so prätentiös inszeniert. Er verlagert die Handlung nach Venedig und hat so einen stimmungsvollen Palazzo als Kulisse. Leider ist dieser Palazzo voller Figuren, die uns völlig gleichgültig bleiben, nein – schlimmer noch – uns nerven mit künstlichen Dialogen. Statt echter Spannung gibt es wieder einige prächtige Nahaufnahmen eines prächtigen Schnurrbarts. Und das ist einfach nicht genug. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Heidi, Katharina, Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1243: THE MATRIX RESURRECTIONS - Eine Katze namens Dejavu
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

15.09.2023 11 min Tom und Thomas

THE MATRIX RESURRECTIONS hatten wir im Kino verpasst und jetzt im Heimkino nachgeholt – und waren sehr überrascht vom Schwung, der Spannung, dem Spektakel, und der augenzwinkernden Selbstironie dieses vierten Teils. Die Rückkehr zum eigenen Kinomythos kann ja schnell mehr oder weniger krachend scheitern – hier gelingt es den Charme des ersten Films wieder aufschimmern zu lassen und gleichzeitig den eigenen Mythos auf den Arm zu nehmen: „Warner Bros. will unbedingt einen vierten Teil – ob wir mitmachen oder nicht.“ Im Mittelpunkt steht die Liebe, die Anziehungskräfte zwischen Neo und Trinity bringen alle Computerpläne durcheinander, während die Grenzen zwischen Menschen und Maschinen durchlässig werden. Thomas Anderson muss auf jeden Fall eine Menge blaue Pillen schlucken, bevor es endlich wieder zur Entscheidung zwischen der blauen Pille und der roten Pille kommt … Im Podcast direkt nach dem Heimkino reden wir über die stark inszenierte, aber dosierte eingesetzte Action, über zombieartige Massenszenen, über Sense Eight und über den immer noch ungebrochenen Zauber, wenn Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss aufeinandertreffen. Direkt nach dem Film am Mikrofon: Tom und Thomas.
Folge 1242: EQUALIZER 3 THE FINAL CHAPTER - Neun Sekunden in Sizilien
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

14.09.2023 16 min Hendrik, Tom und Thomas

Gnadenlos ist der Einstieg in den dritten und letzten EQUALIZER: Ein Mann kehrt in sein Haus in Sizilien zurück, überall liegen erstochene, erschossene, erschlagene Männer. Eine blutige Szenerie, die ein blutiges Ende nimmt. Danach nimmt Fuqua erst einmal die Fahrt aus seinem Film, zeigt einen Protagonisten, der schwer angeschlagen, ganz langsam wieder auf die Füße kommt (die Treppen als show don’t tell!), der ankommt und eine neue Heimat an der Amalfiküste findet. Und der dann als Equalizer diese neue Heimat und diese neue Familie gegen Feinde (diesmal die Mafia) verteidigt. Der dritte EQUALIZER ist sehr schön gefilmtes Genre-Kino, dass uns die Gelegenheit gibt, die Menschen ins Herz zu schließen, die in Gefahr sind. Und Denzel Washington spielt den harten Robert McCall großartig zwischen warmherziger Freundlichkeit, irritierenden Ticks und ebenso effizienter wie sadistischer Brutalität. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutieren wir über das zwischendurch ruhige Tempo, über den Sadismus des Protagonisten, über cineastische Amnesie und warum wir uns Filme mit Gewalt anschauen. Wir sind uns einig: Ein würdiges Finale und deutlich gelungener als der zweite Teil. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Hendrik, Tom und Thomas. P.S. Wer sich für Uhren in Filmen interessiert: Robert McCall stoppt die neun Sekunden mit einer Suunto 9 Peak.
Folge 1241: ATTENBERG - Sex, Tod und Tiere (feat. Lucas Barwenczik)
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

13.09.2023 57 min Lucas und Thomas

Marina (Ariane Labed) kommt mit den Menschen nicht zurecht, ausgenommen ihren Vater Spyros (Vangelis Mourikis) und ihre einzige Freundin Bella (Evangelia Randou). Während sie sich um ihren sterbenden Vater kümmert, möchte sie mit 23 Jahren endlich erste sexuelle Erfahrungen machen. Ausgesucht hat sie sich dafür einen Ingenieur (Giorgos Lanthimos). Aber ATTENBERG ist viel mehr als verspätetes Coming of Age. Regisseurin Athina Rachel Tsangari zeigt ein Griechenland, dessen Modernisierung offenbar ins Leere gelaufen ist, zeigt eine junge Frau, die ein Leben zu ihren eigenen Bedingungen lebt, integriert Elemente der griechischen Tragödie (Ex, Tod, Tanz). Im Podcast erklärt Lucas die weird greek new wave und diskutiert mit Thomas über den silly walk der beiden Frauen, über Komik und griechische Bestattungsgesetze.
Folge 1240: THE RAIN PEOPLE - Flucht vor der Fremdbestimmung
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

12.09.2023 13 min Usual Suspects

Natalie, eine verheiratete Frau, bricht aus ihrer Ehe und aus ihrem Leben aus, sie erträgt die Enge und die verlorene Selbstbestimmung nicht mehr. Sie setzt sich ans Steuer und fährt quer durch die Vereinigten Staaten. Auf ihrem Trip liest sie „Killer“ auf, einen jungen Mann, dessen strahlende Footballkarriere nach einer schweren Kopfverletzung zuende ist. Killer ist beeinträchtigt und versteht im wahrsten Sinne des Wortes die Welt nicht mehr. Natalie will die gesellschaftlichen Normen nicht mehr akzeptieren, Killer kann die gesellschaftlichen Normen nicht mehr erkennen. Auf ihrem Weg durch die ungeschönte Realität der USA fragt sich Natalie, ob sie die Verantwortung für Killer übernehmen will. Als sie einen Polizisten kennenlernt, eskaliert die Situation. THE RAIN PEOPLE von 1969 gehört zu Coppolas unbekannteren Werken. Als Road-Movie wurde der Film mit kleinem Budget und kleiner Crew auf der Fahrt durch die USA zum Teil improvisiert. Das Spiel von Shirley Knight und James Caan (und später auch Robert Duvall) ist sehr intensiv, Coppola findet für die Konflikte der Protagonisten starke Bilder: Wenn Killer im Hotelzimmer alle Befehle von Natalie befolgt und damit die gesellschaftlichen Konventionen auf den Kopf gestellt werden, wenn beide durch eine Parade stolpern, wenn Killer auf Tiere in Käfigen stößt oder bereits ganz am Anfang, wenn Natalie angewidert sich vom Arm ihres schlafenden Mannes löst und sich aus dem Schlafzimmer schleicht. Den Ehemann lässt Coppola nicht vor die Kamera. Auch wenn Natalie später mit ihrem Ehemann telefoniert, ist immer nur sie zu sehen. De...
Folge 1239: DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER - Schiffbruch im Genre
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.09.2023 13 min Usual Suspects

Ich hatte mich sehr auf einen klassischen Grusel gefreut – der Teaser sah nach hochwertiger Produktion aus. Man konnte das Schlagen der Segel und das Knarzen der Schiffsdielen spüren. Ein Schiff, eine Crew, ein Monster, wie einst an Bord der Nostromo. Die Kulissen, das Schauspielensemble (Aisling Franciosi!), alles perfekt. Aber dramaturgisch schlingert der Film durch seine Laufzeit: In den ersten Minuten verschenkt er seine Pointe, in den letzten zehn Minuten erleidet der Film Schiffbruch – nach dem Schiffbruch. Dazwischen spult der Film brav seine erwartbaren Stationen ab, ohne in seinem Genre selbst zu überzeugen. Der Film hätte als „elevated horror“ ein anspruchsvolles Kammerspiel werden können und die Geschichte erzählen können vom Kampf der Aufklärung und Wissenschaft gegen die schwarze Magie des Vampirismus. Oder er hätte einfach ein solider, einfallsreicher Genrefilm sein können, der die Zuschauer überrascht, erschreckt oder zumindest ordentlich gruselt. DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER macht von beiden ein kleines bisschen und nichts davon richtig. Für das gleiche Geld hätte man einen sehr viel besseren Film machen können. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Kathrin, Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1238: FUTURA - Die Zukunft ist die Konsequenz unserer Entscheidungen (feat. Lucas Barwenczik)
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

24.08.2023 67 min Lucas und Thomas

Ernst, manchmal traurig blicken die jungen Menschen immer wieder in die Kamera, nachdem sie die über ihre Zukunft gesprochen haben. Alice Rohrwacher, Pietro Marcello, Francesco Munzi sind durch Italien gefahren und haben Jugendliche nach ihren Hoffnungen und Erwartungen befragt. Damit beziehen sie sich auf Pier Paolo Pasolinis Dokumentation GASTMAHL DER LIEBE aus dem Jahr 1963. Kurze Ausschnitte daraus sind in FUTURA zu sehen. Lucas und Thomas sind beeindruckt von diesen jungen Menschen, von denen einige einen sehr klaren Blick auf ihr Leben und ihre Gesellschaft haben. Fast alle sind der Überzeugung, dass sie Italien verlassen müssen, wenn sie etwas erreichen wollen. Eine enorme Distanz liegt zwischen den Jugendlichen und den Politikern: Sie haben jede Hoffnung verloren, dass sich die politische Klasse von Scheinproblemen abwenden und sich den Jugendlichen zuwenden könnten. Selbst in Genau erinnern sich die Jugendlichen fast gar nicht an die Proteste beim G8-Gipfel 2001. Ihre eigenen Proteste während der Pandemie stehen nicht in dieser Tradition, wirken fast unpolitisch. Ganz im Gegensatz zu zwei jugendlichen Gefängnisinsassen, die darüber philosophieren, ob eine bessere Gesellschaft ohne Geld möglich wäre. Im Podcast diskutieren Lucas und Thomas über die Abwesenheit von Themen (Sexualität, Klimakatastrophe), über Bildung, über ein leeres Venedig, über Steuerreformen und Konformismus, über Gesichter wie aus einem Renaissance-Gemälde und unerwartete Worte aus dem Mund junger Italiener: „Die Zukunft verblasst und fällt auseinander“. Tief eingeprägt haben sich uns die Bl...
Folge 1237: THE BATMAN - Der dunkle Detektiv
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

20.08.2023 23 min Johanna, Tom und Thomas

In den panischen Gesichtern der Verbrecher wird Batman eingeführt, wir sehen die Angst seiner Feinde, bevor wir den Mann in der Maske selbst sehen können, im Dunkeln, in einer Stadt, die aussieht, als hätte man die Kulissen verlassen und hätte endlich in der realen Stadt Gotham drehen dürfen. Immer wieder wird die Stadt als Protagonist inszeniert, mit weiten Einstellungen und besonderen Perspektiven. Batman ist hier kein Superheld: Wenig Gadgets, wenig Licht, viel Stimmung, viel Atmosphäre – THE BATMAN von Matt Reeves ist viel näher an Fincher als an Nolan. Reeves Batman ermittelt, er ist tatsächlich ein dark detective. Im Podcast sind wir uns einig: Noch nie hat sich ein Batman-Film so real angefühlt, die Motive der Figuren sind nachvollziehbar, Batman/Bruce Wayne als Charakter entwickelt sich, statt kaltem Zynismus oder quasifaschistischer Gewaltverherrlichung gibt es am Ende sogar Hoffnung. Vielleicht auch für das Knistern zwischen Catwoman (Zoe Kravitz) und Batman (Robert Pattinson). Ein Film, der Schatten und Dunkelheit ebenso großartig in Szene setzt wie das Morgengrauen vor der Skyline Gothams. Kürzer hätte der Film sein können, aber wir sind uns nicht einig, wie eine kürzere Version aussehen sollte. Am Mikrofon direkt nach dem Film im Heimkino: Johanna, Tom und Thomas.
Folge 1236: THE STRAIGHT STORY - Der lange Weg zur Versöhnung
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

11.08.2023 10 min Kathrin, Johanna und Thomas

Spät in der Jubiläumsnacht des Mainzer Capitol-Kinos haben wir als Überraschungsfilm David Lynchs THE STRAIGHT STORY gesehen: Die wahre Geschichte von Alvin Straight, großartig gespielt vom damals sehr schwer kranken Richard Farnsworth. Er will unbedingt seinen Bruder (Harry Dean Stanton) noch einmal besuchen und sich mit ihm versöhnen. Er entschließt sich die lange Reise mit seinem Aufsitzrasenmäher zu machen – mit 8 Stundenkilometern. Er verabschiedet sich von seiner Tochter Rose (Sissy Spacek in einer ergreifenden Rolle) und bricht zu einer Reise mit vielen Begegnungen auf. Er trifft Menschen, denen er helfen kann, und Menschen, die ihm helfen. Die Episoden halten die feine Balance zwischen Sentimentalität und Ernst, zeigen das Beste an den Menschen im Mittleren Westen, zeigen Hoffnung, Verzweiflung, Kriegstraumata. Im Podcast direkt nach dem Film sprechen wir über die genaue Charakterzeichnung in kurzen Dialogen, über starke Bilder und Szenen, die in Erinnerung bleiben werden und über einen gemeinsamen Blick in die Sterne. Am Mikrofon spät in der Nacht vor dem Capitol: Kathrin, Johanna und Thomas.
Folge 1235: ATALANTE - Aufbruch in die Wirklichkeit
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10.08.2023 10 min Kathrin, Johanna und Thomas

„L’Atalante“ heißt der Flussfrachter, dessen junger Kapitän Jean das Mädchen vom Dorf, Juliette, heiratet. Sie erträumt sich von der Ehe den Ausbruch aus der Enge und Besuche in der Glitzerwelt von Paris. Die Wirklichkeit ist etwas ärmlicher und weniger aufregend, als Juliette erhofft hatte. Und so rechnet sich ein charmanter Straßenhändler bei ihr Chancen aus. Die junge Ehe zwischen Eifersucht, Streit, Selbstverwirklichung und Versöhnung scheint zu zerbrechen. Der wütende Ehemann muss erst einmal erwachsen werden, während Juliette mit der harten Wirklichkeit konfrontiert wird. Wir haben den französischen Filmklassiker von Jean Vigo in der Capitol-Jubiläumsnacht als Überraschungsfilm gesehen. Weniger als ein Dutzend Zuschauer haben bei der Information „französischer Schwarzweissfilm von 1934“ sofort das Kino verlassen. Das überwiegend junge Publikum hat sich auf Jean Vigos einzigen Langfilm eingelassen: Ein tragikomischer Liebesfilm, der in der Erzählweise, Dramaturgie und Inszenierung seiner Zeit weit voraus war und mit seinem poetischen Realismus unter anderem die Filmemacher:innen der Nouvelle Vague inspiriert hat. Eine einfache Liebesgeschichte mit überraschend subtilen Elementen – die Charaktere sind komplex und sie durchlaufen in nur 88 Minuten Laufzeit eine glaubwürdige Entwicklung. Jahrzehnte gab es den Film nur in einer stark geschnittenen Fassung, erst 1990 wurde eine längere Fassung entdeckt. Die ursprüngliche Schnittfassung wurde im Auftrag von Gaumont von Jean-Louis Bompoint und Pierre Philippe restauriert, wobei vor allem eine von Bompoint im britischen N...
Folge 1234: L’IMMENSITA - Erinnerungen an eine Mutter
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05.08.2023 15 min Johanna, Bettina und Thomas

Es gibt vieles, was man an diesem Film lieben kann: Zum Beispiel gleich die erste Szene, in der die Mutter mit ihren drei Kindern wie in einem Musical singend und tanzend den Tisch deckt. Oder wenn Penelope Cruz in einem Musical-Traum der ältesten Tochter das Liebeslied aus Doktor Schiwago singt oder wenn sie in einem anderen Traum zu Adriano Celentanos legendärem „Prisencolinensinainciusol“ tanzt wie einst Raffaela Carra. Oder wie perfekt Regisseur Emanuele Crialese das Rom der 1970er Jahre mit Requisiten, Autos und Locations heraufbeschwört. Licht, Farben, Stimmungen sind beeindruckend inszeniert. Die Schwäche des Films liegt im Drehbuch, das das Drama andeutet, es aber nie zuspitzt. L’IMMENSITA geht nicht dahin, wo es weh tut: Der herrschsüchtige und untreue Ehemann wird nur angedeutet, die Krankheit der Mutter wird nur angedeutet, selbst die Entwicklung der Tochter, die sich langsam darüber klar wird, dass sie nicht als Mädchen leben will, wird nicht auserzählt. Es fehlt am Ende an Glaubwürdigkeit. Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen Bettina, Johanna und Thomas über Dialoge und bedeutungsschwangere Pausen und fragen sich, ob der Film darunter leidet, dass Crialese seine eigenen Erinnerungen verfilmt hat.
Folge 1233: OPPENHEIMER - Der Zerstörer der Welten
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30.07.2023 15 min Usual Suspects

Der Film OPPENHEIMER zieht die Menschen ins Kino – in diesem Sommer kann es nur noch BARBIE an Gesprächswert mit Christopher Nolans neuem Film aufnehmen. An einem Mittwochabend war der größte Kinosaal fast komplett ausverkauft und auch die Üblichen Verdächtigen sind in ungewohnter Zahl am Start. Es ist ein typischer Nolan-Film – die Handschrift ist unverkennbar: Auf dem emotionalen Sound von Ludwig Göransson liegen beeindruckende Bilder von Atomen, Quanten, nuklearem Feuer und Menschen. Vor allem aber wird geredet: drei Stunden lang über Physik, Geschichte, Politik, Intrigen und Moral. Wer sich dafür nicht interessiert, den Namen Edward Teller noch nie gehört hat und das Manhattan-Projekt dem Comic WATCHMEN zuordnet, kann als Zuschauer schon ins Schlingern kommen. Nolan hat viel in diesen Film gepackt, vielleicht zu viel. Im Podcast direkt nach dem Kino diskutieren wir über die starken Frauenrollen, die mehr Screentime verdient hätten (Florence Pugh und Emily Blunt), über das riesige und großartige Ensemble, über den phantastischen Tonschnitt und stellen die Frage, ob so viel Film nicht auch eine großartige Mini-Serie abgegeben hätte. Am Mikrofon: Johanna, Katharina, Bettina, Kathrin, Hendrik, Wolfgang, Tom und Thomas.
Folge 1232: MISSION IMPOSSIBLE - DEAD RECKONING PART ONE - Er läuft und läuft und läuft
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

24.07.2023 13 min Usual Suspects

M:I7 ist spannungsgeladenes Action-Kino, das den Puls über die ganze Laufzeit von 164 Minuten hochtreibt, das sich dabei selbst nicht zu ernst nimmt, das Zeit für Gefühle und liebevolle Details hat, bevor im Orientexpress das wirklich beeindruckende Finale kommt. Mehr ist es nicht, aber auch nicht weniger. Mal abgesehen davon, dass es Hayley Atwells Film ist: Sie wirbelt als Grace mit ihrem Charme und ihrer Präsenz durch den Film, dass auch Tom Cruise schwindlig wird. Ja, mehr M:I-Spielerei im Vorspann wäre nett gewesen, ja, die Set Pieces waren früher noch beeindruckender, aber ehrlich – es mangelt nicht an Höhepunkten: Der Kampf in der engen Gasse in Venedig, der gelbe Fiat 500, das Verwirrspiel am Flughafen von Abu Dhabi und der Sprung mit dem Motorrad von der Klippe … Es ist einfach noch mehr Spannung, noch mehr Unterhaltung, noch mehr Spaß. Wir freuen uns auf den nächsten Film! Direkt nach dem Kino sind wir uns fast einig. Am Mikrofon: Johanna, Peter, Harald, Tom und Thomas.
Folge 1231: BARBIE - Jeder Tag ein perfekter Tag
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

20.07.2023 11 min Hendrik und Thomas

BARBIE war definitv der am meisten erwartete Film dieses Sommers, zumindest von den hunderten jungen Frauen, mit denen wir in der Schlange standen, um noch ein Ticket für die Vorpremiere zu ergattern. Am Ende saßen wir in der vielleicht größten Kino-Party unseres Lebens. Zu sagen, dass die jungen Frauen den Film gefeiert hätten, wäre schwer untertrieben. Aber auch die beiden reiferen Herren von SchönerDenken hatten sehr viel Spaß mit dem absurden, grellrosaneon Alptraum, der leichte Komödie, Satire und Feminismus perfekt zu Filmkunst zusammenfügt. Regisseurin und Drehbuchautorin Greta Gerwig entführt uns in eine Plastikwelt, in der Barbie (perfekt: Margot Robbie) jeden Tag einen perfekten Tag hat. Bis sie plötzlich von düsteren Gedanken heimgesucht wird. Sie verlässt Barbieland mit Ken (Ryan Gosling, blond gefärbt) und findet die Frau, die als Mädchen mit ihr gespielt hat. Ihr Ausflug in die reale Welt verändert alles, verändert vor allem Barbieland. Was einmal die Abbildung der antizipierten Wünsche und Träume von kleinen Mädchen war, wird zu einem Schlachtfeld von Patriarchat, Emanzipation, Mansplaining, Eifersucht und Rollenklischees. Wie sich kluge feministische Analysen in dieses zum Schreien komische und fast unerträglich rosa Musical einfügen, das ist mehr als beeindruckend. Am Mikrofon direkt nach dem Film in gelöster Stimmung: Hendrik und Thomas.
Folge 1230: INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY - Time waits for nobody
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

09.07.2023 7 min Usual Suspects

Nostalgie ist ein süßes Gift, harmlos nur in kleinen Mengen. Nostalgie lenkt davon ab, dass alles seine Zeit hat. Die Zeit von INDIANA JONES, das waren die 1980er, das waren die drei Filme, die aus der besonderen Zusammenarbeit der beiden Nerds Lucas und Spielberg zwischen 1981 und 1989 hervorgegangen sind. Mit dem Ritt in den Sonnenuntergang am Ende des dritten Films war auch ein perfektes Ende gefunden worden. Aber Nostalgie und mehr noch die Aussicht auf fette Einnahmen an den Kinokassen führten zum erschreckend absurden vierten Teil und jetzt zu einem fünften Film. Ohne den direkten Einfluss von Lucas und Spielberg. Um es gleich vorwegzusagen: Er ist besser als befürchtet, aber er kann die Zeit nicht zurückdrehen – was witzigerweise genau die Handlung des Films beschreibt 🙂 Prof. Dr. Henry Jones geht gerade in den Ruhestand, als seine Patentochter ihn in ein letztes Abenteuer zieht. Alles dreht sich um den Mechanismus von Antikythera, eine Erfindung des Archimedes, die ganz besondere Kräfte hat. Phoebe Waller-Bridge und der ganze Writers Room haben viele Protagonisten aus den früheren Film wieder zurückgebracht (Karen Allen! John Rhys-Davies!), es gibt Schlangen und Verfolgungsjagden, der Hut wird geschnappt, die Peitsche wird geschwungen, Nazis werden verprügelt, auch wenn der Rücken des altgewordenen Helden kneift. Harrison Ford ist wunderbar grumpy und Patentochter Helena ist die energiegeladene Partnerin, die Indiana Jones und den Film vorantreibt. Irgendwann wird das unvermeidliche Fantasy-Element aktiv – was inhaltlich passt, sich aber dennoch merkwürdig anfüh...
Folge 1229: DIE VERACHTUNG - Der Po der Bardot
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

07.07.2023 20 min Johanna und Thomas

Vier Jahrzehnte Kinoleben hatte ich eine Regel: keine Nouvelle Vague. Die Zeit ist gekommen, diese Regel zu brechen, denn zum 60. Geburtstag von DIE VERACHTUNG von Jean-Luc Godard ist der Film in einer restaurierten 4K-Fassung zu sehen. Um es gleich zu sagen: DIE VERACHTUNG ist mit 60 Jahren Abstand eine irritierende Erfahrung. Im Mittelpunkt steht eine Ehefrau (Brigitte Bardot), deren Liebe zu ihrem Mann (Michel Piccoli) in Verachtung umschlägt, als er sie an einen amerikanischen Filmproduzenten (Jack Palance) „ausleiht“, um einen Drehbuchauftrag zu bekommen. Aus heutiger Sicht braucht es für die Trennung nicht mehr viel Worte – die Beziehung hat ganz offensichtlich keine Basis mehr. Aber Godard lässt die beiden für eine gefühlte Ewigkeit wie gefangene Tiere im Käfig ihrer Eigentumswohnung auf und ab laufen, streiten, versöhnen, streiten, streiten. Das ist inhaltlich sehr ermüdend. Als dann am Ende des Streits eine Pistole auftauchte, hatte ich die Hoffnung auf handfestere Handlung, aber – wie Johanna später erklärt – war das nur ein Witz von Godard über Tschechows Gun (also die Filmregel, das alles, was man sieht, für den Film notwendig sein muss). Als die Handlung sich zu den Dreharbeiten von „Odysseus“ nach Capri verlagert, dreht Godard als Regisseur so richtig auf: Die Inszenierung des Hauses, des Meeres, der Dreharbeiten ist atemberaubend, die Farben sind intensiv, hier ist die restaurierte Fassung spektakulär. Im Podcast direkt nach dem Film spreche ich mit Johanna über die nackte Bardot (das Aufzählen der Körperteile!), darüber wie wichtig 1963 die Diskussion ü...
Folge 1228: MEIN FABELHAFTES VERBRECHEN - Freispruch für die Angeklagte
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

28.06.2023 9 min Bettina und Thomas

Francois Ozons Kriminalkomödie MEIN FABELHAFTES VERBRECHEN ist doppelbödig – auf verschiedenen Ebenen. Auf der Oberfläche genießen wir eine sommerleichte Boulevard-Screwball-Komödie mit wunderbaren Gerichtsszenen. Unter der Oberfläche geht es um sexuelle Belästigung von Schauspielerinnen durch einen mächtigen Filmproduzenten, es geht um Gleichberechtigung, freie Entscheidung von Frauen, gleiche Bezahlung, Frauenwahlrecht, also eine französisch-feministische Art Deco-Mixtur aus ZEUGIN DER ANKLAGE und BOSTON LEGAL. Sehr unterhaltsam, schnelle Pointen und Wortgefechte und mit Nadia Tereszkiewicz und Rebecca Marder großartig besetzt. Ozon krönt seinen Film, in dem er mit der zuckrigen Boulevardkomödienoptik spielt und uns ohne Schnitt in den Film im Film und wieder hinaus führt. Sehr empfehlenswertes intelligentes Vergnügen. Am Mikrofon: direkt nach dem Kino: Bettina und Thomas.
Folge 1227: ASTEROID CITY - Puppenspiel in Pastell
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

27.06.2023 11 min Johanna, Hendrik und Thomas

Auf der einen Seite ist es schön, wenn man als Filmemacher eine unverwechselbare Bildsprache gefunden hat. Auf der anderen Seite ist es traurig zu sehen, wenn einem Filmemacher alles außer der unverwechselbaren Bildsprache abhanden kommt. Meine steile These zu Wes Anderson: Wenn die Filmbilder des nächsten Wes Anderson-Films zukünftig von einer KI wie Midjourney kommen und das Drehbuch von ChatGPT – nach ASTEROID CITY würden wir den Unterschied nicht mehr feststellen. Als wollte er die Künstlichkeit des Films einordnen, findet die Handlung innerhalb des Films als Theaterstück statt, als Schachtel um diese Schachtel gibt es dazu noch einen Kommentator. Hübsche Einfälle kommen und verblassen gleich wieder in der pastelligen Wüstenkulisse. Die Flut der Darsteller:innen spült die Charaktere aus dem Film, die Dialoge könnten etwas bedeuten oder persiflieren sie etwas Bedeutendes? Wir wissen es nicht. Und nach dem Film ist es uns gleich. Direkt nach dem Kino sind wir unterschiedlicher Meinung. Am Mikrofon: Johanna, Hendrik und Thomas.
Folge 1226: SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDERVERSE „Can this day get any damn weirder?“
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

25.06.2023 11 min Harald, Tom und Thomas

Die Idee des Multiversums ist ja eine ansteckende Krankheit im Kino der Gegenwart – und wenige Varianten sind so sehenswert wie EVERYTHING EVERYWHRE ALL AT ONE. Zu den gelungenen Varianten gehören die beiden Spider-Man-Animationsfilme. Der zweite ist gerade gestartet: SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDERVERSE öffnet nicht nur für unseren Helden Miles Morales das Tor zu einer anderen Welt, sondern den Sprung in tausende Welten, alle mit einer anderen Version von Spider-Man: Spider-Baby, Spider-Girl, Spider-Punk, Spider-Cowboy, etc. Und jede Welt hat eine eigene Textur, eine eigene Visualität – verschiedene Comic-Versionen, Lego und Knubbelnasen, sogar ein realer Mensch taucht auf. Der Film springt in einer wirklich atemberaubenden Geschwindigkeit durch diesen Bilderrausch. Das ist optisches Überwaltigungskino – Thomas hat seit AKIRA keinen so bildgewaltigen Animationsfilm gesehen. Eine weitere Stärke ist, dass der Film immer wieder in den Baukasten der Spider-Man-Mythologie greift und mehr oder weniger subtil mit diesen Zitaten spielt. Aber der größte Pluspunkt ist die Zeichnung der Charaktere – im doppelten Wortsinn: zum einen können wir die Motive und die Entwicklung der Charaktere nachvollziehen und mit ihnen mitfühlen, zu anderen ist das Mienenspiel zum Teil so fein gezeichnet, dass man vergisst, dass es sich nicht um Schauspieler handelt. Wir freuen uns schon auf Teil 3: SPIDER-MAN: BEYOND THE SPIDERVERSE. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Harald, Tom und Thomas. P.S. Erst Tage nach dem Kinobesuch haben wir erfahren, wie hart und unfair die Arbeitsbedingungen für die Mens...
Folge 1225: Takeshi Fukunaga MOUNTAIN WOMAN feat. Helena, Samuel und Daniel (NipponConnection2023)
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino

24.06.2023 9 min Usual Suspects

Frauen nehmen die Schuld auf sich. Frauen dürfen nicht selbst entscheiden. Frauen müssen Opfer bringen – auch die größten. Takeshi Fukunaga stellt eine Frau in den Mittelpunkt seiner düsteren Geschichte. Ausfallende Ernten bringen die Dorfgemeinschaft an den Rand des Untergangs. Da Tochter Rin den Reisdiebstahl ihres Vaters auf sich nimmt, verlässt sie die Menschen und versteckt sich im Wald des nahegelegenen Berges. Während sie dort eine unerwartete Begegnung hat, entscheidet die Dorfgemeinschaft, dass ein Menschenopfer gebracht werden – natürlich eine Jungfrau … Fukunaga ließ sich von regionalen Legenden zu seinem Film inspirieren. Sozialrealismus in dunkelschönen Einstellungen, keine Verklärung der Vergangenheit aber eine grimmige Poesie der Bilder. Im Podcast direkt nach der Vorstellung im Eldorado in Frankfurt reden wir über die starken Darstellerinnen Anna Yamada und Toko Miura, über wilde Männer und wie erschreckend schnell ein Vater seine Tochter für ein Stück Land verkauft. Mm Mikrofon: Helena und Samuel von Sneaky Monday, Daniel vom Altstadtkino und Thomas.
Folge 1224: Emma Kawawada MY SMALL LAND feat. Karoline und Andras (NipponConnection2023)
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

23.06.2023 6 min Karoline, Andras und Thomas

Wann darf ich das Land, in dem ich lebe, meine Heimat nennen? Was ist mit der Heimat, die ich mit mir bringe? Wo ist mein Platz zwischen den Welten? Jeder Mensch auf der Flucht stellt sich diese Fragen. Und alle Menschen, die sich diese Fragen nicht stellen müssen, sind privilegiert. Emma Kawawada erzählt die Geschichte einer kurdischen Familie, die fliehen muss, nachdem der Vater gefoltert worden war. In Japan passen sie sich an, die Kinder lernen Japanisch, vor allem die älteste Tochter Sarya ist eine Musterschülerin, die Empfehlungen für weiterführende Schulen bekommt, obwohl sie keine Japanerin ist. Aber aller Fleiß, alle Anpassung an die neue Heimat ist vergebens, denn der Asylstatus des Vater wird nicht anerkannt – eine schmerzhafte Szene im Film, wie alle Ausweise der Familie zerstört werden. Emma Kawawada ist eine sehr gute Beobachterin und zeigt in ihrem großartigen Debütfilm das Schicksal zwischen Verzweiflung und Hoffnung, zwischen erster Liebe und arrangierter Ehe am Beispiel von Sarya – herausragend gespielt von Lina Arashi. Wir kommen ihr und ihrer Familie im Film sehr nah. Dem Film gelingt es, uns für die Perspektive der Menschen zu öffnen, die flüchten müssen und zeigt, wie falsch unsere fremdenfeindlichen Reflexe sind. Sehr sehenswert, einer der stärksten Filme des Festivals. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Karoline, Andras und Thomas.
Folge 1223: 20.000 ARTEN VON BIENEN - Was keinen Namen hat, existiert nicht
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

22.06.2023 13 min Johanna und Thomas

Warum bin ich so? Das fragt sich ein achtjähriges Kind. Alle behandeln das Kind als Jungen, so ist es auch geboren worden. Aber das Kind weiß, dass eskein Junge ist und versucht sich über sich selbst klar zu werden und seinen Platz in der Welt zu finden. Irgendwann gibt sie sich selbst einen Namen: Lucia. Und das ist ein Akt der Befreiung, der Emanzipation, der Selbstvergewisserung. Diese komplexe Comin of Age-Geschichte ist in einen sozialrealistischen Film eingebettet: Rund um Lucia gibt es einen Bruder, gibt es eine Mutter, deren Ehe vor dem Aus steht und die als Künstlerin einen Neustart versucht, eine Großmutter mit schwieriger Vergangenheit, eine Tante, die bei ihren Bienenstöcken Lucia einen sicheren Ort bietet. Regisseurin Estibaliz Urresola Solaguren erzählt in ihrem beeindruckenden Debütfilm die Entwicklung von Lucia mit Geduld (die auch der Zuschauer mitbringen sollte) in vielen Dialogen. Berührend sind die Momente, wenn ein anderes Mädchen Lucia als Freundin akzeptiert - auch wenn sie weiß, dass Lucia biologisch ein Junge ist. Beeindruckend wie die Mutter zwischen allen Konflikten nicht für einen Augenblick von der unbedingten Liebe zu ihren Kindern abweicht. Großartig sind die Bilder, zum Beispiel wenn der Blick von den Bienenkörben über das Tal geht. Im Podcast reden wir über die herausragende Kinderdarstellerin Sofia Otero, über das schnell gesprochene Spanisch und Baskisch (ist alles in den Untertiteln wirklich übersetzt worden?), Thomas verwechselt die Großmutter und die Tante und vergleicht den Film mit STILL THE WATER. Direkt nach dem Kino am Mikrofo...
Folge 1222: RENFIELD - 11 Dinge, die man mit einem abgerissenen Arm tun kann
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

20.06.2023 10 min Gabriele, Tom und Thomas

Ein Mann sitzt in einer Selbsthilfegruppe für Mitarbeiter von toxischen Vorgesetzten – sein Problem ist allerdings etwas größer, denn bei seinem Chef liegt nicht nur pathologischer Narzissmus vor. Der Mann heißt Renfield (Nicholas Hoult) und sein Chef ist Dracula. Eine Traumrolle für Nicolas Cage, dessen Bela-Lugosi-Grinsen noch gefährlicher ist als seine Fangzähne. Renfields Aufgabe ist, dem Meister frisches Blut – am liebsten Form von Cheerleaderinnen oder Nonnen – zuzuführen. Während Renfield versucht, sich von seinem Chef zu emanzipieren, trifft er auf eine ständig fluchende und um sich schießende, toughe Polizistin (großartig: Awkwafina). Zusammen bilden sie ein höchst unterhaltsames Buddy-Team im Kampf gegen Dracula und als wäre das noch nicht genug auch noch gegen die Mafia. Eine Prise RomCom, eine Schippe Tanz der Teufel, das Ganze mit etwas John Wick aufgerührt – zusammen ergibt das anderthalb Stunden höchst vergnüglichen Film mit fassweise Kunstblut und soviel ironischer Distanz zu den Genre-Versatzstücken, dass die Splatter- und Gore-Elemente uns nur noch mehr haben lachen lassen. Direkt nach dem Kino gutgelaunt am Mikrofon: Gabriele, Tom und Thomas.
Folge 1221: Michael Arias TEKKONKINKREET feat. Manuel und Tobias (NipponConnection2023)
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19.06.2023 5 min Manuel, Tobias und Thomas

Zwei Straßenkinder haben sich in ihrem Stadtviertel in Treasure Town eingerichtet und verteidigen es gegen anderen Jugendbanden. Aber die beiden mit den Namen Black und White sind keine normalen Kinder. Das zeigt sich, als Yakuza die Stadt übernehmen wollen und die beiden Jungs getrennt werden. Treasure Town ist eine unglaubliche Kulisse – wie ein Fiebertraum von Moebius und Schuiten, eine dirchte Atmosphäre und eine fantastische Animation einer bewegten Kamera. Der Stil ist härter, die Gesichter eckiger und düsterer, passend zur harten und finsteren Geschichte. Im Podcast direkt nach dem Film reden wir über den Minotaurus, über Details und Farben, über psychedelische Elemente und ziehen Vergleiche zu AKIRA. Sehr sehenswert! Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Manuel, Tobias und Thomas.
Folge 1220: DAS LEHRERZIMMER - Schakale im Kollegium
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18.06.2023 16 min Usual Suspects

Carla Nowak ist eine engagierte, junge Lehrerin. Frisch an ihrer Schule, in der es eine Null-Toleranz-Strategie gibt, wird sie indirekt Zeugin eines Diebstahls. Im Streben nach Gerechtigkeit und Wahrheit tritt sie eine Lawine los, die ihre Schulwelt erschüttert. Catak hat die Schule bewusst als Mikrokosmos der Gesellschaft gewählt und verhandelt in seinem Film einige spannende Themen wie Wahrheit, Fake News oder Cancel Culture und zeigt auf, wie die Pädagogik mit ihren Handlungslinien und Sprachhülsen an der Wirklichkeit zerschellt. Thomas ist ganz mitgenommen von dieser Abwärtsspirale, von der Eskalation von Verdächtigungen, Misstrauen und katastrophaler Kommunikation. Aus Sicht der Juristin in der Runde hätte das dabei eigentlich kein großes Drama sein müssen 🙂 Im Podcast direkt nach dem Film vor dem Capitol-Kino loben wir die authentischen Porträts der 13-jährigen Schüler:innen und die hervorragende Hauptdarstellerin Leonie Benesch – auch Eva Löbau – und die exzellente Filmmusik von Marvin Miller. Wir diskutieren über die Einsamkeit einer Lehrerin, die moralische Frage und es werden Erinnerungen werden wach an eigene Sünden und Selbstgerechtigkeiten als Schüler – auch an Konflikte zwischen Schülerzeitung und Rektor der Schule. Wir sind uns einig: unbedingt sehenswert! Am Mikrofon: Johanna, Gabriele, Katharina, Katharina und Thomas.
Folge 1219: Junji Sakamoto OKIKU AND THE WORLD feat. Andras (NipponConnection2023)
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17.06.2023 8 min Andras und Thomas

Kostümfilme laufen immer Gefahr in die Nostalgiefalle zu gehen und die Vergangenheit zu verklären. Nicht so OKIKU AND THE WORLD: In Junji Sakamotos Film müssen in der Edo-Zeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts zwei junge Männer wortwörtlich einen „Scheiss“-Job erledigen: Da es keine Kanalisation gibt, löffeln sie die Exkremente aus den Toiletten, bezahlen dafür Geld und verkaufen es als Dünger an Bauern. Statt Respekt gibt es Tritte von Samurai, die glauben dass sogar ihre Ausscheidungen besser sind als die anderer Menschen. Jeder rümpft die Nase, wenn sie sich nähern. Nicht so Okiku – obwohl die hübsche und gebildete junge Frau einer höheren Klasse angehört, respektiert sie Männer und verliebt sich sogar in einen der beiden. Diese Liebesgeschichte über scheinbar unüberwindliche Klassenschranken hinweg ist ganz in schwarzweiss gedreht, was sowohl der gesellschaftskritischen Ebene als auch den komischen Momenten eine besondere Intensität gibt. Der Film, der nichts beschönigt, hat einen lakonischen Humor – wunderbar die Szene, wenn sich die Liebenden aussprechen und der Schneefall zeigt, wie lange das dauert 🙂 Wenige Momente zeigt uns Sakamoto in Farbe und katapultiert damit den Film für Augenblicke in unsere Gegenwart – auch eine Art, an die vierte Wand zu klopfen. Im Podcast denken wir darüber nach, dass sich eigentlich seit damals nichts geändert hat: Es müssen immer noch Menschen Scheiss-Jobs machen – ob bei den Entsorgungsbetrieben oder beim Batterierecycling in Bangladesch, werden ausgebeutet und nicht respektiert. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Andras und Thomas.
Folge 1218: Ryo Takebayashi MONDAYS – SEE YOU „THIS“ WEEK feat. Malte (NipponConnection2023)
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17.06.2023 6 min Malte, Hendrik und Thomas

Wirklich nicht der erste Zeitschleifenfilm, aber zum ersten Mal wiederholt sich das Hamsterrad einer Bürowoche (das kennen wir doch alle, oder?). Der Film passt in den Trend von ONE CUT OF THE DEAD und BEYOND THE INFINITE 2 MINUTES, auch wenn er nicht durchgehend ein perfektes Timing hat. Aber er ist sehr unterhaltsam. Der Ausweg aus der Zeitschleife gelingt wie erwartet nur, wenn alle zusammenhalten. Im Podcast empfehlen wir einen Zeitreisefilm, der auch im Film angesprochen wird: HAPPY DEATHDAY. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Malte von Sneaky Monday, Hendrik und Thomas.
Folge 1217: ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED - Ein Dokument der Zeitgeschichte
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12.06.2023 17 min Usual Suspects

Laura Poitras kennen wir als Regisseurin des Oscar-prämierten Dokumentarfilms CITIZEN FOUR. In ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED wollte sie den Kampf der US-amerikanischen Fotografin Nan Goldin gegen die Oxycodon-Hersteller-Familie Sackler erzählen. Die Milliardärsfamilie Sackler hatte Unmengen am Verkauf der Medikamente verdient, sie sind mitverantwortlich für die Opioidkrise in den Vereinigten Staaten, die mehr als 800.000 Menschen das Leben gekostet hat. Aber konfrontiert mit dem faszinierenden Leben von Nan Goldin erzählt Poitras auch deren tragische Familiengeschichte und die Geschichte des New Yorker Kunst-Undergrounds der 1970er und 1980er. Auf der einen Seite fühlt man sich nach dem übervollen 2-Stunden-Film betrogen um eine „richtige“ Doku über die Verbrechen der Sackler-Familie. Und man fühlt sich betrogen um die nicht zu Ende erzählte Geschichte des Suizids der Schwester der Fotografin. Auf der anderen Seite ist Poitras ein einzigartiges Sitten- und Zeitdokument gelungen, das einen Bogen spannt über mehr als 50 Jahre. Im Podcast sind wir durchaus unterschiedlicher Meinung. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Capitol-Kino: Bettina, Birgit, Peter und Thomas. Birgit verweist auf das Buch „Imperium der Schmerzen: Wie eine Familiendynastie die weltweite Opioidkrise auslöste“ von Patrick Radden Keefe und empfiehlt die Serie DOPESICK.
Folge 1216: Ryusuki Hamaguchi DRIVE MY CAR feat. Daniel (NipponConnection2023)
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10.06.2023 9 min Daniel und Thomas

Nippon Connection bietet die Gelegenheit, endlich den im Kino verpassten, preisgekrönten DRIVE MY CAR von Ryusuki Hamaguchi zu sehen. In einer Schlüsselrolle ist Toko Miura zu sehen, die dieses Jahr den Nippon Rising Star Award erhält. Sie fährt als Chauffeurin den Wagen des Schauspielers, der in Hiroshima „Onkel Wanja“ inszeniert. Ein wirklich vielschichtiger, ebenso schöner wie kluger Film über Verlust und Weiterleben. Ein Film, den man viele Male sehen kann und sollte. Wie Daniel vom Altstadtkino, der mit Thomas direkt nach dem Kino am Mikrofon ist.
Folge 1215: Hugo Sakamoto BABY ASSASSINS feat. Helena, Malte und Samuel (NipponConnection2023)
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09.06.2023 7 min Helena, Malte, Samuel und Thomas

Spaß wurde uns versprochen und wir sollten den Kopf ausschalten. Spaß hatten wir jede Menge und wir mussten dafür noch nicht einmal unseren Kopf ausschalten. Hugo Sakamotos Action-Kracher um zwei Teenager, die ihre Berufung als Auftragskillerinen gefunden haben, läuft richtig rund: Pointierte Dialoge, sich entwickelnde Charaktere und exzellente Kampfszenen. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Helena und Malte von Sneaky Monday, Samuel und Thomas.
Folge 1214: Anshul Chauhan DECEMBER feat. Karoline und Marita (NipponConnection2023)
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09.06.2023 7 min Karoline, Marita und Thomas

Gerichtsdramen haben das Potential durch ritualisierte Abläufe und eine theaterhafte Szenerie Geschichten besonders pointiert zu erzählen, Das gelingt auch Anshul Chauhan mit DECEMBER. Dabei geht es gar nicht um die Frage, wer das Verbrechen verübt hat. Hier geht es um die Frage, ob die zur Tatzeit 17-jährige Täterin nach Erwachsenenstrafrecht hätte verurteilt werden dürfen. Die Täterin hatte vor sieben Jahren eine Mitschülerin getötet – in Rückblenden erfahren wir die Hintergründe: Es geht um Mobbing. Im Mittelpunkt stehen hier auch die Eltern des Opfers, deren Leben nach der Tat erschüttert wurde. Ihr Ziel bei der Wiederaufnahme des Verfahrens: Keine Gnade für die Täterin. Aber irgendwann beginnen sie die eigene Tochter und sich selbst zu hinterfragen. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Karoline, Marita und Thomas.
Folge 1213: Yui Kiyohara REMEMBERING EVERY NIGHT feat. Karoline und Helena (NipponConnection2023)
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08.06.2023 6 min Karoline, Helena und Thomas

SchönerDenken ist wieder beim japanischen Filmfestival Nippon Connection in Frankfurt dabei. Hier unser erster Eindruck von REMEMBERING EVERY NIGHT von Yui Kiyohara. Ein meditativer Film über Vergänglichkeit, der für einen Tag drei Frauen begleitet – es geht um verlorene Vergangenheit und das Weiterleben. Kiyohara lässt uns Begleiter sein. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Karoline, Helena von SneakyMonday und Thomas.
Folge 1212: NipponConnection 2023 - Offizieller Festivalpodcast Nr. 10 mit Florian Höhr

01.06.2023 44 min Florian Höhr und Thomas Laufersweiler

Herzlich willkommen zum offiziellen Podcast des japanischen Filmfestivals Nippon Connection 2023 mit mehr als 100 Filmen vom 6. bis zum 11. Juni in Frankfurt am Main. Florian Höhr, der Leiter des Filmprogramms von Nippon Connection, spricht mit Thomas Laufersweiler über den Programmschwerpunkt „Cityscapes And Countryside“ und den hier eher unbekannten Regisseur Keisuke KINOSHITA, der im Mittelpunkt der diesjährigen Retrospektive steht. Er erklärt den neuen Preis „Nippon Rising Star“ (für Toko MIURA) – und er verrät, welche vier Filme man auf keinen Fall auf dem Festival verpassen darf … Wer sich für Keisuke KINOSHITA interessiert, sollte in den Podcast von Michael Schleh, Sandra und SchönerDenken reinhören, der sich mit KINOSHITAs gesamten Filmwerk auseinandersetzt: keisuke-kinoshita.de
Folge 1211: Joe Odagiri THEY SAY NOTHING STAYS THE SAME feat. Daniel und Andras (NipponConnection2022)
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20.05.2023 12 min Daniel, Andras, Hendrik und Thomas

Es gibt wenige Filme, bei denen man schon beim ersten Sehen im Kinosaal spürt, ein Stück Filmgeschichte, einen ganz besonderen Film zu erleben. So ging es Thomas mit THEY SAY NOTHING STAYS THE SAME. Ein ruhiger Film, der in kraftvollen, schönen Bildern die Geschichte eines Fährmanns erzählt, der die Menschen von einem Ufer zum anderen bringt, manchmal wie Charon auch im übertragenen Sinn. Auf seinem Boot, in seinem kleinen Fährhaus sehen wir das Böse und das Wundervolle. Im Podcast reden wir über die Geschwindigkeit des Films, die sich dem Fährmann anpasst, subtile, magische Elemente, ein Mädchen, das der Fluß anspült, die wunderbare Filmmusik und die Atmosphäre der Vergänglichkeit, denn wenige Meilen flußaufwärts wird eine Brücke gebaut - die Tage des Fährmann sind gezählt. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Andras, Daniel, Hendrik und Thomas.
Folge 1210: GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 3 - Noch einmal mit Gefühl
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

18.05.2023 10 min Usual Suspects

Nachdem wir über zwei Dutzend Marvelfilme gesehen haben, machte sich bei uns langsam eine Superheldenmüdigkeit breit. Also sind wir in das dritte Guardians-Abenteuer mit einer mittelgroßen Portion Skepsis gegangen. Und ja, es ist wieder bunt und überfüllt, aber wir haben es mit (Anti-)Helden zu tun, deren Konflikte nachvollziehbar sind, deren Motive und Gefühle wir verstehen. Rocket, unser aller Lieblingsguardian, muss gerettet werden und Rettung, das ist das eigentliche Fachgebiet der Guardians. Es wird gekämpft, gestritten, geflucht, gerannt, gerettet und wieder gekämpft und wieder gerettet, was das Zeug hält. Dabei wechselt Vol. 3 ansatzlos zwischen Comedy, Suspense und Tragödie – mit einem Gegenspieler, der uns auf den zweiten Blick bitterböse den Spiegel vorhält. Der Funke ist bei uns tatsächlich übergesprungen: Wir haben viel gelacht, auch geweint und hatten einen großartigen Kinoabend. Direkt nach dem Kino gutgelaunt am Mikrofon: Gabriele, Harald, Tom und Thomas.
Folge 1209: EMPIRE OF LIGHT - Dunkelheit zwischen den Bildern
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

06.05.2023 16 min Johanna und Thomas

Wenn wir ehrlich sind: Wir hatten uns ein bisschen mehr von EMPIRE OF LIGHT versprochen, mehr Epik, mehr Intensität. Sam Mendes hat seinen Film sehr ruhig angelegt, er verlässt sich auf die oft betörenden Bilder des Kameramanns Roger Deakins. Und er verlässt sich auf die großartigen Schauspieler Olivia Colman (Hilary) und Michael Ward (Stephen). Es ist eine einfache Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, die am Rand stehen: Hilary, die in psychiatrischer Behandlung war, und der jüngere Stephen, der als schwarzer Brite Opfer von Übergriffen wird. Das alles in einem England, das von Thatcher schon gezeichnet ist. Verhebt sich Mendes mit diesen Themen? Oder bringt er damit die unangenehmen Schlaglichter der Wirklichkeit in die Romanze? Im Podcast sind wir uns nicht einig und diskutieren über bewährte Tropen und die kinohuldigenden Filme der jüngeren Vergangenheit. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Palatin-Kino: Johanna und Thomas.
Folge 1208: AIR – DER GROSSE WURF - Ein neuer Deal
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

06.05.2023 10 min Usual Suspects

„Ein Schuh ist nur ein Schuh, bis Michael Jordan ihn anzieht.“ Der berühmteste und wahrscheinlich erfolgreichste Sportschuh der Welt, „Air Jordan“, ist der erste, der auf einen Sportler zugeschnitten worden ist. Wie es dazu kam, ist eine unterhaltsame Geschichte, die Ben Affleck in AIR unterhaltsam erzählt. Matt Damon spielt den leidenschaftlichen Basketball-Experten Sonny, der für Nike den Basketballschuhmarkt erobern soll und er setzt alles auf einen College-Nachwuchsspieler: Michael Jordan. Er muss nicht nur seinen Chef (Ben Affleck) überzeugen sondern vor allem Michael Jordans Mutter (Viola Davis). Auf einem Musikteppich von Best-Of-Hits der 80er wird uns eine Firmen-Komödie serviert, irgendwo zwischen Pathos und Parodie. Sehenswert, wie Michael Jordans Mutter einen Vertrag verhandelt, der das Sportgeschäft weltweit verändert hat. Die ernsten Elemente bleiben aber im Hintergrund, stattdessen bleiben schreiend-komische Schimpftiraden und die quietschbunten Jogginghosen des Nike-Chefs in Erinnerung. Eine gelungene Komödie, die den Spannungsbogen hält, obwohl wir alle wissen, wie es ausgeht. Direkt nach dem Kino gutgelaunt am Mikrofon: Gabriele, Katharina, Tom und Thomas.
Folge 1207: THE WHALE - Der schwere Kampf um Erlösung
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04.05.2023 11 min Johanna und Thomas

THE WHALE ist mit Festival- und Oscar-Lorbeeren gestartet, allerdings nicht ohne Kritik von verschiedenen Seiten. Nach dem Film sind sowohl die Lobeshymnen für Brendan Fraser als auch die kritischen Stimmen nachvollziehbar. Aronofsky verfilmt hier ein Theaterstück – alles spielt in einem Apartment, dazu noch ein beengendes 4:3-Format. Wir begleiten einen in viele Szenen liebenswürdigen Mann, Charlie (Brendan Fraser), der sich buchstäblich zu Tode frisst. Vor seinem Tod will er sich mit seiner 17-jährigen Tochter (Sadie Sink) aussöhnen, die er seit 8 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er hat sich aufgegeben, nur die Vergebung seiner Tochter strebt er als Erlösung an. Obwohl die Hauptdarsteller großartig sind und die Inszenierung gelungen, bleiben wir ratlos zurück. Was will uns der Film, bzw. das dem Film zugrundeliegende Theaterstück sagen? Mit dem religiösen Thema des Films (Charlies Geliebter war Mitglied einer christlichen Sekte, bevor er Selbstmord beging) können wir nichts anfangen. Besonders im zweiten Teil wird die Handlung melodramatisch statt berührend. Sehenswertes Schauspielkino aber kein cineastisches Meisterwerk. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Capitol-Kino: Johanna und Thomas.
Folge 1206: ROTER HIMMEL - Das Leichte und das Schwere des Sommers
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30.04.2023 13 min

Es hätte eine wunderbare Sommerzeit am See sein können, aber Leon ist, wie Johanna sagt, ein schwarzer Block negativer Energie. Es ist schon fast ein running gag, dass Leon (Thomas Schubert) eine Gelegenheit nach der anderen auslässt, das Leben zu genießen, vielleicht sogar Liebe zu erleben. Christian Petzold wiegt uns dabei lange in Sicherheit: Drei junge Männer, zwei davon Künstler und eine junge Frau, in einer ländlichen Idylle in der sommerlichen Hitze, es wird geredet, geraucht und getrunken, nachts wird sich geliebt oder Federball mit leuchtenden Schlägern gespielt - natürlich nicht von Leon :-) Dazu sehr gut ausgewählte Songs. Aber Leon sieht nichts außer seinen eigenen Problemen - nicht die Gefühle der Menschen um ihn herum, nicht ihre Nöte, auch nicht den immer näher kommenden Waldbrand. Aus einer psychologisch feinen französischen Sommerkomödie heraus entwickelt Petzold einen sich steigernden Sog, der uns ganz langsam aber unaufhaltsam in eine Tragödie führt. Petzold betreibt für seinen konzentrierten, reduzierten Film dabei wenig mehr Aufwand als für einen studentischen Abschlussfilm - und das ist gut so. Er kann sich auf ein großartiges Schauspielensemble verlassen: Paula Beer, Thomas Schubert, Matthias Brandt, Langston Uibel und Enno Trebs. Ein schöner, leichter und zugleich schwerer, ein sehr sehenswerter Film. Den Üblichen Verdächtigen fällt es gar nicht so leicht, direkt nach dem Film über ROTER HIMMEL zu sprechen. Am Mikrofon vor dem Capitol-Kino: Johanna und Thomas.
Folge 1205: DIE DREI MUSKETIERE - D’ARTAGNAN – Degenduelle im Dunklen
Der erste Eindruck direkt nach dem Film

23.04.2023 11 min Usual Suspects

Die Farbpalette ist vielfältig: Sie reicht von Erdbraun, Graubraun, Weinrotbraun, Schlammbraun, Sandbraun bis hin zu aufregendem Schwarzbraun. In Kombination mit dem Verzicht auf Schweinwerfer auch nachts und im Regen hat der Film einen ganz besonderen Look. Erkennen kann man allerdings nicht viel, geschweige denn die Charaktere im Gewusel auseinanderhalten. Aber bei den Musketieren kommt es ja nicht drauf an, wer zum König gehört und wer zum Kardinal … Die neue Verfilmung erinnert an DER PAKT DER WÖLFE, erreicht aber weder optisch noch dramaturgisch dessen Klasse. Überhaupt ist diese Version nicht sorgfältig gedreht, auch das schönste Bild wird spätestens nach fünf Sekunden geschnitten und vielen Einstellungen sieht man an, dass nicht bis zum optimalen Take gedreht wurde. Eher ein TV-Zweiteiler als ein Kinoereignis. Im Podcast direkt nach dem Film reden die Üblichen Verdächtigen über verschenkte Stars, fragen uns nach der Motivation der Neuverfilmung, vermissen Stative und stellen Vergleiche an mit der großartigen Lester-Version von 1973. Am Mikrofon: Johanna, Heidi, Martin, Hendrik und Thomas.
Folge 1204: BORN IN FLAMES - Riot-Girls nach der Revolution

16.04.2023 62 min Lucas und Thomas

Frauen sind immer noch das benachteiligte, oft sogar unterdrückte Geschlecht. Würde eine linke Revolution, eine linke Politik daran etwas ändern? Diese Frage wollte Lizzie Borden vor 40 Jahren mit BORN IN FLAMES beantworten. Der Film ist ein Punk-Science-Fiction, genauer eine Near Future-Dystopie: BORN IN FLAMES zeigt die USA, zehn Jahre nach einer linken Machtübernahme. Für die Frauen hat sich kaum etwas verbessert, immer noch werden sie mit der Bedrohung durch Vergewaltigung, mit Care-Arbeit und den Kindern alleine gelassen. Wenn sie einen Job haben, werden sie von den Männern als Konkurrenz abgelehnt. Und wenn die Frauen protestieren, verlieren sie ihre Job. Lizzie Borden zeigt in ihrer rauhen, körnigen Mockumentary, eine Frauen-Armee, die überlegt, ob sie zu den Waffen greifen soll. Erzählt wird in Bruchstücken, unter anderem mit Ausschnitten aus den TV-Nachrichten, die offenbar von „der Partei“ kontrolliert werden und in mitreißenden Moderationen von feministischen Piratenradios. BORN IN FLAMES ist kraftvoll und rauh, redet Klartext und stellt die Kernfrage zur Debatte: Mit welchen Mitteln kann die notwendige Änderung der Verhältnisse herbeigeführt werden? Kluger, eigensinniger, ruppiger und sehr sehenswerter Film. Im Podcast reden wir über den fünfjährigen Entstehungsprozess, die guerilla-artige Umsetzung, über Universalismus, die RAF, Penisse und Putenfleisch, Kathryn Bigelow und vor allem über die Frage: Wie geht es nach der Revolution weiter? Zitat aus dem feministischen Untergrundradio:Honey: „We are the children of the light and we will continue to fight. No...
Folge 1203: DUNGEONS & DRAGONS - EHRE UNTER DIEBEN

10.04.2023 8 min Usual Suspects

Was wollen wir vom Popcornkino? Spannung, Abenteuer, ganz unterschiedliche Charaktere, mit denen wir uns identifizieren und eine große Portion Humor. Was wollen wir von Fantasy? Schwerter, Prinzessinnen, Zauberer, Verliese und Drachen, genau Dungeons & Dragons. DUNGEONS & DRAGONS: EHRE UNTER DIEBEN ist ein weiterer Anlauf, das legendäre Spiel auf die Leinwand zu bringen – und diesmal passt alles. Vor allem die Helden: Zauberer, die Schwierigkeiten mit dem Zaubern haben, Diebe und Krieger, die vielleicht nicht ganz ehrlich sind, aber „das Herz am richtigen Fleck“ haben, gespielt von einem sehr gut gecasteten Ensemble. Chris Pine, Michelle Rodriguez und Hugh Grant liefern die Gags und Pointen sicher ab. Fantasy als einfallsreiche Action-Comedy statt als düsteres Epos – davon wollen wir gerne mehr. Am Mikrofon direkt nach Kino und bester Laune: Gabriele, Harald, JCK, Tom und Thomas.
Folge 1202: DIE KAIRO-VERSCHWÖRUNG - Adam, König, As, Spion

07.04.2023 16 min Bettina, Katharina und Thomas

Es beginnt auf einem Fischerboot. Adam (Tawfeek Barhom) ist mit seinem Vater unterwegs. Aber er verlässt seine Familie und studiert als Stipendiat an der bedeutenden al-Azhar-Universität in Kairo. Kaum angekommen erlebt er, wie der Groß-Imam stirbt und der Machtkampf um seine Nachfolge ausbricht. Ibrahim (Fares Fares) vom Geheimdienst wirbt Adam als neuen Spion an, nachdem sein Vorgänger erstochen worden war. In der ersten Hälfte bangen wir um Adam und fürchten, dass er die Intrigen nicht überleben wird. In der zweiten Hälfte des Films erleben wir, wie Adam lernt, das Geheimdienstspiel besser zu spielen als seine Auftraggeber und Widersacher … Tarik Saleh hätte diesen Film nicht in Ägypten drehen können – der Film darf dort auch nicht gezeigt werden. Die zum Teil beeindruckenden Bilder der Universität wurden in der Süleymaniye-Moschee in Istanbul gedreht. Zum ersten Mal sehen wir einen Geheimdienstthriller mitten in einer islamischen Universität, spannend und paranoid wie ein John le Carre-Roman. Das aber ist auch seine Schwäche: Wie die klassischen Spionage-Thriller spielen hier Männer Machtspiele, Intrige folgt auf Intrige, Verrat auf Verrat, keiner behält seine Integrität, nicht jeder behält sein Leben. Wer sich dafür nicht begeistern kann, wird es schwer haben in diesen Film einzutauchen und sich mit den Protagonisten zu identifizieren. Direkt nach dem Film stehen Bettina, Katharina und Thomas in der Eiseskälte vor dem Kino und debattieren leidenschaftlich über die Stärken und Schwächen des Films.
Folge 1201: JOHN WICK KAPITEL 4 - Der Buster Keaton des Actionkinos

06.04.2023 11 min Usual Suspects

Das vierte Kapitel liefert, was von einem JOHN WICK-Film zu erwarten ist: Große Bilder, sehr viel Liebe zum Detail, extrem kompetentes Gun Fu. Bei fast drei Stunden Laufzeit – fast durchgehend nicht enden wollende Kampfszenen und Schusswechsel – ermüdet der geneigte Zuschauer und fragt sich: Ist das noch Hochglanz-Actionkino oder ist schon ein Let’s Play auf Speed? Die Set Pieces folgen aufeinander wie Level in einem Game, eine Szene in Vogelperspektive gedreht, verstärkt diesen Eindruck. John Wick, der weniger Sätze hat als Harald hier in einer Podcastepisode, ist ein Schmerzensmann: Jeder Kampf bedeutet weitere Blessuren und Verletzungen. Er ist wie Herakles, der unendliche viele Augias-Ställe auszumisten hat, wie Sysiphus, der versucht mit seinem Stein den Montmatre hinauf zu kommen. Keanu Reeves ist zum Buster Keaton des Action-Kinos geworden: Stoisch geht er seinen Weg, wer auch immer auf ihn schießt oder auf ihn einsticht. Und aus dieser Perspektive betrachtet ist das möglicherweise ein wirklich guter Film. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Gabriele, Uwe, Harald, Tom und Thomas.
Jubiläumsfolge 1200: PETERLOO – Die Verteidigung der Vorherrschaft – feat. Molo

30.03.2023 147 min Molosovsky und Thomas

Wir gehen zwei Jahrhunderte zurück: Grossbritannien 1819. Eine Kundgebung, geplant von der Manchester Patriotic Union Society. 80.000 unbewaffnete Menschen, die gegen die Getreidezölle und für eine Parlamentsreform demonstrieren. Wichtigster Sprecher: Henry Hunt. Doch die lokalen Behörden haben beschlossen, die Versammlung vor der Rede aufzulösen und die Anführer zu verhaften. Dafür waren 600 Husaren, 120 Yeomanry-Kavalleristen und zwei Sechspfünder-Kanonen sowie mehrere hundert Infanteristen und Polizisten bereitgestellt. 120 Kavalleristen drangen mit gezogenem Säbel auf die Menge ein, um zu den Rednern durchzudringen. Henry Hunt (im Film gespielt von Rory Kinnear) und mehrere andere Personen, darunter Journalisten, wurden verhaftet. Als die Menge Widerstand leistete, griffen die Husaren ein. Dabei wurden 15 Menschen getötet, darunter ein Baby, etwa 600 wurden verletzt von Säbelhieben und Schlagstöcken. Nach einer Viertelstunde war das Massaker vorbei. Und da niemand diese Geschichte auf die Leinwand bringen wollte, hat es 2018 Mike Leigh getan. Und da niemand den Film wahrgenommen hat, haben molosovsky und Thomas von SchönerDenken sich intensiv mit PETERLOO auseinandergesetzt. Zitieren wir Ruth Rach vom Deutschlandfunk: “Der Tag ist heiß und sonnig. Zwischen 60.000 und 100.000 Menschen marschieren in Richtung St. Peters Field. Männer, Frauen, Kinder. Sie kommen aus ganz Nordengland. Die Leute tragen Sonntagskleidung. Den Marsch haben sie wochenlang eingeprobt, denn er soll wohl geordnet verlaufen. Und friedlich. Niemand ist bewaffnet. Musikbands begleiten sie auf dem ...
Folge 1199: THE ORDINARIES - Die Welt hinter den Bildern

29.03.2023 13 min Katharine, Kathrin, Hendrik und Thomas

Paula lebt in der Filmwelt, zwischen Hauptrollen, Nebenrollen, Fehlbesetzungen, Jump-Cuts, Voice Over und Outtakes. Eine streng hierarchische Welt, in der die Hauptrollen an der Spitze der Pyramide leben – alles dreht sich um sie, ihre Herzen geben die Musik vor. Das will die 16-jährige Paula (Fine Sendel) als Tochter eines getöteten Hauptrollenvaters auch und steht als Schülerin an der Schule für Hauptfiguren kurz vor dem Abschluss. Aber es fehlt ihr etwas zum überzeugenden Durchbruch. Da sie aus den wenigen Sätzen ihrer Nebenrollenmutter nichts über ihren Vater erfahren kann, begibt sie sich auf die Suche nach ihm. Vielleicht ist er noch am Leben. Ihre Suche führt sie in die verbotene Unterwelt der geächteten Outtakes … Regisseurin Sophie Linnenbaum spielt in ihrem Debüt ihre wunderbare Filmwelt großartig aus, so viele Ideen und Anspielungen, so viele verrückte, liebevolle Details, so viel Witz (die singende FDP-Familie mit „Emotionen! Emotionen!“). Und gleichzeitig ist THE ORDINARIES ein fast brutal schonungsloser Film über eine Klassengesellschaft, die einen Aufstieg verhindern will, ein tonnenschweres Sozialdrama über Armut und Privilegien, Ausgrenzung und den Traum davon, eine eigene Geschichte zu haben und selbst im Rampenlicht zu stehen. Dazu ein beeindruckendes Ensemble, besonders Fine Sendel als Paula und Jule Böwe als ihre Mutter sind herausragend. Das alles tritt uns in einer traumhaften Szenerie entgegen, die unglaublich atmosphärisch und einfallsreich ist. Ein unglaublich origineller, kluger, schöner, lustiger, unendlich trauriger Film. Vielleicht der best...
Folge 1198: DAS BLAU DES KAFTANS - Die diskrete Macht der Liebe

22.03.2023 9 min

Halim (Saleh Bakri) ist Schneider, ein Meister seines traditionellen Handwerks – er näht wunderschöne Kaftane, jede einzelne Verzierung von Hand. Zärtlich und behutsam geht er mit den edlen Stoffen um und die Kamera folgt ihm dabei. Zart und behutsam ist auch die Liebe zwischen Halim und seiner ebenso resoluten wie charismatischen Frau Mina (Lubna Azabal), sie ist sein Gegenpol, sein Fels, seine große Liebe – und sie weiß, dass Halim homosexuell ist und sich in den Lehrling Youssef (Ayoub Missioui) verliebt hat. Aber die Liebe dreier Menschen überwindet die Hindernisse, gibt Raum für zartes Glück und für Hoffnung über den Tod hinaus. Maryam Touzanis meisterhaftes Kammerspiel ist wunderschön in seinen Farben und Bildern, sie zeigt Marokko und die Medina als Schauplatz vollkommen frei von jedem kolonialen Orientblick. Das eigentliche Wunder des Films ist das herausragende Schauspielensemble, das Touzanis Bühne nutzt, um uns ganz nah an eine diskrete, zarte und so machtvolle Liebe heranzuführen. Im Podcast reden wir begeistert über Seide, Mandarinen, über die liebevolle Darstellung der Figuren und über den sinnlichen und feinstofflichen Zauber dieses Films. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Katharina, Johanna und Thomas.
Folge 1197: 65 - Leise sein. Weitergehen.

19.03.2023 11 min Hendrik, Tom und Thomas

Manchmal kann es so einfach sein: Ein Pilot stürzt mit seinem Raumschiff auf einem unbekannten Planeten ab. Außer ihm überlebt nur ein Kind. Jetzt heißt es schnell einen Weg finden, um diesen unwirtlichen Ort voller extrem gefährlicher Raubtiere wieder zu verlassen. Der Twist, der schon im Filmtitel steckt: Der Planet ist die Erde vor 65 Millionen Jahren, bevölkert von Dinosauriern, die zwei Humanoide liebend gerne als Snack zwischendurch verspeisen möchten. Aber ganz so leicht sind die beiden Überlebenden dann doch nicht zu töten. Saurier, Action, Ausstattung – alles sehr solide, sehr fokussiert. Es bleibt über die angemessene Filmlänge ordentlich spannend und Adam Driver und Ariana Greenblatt spielen überzeugend zurückhaltend, es wird nicht viel und vor allem kein Blödsinn geredet. Das ist mehr als genug, um einen wirklich unterhaltsamen SF-Kino-Abend zu garantieren. Hinter dem Film stecken übrigens Scott Beck und Bryan Woods, die auch schon den ebenfalls unkomplizierten A QUIET PLACE geschrieben hatten. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1196: BROKER: „Wenn ich morgen aufwache, werde ich an diesen Film gerne zurückdenken.“

15.03.2023 8 min Birgit, Peter und Thomas

Die schlechte Nachricht: Der Film ist sehr lange und er ist sehr langsam erzählt. Die gute Nachricht: Der Film ist sehr lange und er ist sehr langsam erzählt. Möglicherweise dauert es eine Weile, bis man sich sich mit Kore-edas Zeit synchronisiert hat. Dann aber ist man tief drin in einer ruhigen und damit wunderbar nachvollziehbaren Entwicklung der Charaktere. Da ist Sang-Hyun, eigentlich hat er eine Wäscherei, und manchmal vermittelt er gegen eine dicke Provision Babys, die er mit Dong-soo aus der Findelkinderablage eine Kirche stiehlt. Ein notorischer Lügner – aber nicht wirklich ein schlechter Mensch. Da ist So-young, die junge Mutter, die vor ihrer eigenen Vergangenheit flieht. Alle haben Narben in BROKER und halten nicht viel von sich selbst. Und alle sind dabei neue Rollen und neue Verantwortungen zu finden, als sie zu einer Familie zusammengewürfelt werden, denn die Mutter eines der gestohlenen Babys schließt sich ihnen an und ein Junge, der aus dem Heim davon gelaufen ist. Eine Familie, die der Zufall zusammengefügt hat, und deren Mitglieder anfangen füreinander da zu sein. Die Polizei ist dieser kleinen Schicksalsgemeinschaft auf den Fersen und nicht nur die Polizei. Ein Roadmovie mit großartigen Details und wenig Dramaturgie, sehr feinem Gespür für die Figuren, für ihre Zweifel und ihre Hoffnungen. Kore-eda eben. Diesmal auf Koreanisch. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Birgit, Peter und Thomas.
Folge 1195: THE FABELMANS - Steven Spielbergs Sentimental Journey

08.03.2023 10 min Usual Suspects

Ein Spielbergfilm ist ein Spielbergfilm ist ein Spielbergfilm. Es beginnt schon damit, dass vor dem Film Spielberg auftaucht und ein paar warme Worte zu seinem Film sagt. Eine Überraschung und keine positive. Der Film über Sam Fabelman (Gabriel LaBelle), seine Mutter (Michelle Williams) und seine ersten Schritte als Filmemacher ist manchmal berührend, manchmal etwas oberflächlich, er ist wunderbar inszeniert, gedreht und geschnitten, lustig und absolut berechenbar. Er ist nicht subtil, nicht herausfordernd, nicht riskant. Und vielleicht wäre das auch zuviel verlangt von einem braven Jungen, der einen Film über seine eigene Mutter dreht. Sehenswert, schön, sentimental. Und immerhin mit David Lynch als John Ford. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Heidi, Johanna, Katharina, Bettina und Thomas.
Folge 1194: TAR - Das Ich, die Macht und das verräterische Herz

04.03.2023 16 min

Das „Meisterwerk“-Etikett findet gefühlt in jeder zweiten Filmkritik zu TÁR. Zurecht? Im Mittelpunkt steht Lydia Tár, Komponistin und Dirigentin von Weltruf, auf dem Gipfel ihres Ruhmes und ihrer Macht. Sie dirigiert die Berliner Philharmoniker, spielt Mahlers Fünfte für die Deutsche Grammophon ein, veröffentlicht ein Buch – für diese Exposition lässt sich Todd Field Zeit. Ein fast dokumentarisch wirkender Einstieg, sehr schön für alle, die sich auch nur ein bisschen für klassische Musik interessieren. Aber vom Gipfel aus droht der Absturz: Ganz langsam steigert Todd Field die Bedrohung, die Schatten der Vergangenheit werden sichtbar, Überempfindlichkeit und Paranoia wachsen. Vor allem sehen wir, wie Lydia Társ kalter Narzissmus ihre Arbeit und ihre Ehe gefährdet … Wie moralisch ist TÁR? Nicht leicht zu beantworten. Ist Tár charismatisches Genie oder narzisstisches Monster? Oder beides? Was hat sie sich zu schulden kommen lassen? Abgesehen von einem Egoismus, der einem manchmal die Sprache verschlägt und mangelnder Diplomatie in der Diskussion mit Studierenden und ihrer offensichtlichen Bevorzugung einer begehrenswerten Cellistin. Es ist vor allem ihre Entscheidung, die Karriere einer ehemaligen Mitarbeiterin, einer Cellistin, zu zerstören, die auf sie zurückschlägt. Im Film kommt trotz der Länge keine Langeweile auf – Thomas hätte sich TAR auch als 10-teilige Serien angeschaut (Peter hätte den Film aber gerne um eine Stunde gekürzt). Field gelingt ein besonderer Realismus: Field und Blanchett erwecken mit Lydia Tár eine umfassende Figur zum Leben in einer ebenso kompl...
Folge 1193: RESONANCE: A SELECTION OF JAPANESE ANIMATED SHORTS feat. DieMelanie und Lucas Barwenczik (NipponConnection2022)

26.02.2023 7 min

Ein Highlight des Nippon Connection Filmfestivals ist jedes Jahr die Zusammenstellung der interessantesten japanischen Animationskurzfilme von Dr. Catherine Munroe Hotes. Cathy hat ganz unterschiedliche Kunstwerke zusammengestellt, die mit ganz unterschiedlichen Techniken arbeiten. Im Podcast direkt danach unser erster Eindruck von den Kurzfilmen. Am Mikrofon: Die Melanie, Lucas, Hendrik und Thomas.Ausführliche Informationen gibt es auf Cathys Blog Nishikata Eiga.
Folge 1192: OKABRE PLAYS A PAGE OF MADNESS feat. Lucas Barwenczik (NipponConnection2022)

25.02.2023 7 min Lucas und Thomas

Als das Nippon Connection Filmfestival 2022 sich langsam dem Ende näherte, schauten wir uns die Band OKABRE an. Sie vertonten den japanischen Filmklassiker A PAGE OF MADNESS von Teinosuke Kinugasa aus dem Jahr 1926 neu. Dem experimentellen und sehr interessant wirkenden Film konnten wir nicht wirklich folgen, aber wir haben uns ganz der elektronischen Musik und der Atmosphäre hingegeben. Am Mikrofon nach diesem ungewöhnlichen Event: Lucas Barwenczik und Thomas.
Folge 1191: ANT-MAN AND THE WASP: QUANTUMANIA – In der lila-violetten Gummizelle

23.02.2023 12 min Usual Suspects

Nach dem ersten ANT-MAN-Film hatten viele die Pym-Familie und vor allem Scott (Paul Rudd) ins Herz geschlossen. Das fand alles auf erfrischend kleiner Bühne statt – und das lag nicht nur an der Ameisengröße. Allein Scott und seine Freunde waren der perfekte Comic Relief aus der Wirklichkeit. Das ist jetzt endgültig vorbei. Nach einem kurzen Auftakt in der realen Welt geht es in die riesige lila-violette Gummizelle der Quantenebene. In dieser computerspielartigen Welt wirken die Bedrohungen nicht überzeugend und darum ist QUANTUMANIA vor allem eines: Egal. Das ist so als hätte man sehr viel Ahoibrause im Mund, während Handpuppen Glückskeks-Weisheiten raushauen, die besser auf die Rückseite eine Shampoo-Flasche gepasst hätten. Da können auch die sehr guten Darsteller nichts retten. Mit dieser themenlosen und bedeutungslosen Art von Geschichten rückt der Superhelden-Ermüdungsbruch immer näher. Direkt nach dem Kino am Mikrofon: Johanna, Gabriele, Hendrik, Harald, Tom und Thomas.
Folge 1190: WOMEN TALKING / DIE AUSSPRACHE - Gegen die Gewalt

15.02.2023 19 min Katharina und Thomas

Mit einem Betäubungsmittel für Vieh wurden die Frauen einer Mennonitengemeinde narkotisiert und vergewaltigt. Als die Opfer sich äußern, erklären die Ältesten (Männer), dass es der Teufel gewesen sei oder dass die Frauen sich wichtig machen wollten. Bis die Täter erwischt und verhaftet werden. Als alle Männer in die Stadt gehen, um für die Täter Kaution zu zahlen, werden die Frauen aufgefordert, den Tätern zu verzeihen – ansonsten müssten sie die Gemeinde verlassen und würden nicht in das Himmelreich einkehren. Die Frauen treffen sich zu einer Aussprache, ob sie bleiben und den Männern verzeihen sollen, ob sie bleiben und kämpfen sollen oder ob sie die Gemeinde verlassen sollen. Eine ausgewählte Gruppe von Frauen trifft sich ohne Wissen der Männer zu einer Aussprache – sie haben einen Tag sich zu entscheiden. Nur selten verlässt der Film die Scheune, in denen die Frauen diskutieren. Bildung ist ihnen verboten, sie brauchen den jungen Lehrer der Gemeinde (Ben Whishaw), um Protokoll zu führen, da sie weder lesen noch schreiben können. Aber sie wissen, dass sie die Gewalt nicht länger ertragen können, dass sie zu Mörderinnen werden, wenn die Männer zurückkommen. Gegenseitige Vorwürfe und Solidarität, Wut, Rachefantasien und Geduld durchziehen die Gespräche. Katharina und Thomas sind nach dem Film noch sehr berührt. Der Schmerz der Frauen, ihre Verzweiflung und ihre Kraft werden fühlbar und am Ende hat das Publikum Angst vor den Männern, die zurückkommen werden. Sarah Polley schafft es, die Übergriffe nicht zu zeigen, überhaupt (außer dem Lehrer) keine Männer zu zeigen – si...
Folge 1189: EIN MANN NAMENS OTTO - „Ich bin nicht unfreundlich!“

09.02.2023 6 min

Otto ist ein Pedant, er ärgert sich über falsch sortierten Müll, hässliche kleine Hunde, Autofahrer, die sich nicht an Regeln halten. Und Otto ist alt, einsam, verbittert und am Ende seiner Kraft. Aber dann platzt die hochschwangere Marisol in sein Leben, mit zwei süßen Töchtern und einem trotteligen Mann. Grumpy oder nicht, Otto wird in Marisols turbulentes Leben hineingezogen. Aber besonders emotional wird der Film, wenn wir mitgenommen werden in Ottos Vergangenheit, seine verstorbene Frau Sonja kennenlernen und Zeuge werden einer ebenso komischen wie traurigen Liebesgeschichte. Vielleicht ist EIN MANN NAMENS OTTO nicht besonders originell und innovativ, aber wunderbares Gefühlskino – die beiden alten Romantiker Tom und Thomas haben auf jeden Fall den Otto in sich entdeckt, viel gelacht und noch mehr geweint. Im Podcast direkt nach dem Film reden Tom und Thomas vor allem über Tom Hanks und haben dabei gar nicht über die Szene mit dem Clown gesprochen: Da konnten wir Otto besonders gut verstehen. Der Film ist ein Remake von „Ein Mann namens Ove“ von Hannes Holm aus dem Jahr 2015, zugleich eine Adaption des gleichnamigen Romans von Fredrik Backman aus dem Jahr 2012.
Folge 1188: Tatsushi Omori UNDER THE STARS feat. Lucas und Andras (NipponConnection2022)

07.02.2023 19 min Lucas, Andras und Thomas

Das Drama UNDER THE STARS von Tatsushi Omori reisst viele Themen an: Im Mittelpunkt steht das Mädchen Chichiro (Mana Ashida), deren Eltern einer Sekte angehören und mit einem Waschlappen auf dem Kopf an energetisch aufgeladenes Wasser glauben. Chihiro ist in einem schwierigen Prozess zwischen Ablösung und Bindung, Ablehnung und Versöhnung. Auch in der Schule ist es durch Mobbing des Lehrers schwierig. Bei Thomas hat die Darstellung der Sekte als eher dämlich aber auch eher harmlos etwas getriggert und einen offenbar sehr empfindlichen Punkt berührt – er sieht hier das große Problem, dass der Film Sekten gegenüber keine Haltung zeigt. Das hat Lucas ganz anders wahrgenommen. Wer die Nerven hat, fast 20 Minuten meinungsstarken Streit zwischen Lucas und Thomas zu hören, bitte, hier ist die Gelegenheit. Zwischendurch und am Ende findet Andras immerhin in diesem Schlagabtausch moderierende Worte. Wir haben den Film auf Nippon Connection 2022 gesehen. Und keine Bange: Die heftige Diskussion hat das freundschaftliche Verhältnis zwischen Lucas und Thomas nicht getrübt :-)
Folge 1187: Nobuhiro Doi WE MADE A BEAUTIFUL BOUQUET Kuckucksei-Folge mit Johannes und Lucas (NipponConnection2022)

06.02.2023 13 min Lucas und Johannes

Ein junger Mann (Masaki Suda) und eine junge Frau (Kasumi Arimura) verpassen beide den letzten Zug, lernen sich kennen, haben den gleichen Popkulturgeschmack und verlieben sich. Nach einer unbeschwerten Zeit folgt die Realität – er will in seinem Job Karriere machen und Salaryman werden, sie glaubt weiter an Romantik und Selbstverwirklichung. Aus der romantischen Komödie wird ein Beziehungsdrama. Der Film lässt dabei Raum, beiden Partnern zu folgen, sich ein eigenes Bild zu machen und denkt die RomCom zuende – bis zur Trennung. Lucas und Johannes haben den Film auf Nippon Connection 2022 gesehen und haben diese Kuckucksei-Folge direkt nach dem Film aufgenommen. Kuckucksei-Folge, weil diese SchönerDenken-Episode ganz ohne SchönerDenken entstanden ist. Das ist schon unsere vierte Kuckucksei-Folge – damit haben wir wohl das Nippon Connection-Podcast-Spiel endgültig durchgespielt :-) Vielen Dank an Lucas und Johannes! <3
Folge 1186: Kensaku Kakimoto PARASITE IN LOVE feat. Malte, Lucas, Steffen und Johannes (NipponConnection2022)

05.02.2023 12 min

Ein junger Mann und eine junge Frau mit unterschiedlichen psychischen Krankheiten, die ein Zusammenleben eigentlich unmöglich machen, verlieben sich. Die Ursache: ein Parasit, der die Anziehung auslöst. Eine Manga-Verfilmung, die immer dann überzeugt, wenn sie überdreht in der Darstellung und in den Spezialeffekten. Kensaku Kakimotos Film ist Liebesgeschichte, Science-Fiction, Drama und Komödie, schlingert aber unentschlossen durch seine Themen. Das zentrale Thema wird nicht auserzählt: Ist die Liebe nur eine chemische Reaktion, nur eine parasitäre Krankheit? Und würde sie das weniger wahr machen? Schwierig ist vor allem, dass wir als Zuschauer hier in die Situation kommen über Menschen mit psychischen Krankheiten zu lachen. Dafür ist der Film aber einfach zu grob gestrickt. Wir haben den Film mit gemischten Gefühlen auf Nippon Connection 2022 gesehen und direkt nach dem Film waren am Mikrofon: Malte (SneakyMonday), Steffen (Vilmferrückt), Lucas (Longtake), Johannes (Untersicht) und Thomas.
Folge 1185: Yujiro Harumoto A BALANCE feat. Lucas, Johannes und Andras (NipponConnection 2022)

04.02.2023 13 min Usual Suspects

Yuko (Kumi Takiuchi) ist eine junge Journalistin, die eine Reportage dreht über Mobbing an einer Schule, eine Schülerin und ein Lehrer haben sich getötet, es geht um sexuellen Missbrauch, Drohungen, Lügen und Vertuschungen. Ihre Suche nach der Wahrheit kollidiert mit der Vorgabe der Redaktion, quotenwirksam Schuldige an den Pranger zu stellen. Eine wahrheitsgemäße Darstellung der Geschehnisse spielt für den Sender keine Rolle. Und niemand kommt auf die Idee, dass Täter öffentlich gemacht werden müssen. Yuko, die wirkt als wolle sie die Welt retten, gerät immer mehr ins Schlingern, je näher sie der Wahrheit kommt. Regisseur Yujiro Harumoto setzt diese Geschichte in langen Einstellungen und mit viel Handkamera in Szene, er lässt die Uhren laut ticken. Das lässt nicht nur die erzählte Zeit spürbar werden, sondern auch die Länge des Films (153 Minuten). Beim ersten Schauen nicht überzeugend. Direkt nach dem Film am Mikrofon: Lucas Barwenczik (Longtake), Johannes, Andras und Thomas.
Folge 1184: Shinichiro Ueda POPRAN feat. Matthias und Lucas (NipponConnection2022)

04.02.2023 10 min Lucas, Matthias und Thomas

Ein Mann steht eines Tages ohne seinen Penis da. Sein bestes Stück hat sich selbstständig gemacht und fliegt blitzschnell durch die Lüfte. Nur sechs Tage bleiben, um den Penis wieder einzufangen. In erster Linie eine Metapher darauf, wenn man sein „mojo“ verloren hat – dann geht es zurück in die eigene Vergangenheit, um sich über sich selbst und die eigenen Fehler klarzuwerden. Dann erst kann es gelungen, den blitzschnellen Penis einzufangen. Im Grunde ist es eine japanische Komödienversion von Dickens‘ Weihnachtsgeschichte. Wir haben viel gelacht über Shinichiro Uedas neuen Film, aber vermissen natürlich den formalen Spielwitz von Uedas ONE CUT OF THE DEAD. Wir haben den Film auf NIPPON CONNECTION 2022 gesehen. Direkt nach dem Film am Mikrofon: Lucas Barwenczik, Matthias und Thomas.
Folge 1183: DECISION TO LEAVE (DIE FRAU IM NEBEL) Unerfüllte Sehnsucht

01.02.2023 13 min Johanna, Katharina, Heidi und Thomas

Ein Krimi, ein film noir, eine Liebesgeschichte, ein Melodram, eine Komödie, voller Bezüge zum US-Schwarzweisskino der 1940er und 1950er Jahre – und doch ist Park Chan-wooks Film etwas ganz eigenes, etwas einzigartiges. Typisch für einen film noir ist die Kombination des Polizisten, der versucht das Richtige zu tun, und der charismatischen femme fatale, die unter Verdacht steht. Der Polizist Hae-jun (Park Hae-il) glaubt, dass die Witwe Seo-rae (Tang Wei) ihren Mann ermordet hat. Während er der Wahrheit näher kommt, kommt er auch der aus China stammenden Seo-rae immer näher. Die kleinen Gesten, die Wortwechsel, die koreanisch-chinesischen Sprachspiele, die Perspektiven – Chan-wooks Inszenierung ist einfallsreich und überraschend und gibt der Geschichte eine enorme Intensität. Im Podcast direkt nach dem Film sind die Üblichen Verdächtigen sehr beeindruckt und diskutieren über Ameisen auf der Kameralinse, über grafische, konstrastreiche Bilder, über das Flimmern zwischen den Genres, über brillante, komische Momente, über eine enorme emotionale Präsenz, über die großartigen Darsteller, über die Inszenierung und Mehrdeutigkeit des Essens und des Kochens, über die Liebe zu allen Figuren, über Handcreme, Bratäpfel und Jackentaschen. Alle wollen den Film noch einmal sehen. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Capitol-Kino: Katharina, Johanna, Heidi und Thomas.
Folge 1182: BABYLON – IM RAUSCH DER EKSTASE: Die Anspruchsarschbombe von Hollywood

28.01.2023 14 min Usual Suspects

Niemand ist so verrückt, einen Film über die Magie des Films zu machen, wenn der Film selbst keinen Hauch Magie verströmt. Niemand würde sich selbst so überschätzen, einen Kinofilm zu drehen mit dem Anspruch jetzt das allerletzte, finale, letztgültige Schlusswort zum Thema Kino zu verkünden. Dieser Niemand ist Damien Chazelle. Es ist aufregend, Chazelle zuzuschauen, wie sein Film an den Ambitionen seines Regisseurs zerbricht. Worum geht? Zwischen großen Parties, die mit viel zu vielen und daher wirkungslosen nackten Brüsten und wackelnden Popos bevölkert sind, gibt es eine unaufgeräumte Handlung um vier Protagonisten: einen Stummfilmstar a la Douglas Fairbank, der am Tonfilm scheitert, eine junge, wilde, drogensüchtige Schauspielerin, die an sich sich selbst scheitert, einen begnadeten farbigen Trompeter, der nicht schwarz genug ist und einen mexikanischen Tausendsassa, der sich in die falsche Frau verliebt. Statt den Zwischentönen dieser interessanten Figuren Raum zu geben, werden sie immer wieder von großem Getöse und Massenszenen zur Seite geschoben, wie die zarte Annäherung zweier Frauen, die von einem Riesenrüpel mit dem Schrei „Arschbombe“ rüde auseinandergedrängt werden. Immer, wenn die Geschichte zart und besonders wird, lässt jemand die Hose herunter, springt Margot Robbie hysterisch und mehr oder weniger nackt durchs Bild oder es wird mit einer Schlange gekämpt oder mit einem Alligator oder jemand kotzt literweise dem Gastgeber eines eleganten Empfangs ins Gesicht. Es ist schade um wunderbare, einzelne Szenen, um witzige Einfälle, um Küsse vor dem Sonnenunte...
Folge 1181: LAST OF THE WOLVES feat. Matthias und Lucas (#Japanuary2023 NipponConnection2022)

22.01.2023 5 min Matthias, Lucas und Thomas

Thomas hatte große Erwartungen, denn der Vorgänger BLOOD OF WOLVES hatte überzeugt. Den Nachfolger LAST OF THE WOLVES haben wir auf Nippon Connection 2022 gesehen und waren direkt nach dem Film etwas ersoffen im (Film-)Blut. Der Film ist einfallsreich in der expliziten Gewaltdarstellung, hat starke Darsteller:innen und ist sehr gut inszeniert. Er ist aber auch verworren in seiner Handlung zwischen den verfeindeten Yakuzas und braucht zwischendurch sogar erklärende Texttafeln. Über die kraftvolle Erfüllung der Genre-Anforderungen hinaus hat der Film keine Bedeutung, die wir beim ersten Sehen hätten erkennen können. Direkt nach dem Film am Mikrofon: Lucas Barwenczik, Matthias und Thomas.Diese Episode erscheint als Beitrag im Japanuary 2023.
Folge 1180: HOLY SPIDER - Ein Mörder wird als Held gefeiert

21.01.2023 16 min Johanna und Thomas

In einer Gesellschaft, in der Frauen nur eine Lebensberechtigung haben, wenn sie die Gesetze der Männer ohne Abweichung befolgen, in einer solchen Gesellschaft wird einem psychopathischen Serienmörder applaudiert, der Prostituierte ermordert. In der als heilig bezeichneten Stadt Mashhad ist Saeed in der Nacht mit seinem Motorrad unterwegs und lauert auf seine Opfer. Die Journalistin Rahimi (beeindruckend: Sahra Amir Ebrahimi) will die Wahrheit über den Spinnenmörder herausfinden und erkennt schnell, dass die Polizei keine große Hilfe ist. Auch bei den Polizisten gelten die Opfer nur als wertlose Junkies und Huren. Als „wertlos“ bezeichnet ein Polizist auch die Journalistin, als er sie in ihrem Hotelzimmer belästigt. Rahimi geht als Lockvogel selbst auf die Straße, bis der Spinnenmörder tatsächlich mit seinem Motorrad vor ihr auftaucht … Viel stärker als die Thrillerhandlung brennen sich die Szenen ein, die den iranischen Gottesstaat als frauenverachtendes Unrechtsregime zeigen: Frauen dürfen für sich allein kein Hotelzimmer buchen, sie dürfen nicht ohne Kopftuch gesehen werden und wenn sie als Journalistin arbeiten, sind sie ständig Anfeindungen ausgesetzt. Intensiv wird Abbasis Film nach der Festnahme des 16-fachen Mörders: religiöse Gruppen unterstützen den Mörder offen, es gibt Demonstrationen, die ihn als Helden feiern und seine Freilassung fordern, auch viele Menschen in der Nachbarschaft solidarisieren sich mit dem Mörder. Saeed wird sogar eine Befreiung versprochen, nachdem er zum Tode verurteilt wurde. Abbasis Film beruhrt auf einer wahren Begebenheit und er be...
Folge 1179: Keisuke Yoshida: INTOLERANCE feat. Patrick Torma journalistenfilme.de (#Japanuary2023)

19.01.2023 31 min Patrick und Thomas

Zum ersten Mal bei SchönerDenken zu Gast: Patrick Torma, Journalist, Blogger und Podcaster – zurecht berühmt geworden mit journalistenfilme.de. Wir sprechen über Keisuke Yoshidas INTOLERANCE, den wir auf Nippon Connection 2022 gesehen haben. Der Film hat einen nachhaltigen Eindruck auf Patrick und Thomas gemacht. Es geht um eine Schülerin, die von den Mitschülern ignoriert und vom cholerischen Vater nicht verstanden wird. Als sie im Supermarkt verdächtigt wird, etwas geklaut zu haben, flieht sie in Panik, der junge Marktleiter wie der Teufel hinter ihr her. Ihre panische Flucht endet in einem grausamen und tödlichen Verkehrsunfall. Der bärbeißige Vater will den Schuldigen zur Rechenschaft ziehen. Auch die anderen Kleinstadtbewohner und vor allem die anreisende Sensationspresse will einen Schuldigen an den Pranger stellen: eine der Unfallfahrerinnen gerät ins Visier, vor allem aber der junge Marktleiter. Mit Patrick diskutiert Thomas über die Rolle der Presse, die 24 Stunden am Tag die Beteiligten verfolgt, über das Ausschlachten von Wut und Trauer der Betroffenen, über sinnentstellende, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate und über das Anstacheln der öffentlichen Hysterie. Irgendwann zieht die Pressemeute weiter, für ihr Verhalten werden die Sensationsjournalisten nicht zur Rechenschaft gezogen. Patrick und Thomas reflektieren eigene berufliche Erfahrungen, dass Konflikte Auflage und Quote bringen. Begeistert sind beide von Arata Furuta als von Wut und Trauer zerfressener Vater. Diese Episode erscheint als Beitrag im Japanuary 2023.
Folge 1178: UNRUH - Maximal entschleunigtes Kino

16.01.2023 11 min Johanna und Thomas

Anarchie bedeutet, eine herrschende Ordnung in Frage zu stellen, denn Herrschaft ist keine Legitimation. Und wenn die Ordnung keinen Sinn macht, wird sie nicht als Ordnung akzeptiert. Für die Uhrmacherinnen 1877 im Berner Jura bedeutet es, eine Krankenversicherung für Frauen und Kinder selbstverwaltet aufzubauen, es bedeutet, den gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu fordern. Für den russischen Anarchisten Pyotr Kropotkin bedeutet es, von Behörden und Firmen komplett unabhängig eine sehr genaue Karte vom Berner Jura anzufertigen, open street map sozusagen. Dass diese Karte aufgehängt wird, ist der Action-Moment des Films, dass Josephine Gräbli erklärt, wie eine Unruhe in einer Uhr funktioniert, ist sozusagen der erotische Höhepunkt dieses Schweizer Films, der zweite Film von Cyril Schäublin. Sein Konzept für UNRUH ist ebenfalls anarchistisch. Er beansprucht nicht die Deutungshoheit über die Geschichte als historische Wahrheit und er beansprucht nicht die Deutungshoheit über den Blick der Zuschauer. Er lässt uns diese Freiheit, gibt uns Totalen dieser Welt, in der die handelnden Figuren klein und oft am Rande gesucht und gefunden werden müssen. Schäublin verzichtet auf ein Narrativ, er gibt uns Mosaikstücke, einzelne Szenen, einzelne Dialoge, aus denen sich eine Idee abzeichnet. Die Idee, dass es eine Welt geben könnte, die vernünftiger und gerechter wäre als der Kapitalismus und freier als der Sozialismus. Johanna und Thomas haben im Palatin in Mainz eine Aufführung gesehen, die durch die Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung freien Eintritt hatte – ...
Folge 1177: TRIANGLE OF SADNESS - "Über den Wolken!"

07.01.2023 15 min Usual Suspects

Wir hatten es schon vor dem Film geahnt, dass Geld Macht bedeutet. Und dass der Kapitalismus soziale Gerechtigkeit und Würde zum Frühstück frisst. Also keine neuen Erkenntnisse in Ruben Östlands Komödie TRIANGLE OF SADNESS. Aber die Superreichen und Schönen, den Irrsinn von extremem Überfluss und Oberflächlichkeit so vorgeführt zu bekommen, ist natürlich ein großer Spaß. Spätestens wenn das Kapitänsdinner bei sehr schwerer See stattfindet und die allermeisten Gäste ihre Austern mit Kaviar nicht mehr bei sich behalten können. Aber es kommt noch schlimmer, viel schlimmer, die Verhältnisse ändern sich und jede und jeder muss seine Rolle neu finden. Im Podcast sprechen wir über starke Darsteller:innen, politische Zitate, Matriarchat und Verzicht auf Subtilität und erklären, was das „Dreieck der Traurigkeit“ eigentlich ist. Was wir im Podcast vergessen haben zu erwähnen: Wie grandios Iris Berben mit den immer gleichen drei Worten eine riesige Bandbreite an Emotionen abdeckt. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Kathrin, Johanna, Heidi, Katharina und Thomas.
Folge 1176: THE BANSHEES OF INISHERIN - Vom Ende einer Freundschaft

05.01.2023 22 min Johanna und Thomas

Die Hölle, das sind die Anderen. Die Anderen auf einer kleinen, armen irischen Insel 1923. Patrick und Colm sind ewig schon befreundet, als Colm (Brendan Gleeson) dem jüngeren Padraic (Colin Farrell) die Freundschaft kündigt. Ohne ersichtlichen Grund, naja, weil Padraic langweilig ist und Colm sich nur noch auf das Komponieren konzentrieren will, um wenigstens etwas musikalische Unsterblichkeit zu bekommen. Und Colm meint es ernst: Er droht sich jedes Mal einen Finger abzuschneiden, wenn Padraic ihn anspricht. Und man kennt irische Inselbewohner schlecht, wenn man glaubt, Colm würde das nicht durchziehen. Die Situation eskaliert und gerät außer Kontrolle, als ein kleiner Esel ins Spiel kommt … Vielleicht geht es aber gar nicht so sehr um Freundschaft und um Padraic, vielleicht geht es einfach um die tiefe Verzweiflung von Colm. Vielleicht ist die Freundschaft zu Padraic der erste Finger, den sich Colm abschneidet. Martin McDonagh, der als Regisseur mit IN BRUGES und THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI bereits Kultstatus erreicht hat, bietet uns hier eine düstere, tragikomische Geschichte, die mit schwarzem Humor vom Scheitern sozialer Beziehungen erzählt: Von der Ladenbesitzerin, die lieber die Welt brennen sieht als auf Klatsch zu verzichten, vom menschenverachtenden Polizisten, der seinen Sohn misshandelt, von eben diesem verzweifelten Sohn Dominic (Barry Keoghan), der unglücklich verliebt ist und von der einzigen Person auf der Insel, die noch bei klarem Verstand ist: Patricks Schwester Siobhan (Kerry Condon). Jenseits der exzellenten Schauspieler:innen und der...
Folge 1175: POWWOW: Das Filmblogger-Filmpodcaster-Frühstück (Nippon Connection 2022)

24.12.2022 18 min Nippon Connection All Stars

Es ist eine der wunderbaren Traditionen von Nippon Connection, dass sich die Blogger und Podcaster freitags zu einem Frühstück treffen – zum sogenannten Powwow. 2020 und 2021 konnte das Festival nur online stattfinden (war dabei aber sehr erfolgreich), 2022 konnten wir endlich wieder nach Frankfurt kommen und uns sehen. Wie immer nehmen wir beim Frühstück eine Vorstellungsrunde auf, bei der jede und jeder von den Highlights des bisherigen Festivals berichtet. Viel Spaß beim Hören! In den Kapitelmarken kann man sehen, wer 2022 dabei war: 00:00 Start/Begrüßung 00:23 Die Melanie 00:55 Johannes (Untersammlung) 02:34 Fang Yi 03:11 Lucas (Longtake) 06:03 Helena (Sneaky Monday / bedroom disco) 06:54 Malte (Sneaky Monday / bedroom disco) 08:43 Daniel (Altstadtkino) 13:22 Andras 15:04 Thomas (SchönerDenken) 17:55 Ende Über diese Filme haben wir gesprochen:A Madder RedEurekaIntoleranceInu-OhJust The Two Of UsLet Me Hear It BarefootMein Nachbar TotoroMelting SoundsMy Brother, The Android And MeNinja GirlOkabre Plays A Page Of MadnessParasite In LovePopranSalarymanSatoshi KON – The IllusionistSensei, Would You Sit Beside MeSmall, Slow But SteadyTalking The PicturesTargetThe Mole Song: FinalThe Sunday RunoffThey Say Nothing Stays The SameWe Made A Beautiful BouquetWheel Of Fortune And FantasyText und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken
Folge 1174: AVATAR - THE WAY OF WATER – Das blaue Wunder

16.12.2022 14 min Usual Suspects

Selten hat bei einem Film die Vorerwartung so haargenau getroffen wie hier: 1. Die Story wird eher dünn sein, vielleicht sogar dünner als beim ersten AVATAR. Check. 2. Man muss sich den Film auf jeden Fall in 3D auf der großen Leinwand anschauen, denn die Illusion wird beeindruckend sein. Check. Und damit ist eigentlich schon fast alles gesagt. Etwas genauer gesagt: Die Story ist kaum vorhanden: Mann flieht mit seiner Familie, Mann wird von seinem Feind eingeholt, Mann muss sich dem Kampf stellen, Vater-Sohn-Konflikte werden angedeutet. Fertig. Mehr ist nicht da. Gefühle gibt es nur auf einer Klischee-Ebene. Die Feinde sind fast ohne den Hauch einer Schattierung blutrünstige, geldgeile, schwerbewaffnete Söldner und Unternehmer, die indigene Völker, deren Lebensraum und intelligente Meeresbewohner vernichten – also wir. Und die Guten sind sexy Indianerschlümpfe – jetzt in der schwimmfähigen Variante. Über deren Kultur, über deren Vergangenheit erfahren wir nichts – sie sind einfach nur unsere Projektion der edlen Wilden, naturverbunden, naiv, ein klein bisschen doof. So wie wir es uns vorstellen. Keine Schrift, keine Tempel, keine Eigenschaften, die fundamental anders wäre als bei Erdbewohnern. Das ist kein Worldbuilding, das ist eine blau angemalte Stereotypenmaschine. Dazu kommt in den wenigen Dialogen ein gelinde gesagt konservatives Weltbild an die Oberfläche („Der Vater ist der Beschützer“) und der Held ist immer noch der White Saviour, der schon wieder die edlen Wilden anführen muss. Das ist unoriginell, ideenlos, altbacken. Trotzdem eine grandiose Kino-Erfahrung:...
Folge 1173: VIOLENT NIGHT - "Das meiste machen die Rentiere"

10.12.2022 8 min Tom und Thomas

David Harbour hat uns in diesen Film gelockt und er ist großartig. David Harbour, nicht der Film. Einige Pointen kommen sehr gut, gerade auch die aus DIE HARD und HOME ALONE geklauten Gags. Aber aus der vielversprechenden Prämisse wird nicht herausgeholt, was möglich gewesen wäre – vor allem der Spagat zwischen zu süßer Weihnachtsromantik und expliziter Gewalt lässt Tom und Thomas direkt nach dem Kino fragen: Für welche Zielgruppe ist der Film gedacht? Die Idee stammt von den Drehbuchautoren Pat Casey und Josh Miller schon aus den 1990er Jahren: Der Pitch unter dem Titel DIE HARD SANTA war bestimmt überzeugender als der Film. Nach vier Weihnachtsbier kann man bestimmt über die Schwächen hinwegsehen und sich ganz auf David Harbour konzentrieren. Denn der ist Sahne. Wie immer.
Folge 1172: SHE SAID - Das Ende der Unantastbarkeit

06.12.2022 15 min Usual Suspects

Es ging nicht nur darum einen Vergewaltiger zu stoppen, einen sehr erfolgreichen Mann, der seine Macht ausgenutzt hat, um junge Frauen, die von ihm abhängig waren, zu belästigen, auszunutzen, sich an ihnen zu vergehen und ihre Leben zu zerstören. Es ging auch auch darum, das System aufzudecken, dass diesen Mann über Jahrzehnte geschützt hat – ein System von Drohungen und Schweigeverträgen, an dem viele beteiligt waren, Mitarbeiter, der Vorstand seiner Firma, Detektive und Anwälte. Und wer sich wehrte, dessen Karriere war vorbei. Alle, die es versucht hatten, waren daran gescheitert, die Wahrheit über den unantastbaren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein zu veröffentlichen. Erst den beiden Journalistinnen Megan Twohey und Jodi Kantor ist es gelungen – ihre Recherche in der New York Times und der Mut der Frauen, die ihre Geschichte erzählt haben, beendete das frauenverachtende System Weinstein. Maria Schraders Film konzentriert sich auf die langwierige, harte Arbeit, auf die Recherche, auf die Arbeit der Journalistinnen, die Geduld, die Rückschläge, die Zweifel, die unzähligen Telefonate. Dabei entwickelt der Film eine sogartige Wirkung: Während auf der Bildebene nur zwei Frauen hin und her laufen und telefonieren, steigt die Spannung immer weiter und erreicht Höhepunkte, wenn ein Stapel Papier auf einen Tisch gelegt wird oder ein Handy auf einem Tisch zurückgelassen wird. Der Film zeigt das Aufeinandertreffen völlig verschiedener Vorstellungen. Während die Monstrosität Weinsteins für ein mitleidloses, ausbeutendes, toxisches Patriarchat steht, verkörpern die Journalistinnen...
Folge 1171: GLASS ONION - Ein neues Knives Out Mystery

25.11.2022 11 min Johanna, Harald, Tom und Thomas

Rian Johnson ist es gelungen mit KNIVES OUT das Agatha-Christie-Konzept ins 21. Jahrhundert zu übersetzen: clever, flott, witzig und eine tolle Bühne für starke Schauspieler:innen. Der zweite Teil, GLASS ONION, wiederholt das Konzept des ersten Teils: Der großartige Daniel Craig als Benoit Blanc, ein Verbrechen, alle Anwesenden mit Mordmotiv und Gelegenheit, diesmal sogar wie einst in DAS BÖSE UNTER SONNE auf einer Insel, abgeschnitten vom Rest der Welt. Statt aber die Zeit um 100 Jahre zurückzudrehen wie Kenneth Brannagh in seinen Agatha-Christie-Neuverfilmungen, gelingt es Rian Johnson, typische Figuren unserer Gegenwart aufzustellen und zu sezieren: ein Elon-Musk-ähnlicher Milliardär, ein Twitch-Influencer, kognitiv eingeschränkte Promis, Politiker auf dem Weg nach oben. Mit dem ersten Teil kann GLASS ONION nicht ganz mithalten, aber das ist immer noch exzellente Unterhaltung – ein wunderbarer Filmabend. Am Mikrofon direkt nach dem Film diskutieren Johanna, Harald, Tom und Thomas über Paul McCartneys Gitarre, über Kate Hudsons Blicke, über Zielgruppen und dritte Teile.
Folge 1170: AMSTERDAM - Die beste Zeit unseres Lebens

18.11.2022 11 min Usual Suspects

Es gibt viele Gründe, die gegen den Film AMSTERDAM sprechen: die langen Dialoge, die auch das erklären, was man schon gesehen und verstanden hatte. Dazu die zusätzlichen Erklärungen durch die Off-Stimme des Erzählers und dass der Film zu oft gegen die Regel „Show. Don’t tell.“ verstößt. Es ist rätselhaft, warum der Film sich dennoch so gut anfühlt. Vielleicht liegt es am beeindruckenden Ensemble: Chris Rock, Anya Taylor-Joy, Zoe Saldana, Mike Myers, Michael Shannon, Timothy Olyphant, Taylor Swift, Matthias Schoenaerts, Alessandro Nivola, Rami Malek und Robert De Niro – und das sind nur die Nebenrollen. In den Hauptrollen: Christian Bale, Margot Robbie und John David Washington. Vielleicht liegt es auch an der Bildstimmung, die an Wes Anderson erinnert, vielleicht an den Gesangseinlagen der Veteranen. Man möchte den Film auf jeden Fall noch einmal schauen – und sich wieder zurücklehnen und lächeln. Dabei geht es im Film (nach einer wahren Begebenheit) um Leben und Tod: Zwei Soldaten und eine Krankenschwester freunden sich im Ersten Weltkrieg an, eine Freundschaft, die alle Gefahren überdauern wird. Sie helfen sich gegenseitig aus der Patsche und geraten dabei in eine riesige Verschwörung, die angesichts der aktuellen Politik in den Vereinigten Staaten erschreckend aktuell anmutet. Um zu verstehen, was das mit Glasaugen, Vogelbeobachtung und Sterilisierungen zu tun hat, sollte ins Kino gehen. Im Mainzer Programmkino Palatin dabei und direkt nach dem Film am Mikrofon waren: Heidi, Bettina, Kathrin, Hendrik und Thomas.
Folge 1169: DER HAUPTMANN - Vollmacht von ganz oben. Ganz oben.

15.11.2022 17 min Bettina und Thomas

Die monströsen Verbrechen im Dritten Reich aus der Täterperspektive zu zeigen, das war die Absicht von Robert Schwentke. Er erzählt die weitgehend wahre Geschichte eines Gefreiten, der fahnenflüchtig oder versprengt, hinter der Front in einem Koffer eine Hauptmannsuniform findet, sich als Offizier mit Befehl vom Führer persönlich ausgibt und im Chaos der letzten Kriegstage andere Soldaten unter sein Kommando bringt. Mit herrischem Auftreten verhindert er, dass er kontrolliert wird. Aber aus der Köpenickiade wird ein absurdes Abschlachten. Den falschen Hauptmann (Max Hubacher) verschlägt es in einer Sammellager von Gefangenen. Dort beginnt er willkürlich oder als Standgericht Gefangene zu erschießen oder erschießen zu lassen. Grotesk, erschreckend, erschütternd sind die Schwarzweissbilder von Robert Schwentke, dabei fast zu schön. Der Hauptmann wird immer sicherer und grausamer, seine Männer verlieren ihre Gewissensbisse, wenn sie welche hatten oder fallen in einen Blutrausch. Im Podcast direkt nach dem Film vor dem Kino diskutieren Bettina und Thomas, wie der Film geworden wäre, wenn Frederick Lau den falschen Hauptmann gespielt hätte, über Distanz durch Schwarzweiss, über die Illusion von Regeln und Ordnung und über die Enden des Films. Sie sind sich dabei sicher, dass sich die Verbrechen dieses selbsternannten Schnellgerichts unter ähnlichen Bedingungen wieder ereignen können. Zumindest in Deutschland. Gesehen haben wir den Film auf dem Filmfestival FILMZ in Mainz 2022 und spoilern ausnahmsweise.
Folge 1168: BLACK PANTHER - WAKANDA FOREVER – Das Tabu von Tod und Trauer

13.11.2022 14 min Johanna, Tom und Thomas

Der tragische Tod von Chadwick Boseman hat eine große Karriere beendet, als sie gerade richtig angefangen hatte. Millionen Zuschauer hatten sich darauf gefreut, den so talentierten und so charismatischen Schauspieler in den nächsten Jahrzehnten in vielen Hauptrollen zu sehen. Auch Kevin Feiger und Ryan Coogler hatten mit ihm und Black Panther großes vor. Sie haben sich gegen eine Neubesetzung der Rolle entschieden und eine neue Geschichte konzipiert, eine Geschichte, wie es sie im Unterhaltungskino selten gibt, über Trauer, Wut, Verzweiflung, Rache, über den Tod und über den Versuch neu zu beginnen. Dabei zeigt der Film immer wieder eine Ernsthaftigkeit und eine Schwere in der Trauer um Back Panther/T’Challa, dass man den Eindruck hat, die Trauer um Chadwick Boseman ist in diesen Film eingeflossen. Das haben wir nicht erwartet. Und wir haben auch nicht erwartet, dass der Film sich so klar und unüberhörbar mit Kolonialismus und der politischen Realität der Ressourcenkriege auseinandersetzt. Wir haben nicht gerechnet mit der Leichtigkeit, mit der der Film zu 98 Prozent auf weiße Darsteller verzichtet oder damit, dass fast alle klugen und fast alle kämpfenden Charaktere schwarze Frauen sind. Es war verdammt an der Zeit. Repräsentation ist wichtig, so viel wichtiger als die meisten weißen Zuschauer denken, für die bisher fast alle Filme gemacht worden waren. Shuri, T’Challas Schwester, kann ihren Bruder nicht retten, der in den ersten Minuten des Films an einer unbekannten Krankheit stirbt. Während die Trauer Shuri (Letitita Wright) und Königin Ramonda (phänomenal: Angela B...
Folge 1167: CRIMES OF THE FUTURE - Ins eigene Fleisch geschnitten

03.11.2022 18 min Kathrin, Hendrik, Tom und Thomas

Ohne Zweifel ein schöner, visuell kraftvoller Film mit einem großartigen Score von Howard Shore und beeindruckenden Schauspielern. Aber es ist völlig unklar, was uns Cronenberg sagen will mit seinem Film über eine Welt ohne Schmerzen und Infektionen, eine Welt, in der Operationen der neue Sex sind. Ohne eine Figur, die eine Brücke in diese Welt bietet, bleibt der Film kühl und distanziert: Mord einer Mutter an ihrem eigenen Kind bildet den Auftakt, ein Verbrechen, das in der in der Welt des Films wenig Aufregung verursacht. Was bedeutet die Selbstverstümmelung, was bedeuten die Mutationen? Ist ein Plastik essendes Kind eine Botschaft über unsere eigene plastikverseuchte Welt? Viele Fragen, wenig Relevanz. Diese Bodyhorror-Perle wirkte auf uns direkt nach dem Film wie aus der Zeit gefallen, schön, aber ohne Bedeutung. Am Mikrofon direkt nach dem Kino mit dem ersten Eindruck: Kathrin, Hendrik, Tom und Thomas.
Folge 1166: BLACK ADAM - Eine filmische Abrissbirne

29.10.2022 6 min Peter, Tom und Thomas

Warum? Warum haben wir uns diesen Film angetan? Wir hätten es besser wissen müssen. Wir und DC, das wird nichts mehr. Dwayne The Rock Johnson hat über Jahre viel investiert, um diese Rolle zu übernehmen. Aber das ganze Drehbuch ist ein einziger dramaturgischer Auffahrunfall: Die ersten 10 Minuten sind sterbenslangweiliges „Tell Don’t Show“. Black Adam lag 4.600 Jahre begraben. Mit dem Zauberwort Shazam wird er wieder mit seinen Superkräften ausgestattet. Dann taucht die „Justice Society“ auf, mit einer Parodietruppe (ich kann es nicht anders nennen), die Black Adam unter Kontrolle bringen will. Motivation der Figuren? Charakter? Entwicklung? Fehlanzeige. Die wenigen Pointen sind eher lauwarm und oft auffallend schlecht gesetzt. Lediglich Sarah Shahis Figur einer resoluten Professorin, die den Superhelden die Leviten liest, kann überzeugen. An den Darsteller:innen (Dwayne Johnson, Pierce Brosnan, Sarah Shahi, Djimon Hounsou, Viola Davis, Henry Cavill) hat es nicht gelegen. Es wird einen weiteren BLACK ADAM geben. Er kann nicht schlechter werden. Aber vielleicht begräbt man die Idee auch besser wieder für die nächsten 4.600 Jahre. Im Podcast brauchen Tom, Peter und Thomas nur wenige Minuten für diesen Film. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Black Adam USA 2022, 125 Min., Regie: Jaume Collet-Serra
Folge 1165: SOLARIS - Der Mensch braucht nur den Menschen

24.10.2022 23 min Johanna und Thomas

Wir suchen da draußen im Kosmos intelligente Außerirdische, einen zweiten Planeten – oder Gott. Aber wir werden uns nur selbst finden – und wenn wir eine fremde Intelligenz finden, werden wir sie nicht verstehen. Stattdessen wird sie uns spiegeln, unsere innersten Ängste, unsere Erinnerungen aus uns herausholen. Genau das beschreibt Stanislaw Lem in seinem Roman SOLARIS und Tarkovsky in seiner Verfilmung 1972: Die Männer aus der Station werden mit Verkörperungen ihres Unterbewussten konfrontiert, Doppelgänger, die nur wissen, was in der Erinnerung lag, Doppelgänger, die leben und atmen und unsterblich sind. „Gäste“ nennen die Wissenschaftler sie. Der Psychologe Kris Kelvin (Donatas Banionis) wird auf die Station geschickt, um zu entscheiden, was zu tun ist. Aber es geht ihm wie den anderen Männern. Aus seiner Erinnerung taucht seine ehemalige Freundin Hari auf, die sich nach der Trennung getötet hatte. Jetzt will Kris es besser machen, aber Hari ist genauso verzweifelt wie in seiner Erinnerung … Direkt nach dem Film reden Johanna (die den Film zum ersten Mal gesehen hat) und Thomas über lange Kameraeinstellungen und noch längere Straßen in Akasaka (Tokio), über Kleider, die man aufschneiden muss, über männliche Perspektiven und die Verarbeitung gescheiterter Beziehungen, über verdichtete philosophische Gespräche (wo ist Daniel Brockmeier, wenn man ihn braucht?), beeindruckendes Raumstationsdesign, noch beeindruckenderes Kostümdesign und Foreshadowing durch Orgelmusik. Gesehen haben wir den Film in der digital restaurierten Fassung im russischen Original mit deutschen Un...
Folge 1164: BOHNENSTANGE - Keine Heilung

21.10.2022 18 min Johanna und Thomas

Zwei Frauen in Leningrad haben den Krieg überlebt, eine als Soldatin, eine als Krankenschwester – beide sind versehrt und tragen mehr oder weniger sichtbare Narben. Ija, dünn und sehr groß (daher der Spitzname Bohnenstange), kümmert sich um den kleinen Sohn ihrer Freundin Mascha. Aber sie ist überfordert und erst spät versteht man als Zuschauer ihre Anfälle und ihre Krankheit. Auch die, die den Krieg überlebt haben, sterben, nicht für jeden gibt es eine Zukunft. Und manchmal ist der Tod gnädiger als das Leben. Maschas Kind stirbt und Ija soll ein neues Kind für Mascha auf die Welt bringen. Das soll die beiden traumatisierten Frauen aus ihrer Verzweiflung herausführen und alles heilen. Wir wissen aber, dass es keine Heilung gibt. Regisseur Kantemir Balagow findet für diese düstere Geschichte überraschend farbenfrohe Bilder oder zeigt einmal nur Stiefel statt Menschen, um uns nicht mit Gesichtern abzulenken. Starke Regie und wirklich beeindruckende Darstellerinnen, vor allem Wiktoria Miroschnitschenko als Bohnenstange Ija und Wassilissa Perelygina als ihre Freundin Mascha. Im Podcast direkt nach dem Film reden Johanna und Thomas über toxische Beziehungen, bekleidete Sexszenen und nackte Frauen, stilles Leid und Inzidenzmusik. Gesehen haben wir den Film im Kommunalen Kino in Mainz, dem Cinemayence. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Musik von Johannes Klan Bohnenstange (Dylda) R 2019, 137 Min., Regie: Kantemir Balagow
Folge 1163: TAUSEND ZEILEN - zu schön, um wahr zu sein

17.10.2022 19 min Johanna, Bettina und Thomas

Es war klar, dass Michael Bully Herbig nicht der geeignetste Regisseur ist, um aus dem Skandal um Claas Relotius einen hochwertigen Thriller wie SHATTERED GLASS oder SPOTLIGHT zu erschaffen. Aber es ist dann doch erschreckend, wie leicht und seicht Bully hier eine harmlose Familienkomödie um einen der größten Journalistenskandale der letzten 50 Jahre bastelt. Worum geht es? Juan Romero (aka Juan Moreno) arbeitet mit dem preisgekrönten Überfliegerreporter Lars Bogenius (aka Claas Relotius) und stellt fest, dass an Bogenius Geschichte etwas nicht stimmt. Er recherchiert und stößt auf ein riesiges Lügengebäude. Aber die Chefs der Chronik (aka Der Spiegel) wollen nicht auf ihn hören. Also gräbt Romero tiefer … Herbig verzichtet auf den Thrill der Geschichte – die potentielle Spannung der schrittweisen Enthüllung wird verschenkt, stattdessen konzentriert sich Herbig auf die zum Teil gelungene Ebene der Familienkomödie. Auch das Niveau von SCHTONK als Mediensatire oder der kluge Witz der Komödien von Adam McKay werden überhaupt nicht erreicht. Im Podcast direkt nach dem Film grübelt Bettina über die Hintergründe von Claas Relotius und die Schuldfrage nach und erinnert an den Skandal um LOVE MOBIL. Thomas bleibt hartleibig: Für Relotius/Bogenius gibt es keine Entschuldigung – nicht zu lügen ist die Kernkompetenz, die Grundvoraussetzung für die Arbeit als Journalist:in. Was im Film wahr ist und was für den Film erfunden worden ist, bleibt dann auch noch völlig unklar. Danke an Bettina und Johanna, die im strömenden Regen vor dem Palatin ausgeharrt haben – alles für den Podcast!...
Folge 1162: DON'T WORRY DARLING - Die eigene Welt erschaffen

15.10.2022 13 min Usual Suspects

Es ist ein Traum von einer Welt: die 1950er Jahre – Alice und Jack leben in der Victory-Siedlung in der Wüste, luxuriös, perfekt, aber abgeschieden vom Rest der Welt. Die Männer dürfen nicht über ihren Job reden, die Frauen kümmern sich gefügig um Haushalt und Kinder, drinken Cocktails mit den Nachbarinnen und führen ein sorgloses Leben. Eigene Entscheidungen aber können sie nicht treffen. Alice fällt auf, dass etwas nicht stimmt in dieser Welt. Als ihre Freundin Margaret paranoid wird, fängt sie an zu zweifeln … Als Zuschauer kann man sich einen Spaß daraus machen, die vielen Vorbilder und Zitate in diesem dystopischen aber bunten Science-Fiction zu finden: THE STEPFORD WIVES, TRUMAN SHOW oder WELT AM DRAHT. Olivia Wilde nutzt die Twisttechnik von M. Night Shyamalan und erschafft eine wunderschöne Welt, deren Bedrohlichkeit immer stärker spürbar wird. Der Kopf des Victory-Projects ist Frank – offenbar inspiriert vom umstrittenen Psychologen Jordan Peterson – sehr beeindruckend gespielt von Chris Pine. Die Szenen zwischen Chris Pine und Florence Pugh gehören zu den Highlights des Films. Im Podcast direkt nach dem Film gehen die Meinungen auseinander: Sind die Rollenbilder von Frauen und Männern nicht zu simpel? Sind die Träume der Männer tatsächlich so primitiv? Fehlt das „Geheimnis“? Fast alle der Üblichen Verdächtigen empfinden den Film als langatmig oder sogar langweilig und vermissen Substanz und Relevanz. Thomas ist als einziger überzeugt vom Film – er lobt die Atmosphäre der Bedrohung, die Bildkraft und das gebremste Erzähltempo. Für ihn ist die simple und höchst r...
Folge 1161: SOY CUBA - Ein wiederentdecktes Meisterwerk – featuring Tom (filmsucht.org)

09.10.2022 92 min Tom von Filmsucht und Thomas

Für einen ganz besonderen Film braucht man einen besonderen Gast: SOY CUBA bespricht Thomas mit Tom Schünemann, der kluge Kopf hinter filmsucht.org – eines der informativsten und schönsten deutschsprachigen Filmblogs. Tom kannte SOY CUBA bereits, für Thomas war es eine Neuentdeckung, als ein Ausschnitt der legendären Plansequenz auf Twitter gepostet wurde. Anderthalb Stunden haben wir uns Zeit genommen, um uns dem lange Zeit vergessenenen Meisterwerk SOY CUBA anzunähern, einem sowjetischen Propagandafilm über die Vorgeschichte der kubanischen Revolution, gedreht direkt nach der Revolution. Die Sowjetunion schickte mit dem Regisseur Michail Kalatosov und dem Kameramann Sergei Urussewski die besten ihrer Zunft nach Kuba, ausgestattet mit Geld und umfangreicher Ausrüstung, die als Förderung der kubanischen Filmkultur dort blieb. Zwei Jahre dauerten die Dreharbeiten für den Film, der weder bei den Russen noch den Kubanern gut ankam – den Russen war er zu naiv, den Kubanern nicht positiv genug auf Kubas Zukunft ausgerichtet. Und so verschwand der Film, um erst Anfang der 1990er Jahre wieder aufzutauchen. Scorsese und Coppola waren begeistert und entschlossen sich, eine Neuveröffentlichung zu produzieren. Das Besondere an SOY CUBA ist seine visionäre Bildsprache und bahnbrechende Kameraarbeit: Kalatosov und Urussewski nutzen viele verschiedene filmische Mittel, um die immersive und emotionale Wirkung der Bilder zu verstärken. Den tiefsten Eindruck hinterlässt eine atemberaubende Plansequenz, die den Trauerzug für einen ermordeten Studenten zeigt. Die Kamera startet am Sarg, m...
Folge 1160: VESPER - Überleben nach dem Ende der Welt

07.10.2022 14 min Johanna und Thomas

In der nahen Zukunft wird die Menschheit versuchen gegen ökologische Katastrophen synthetische Biologie einzusetzen – die biogenetischen Maßnahmen scheitern vollständig. Alle Tiere, fast alle essbaren Pflanzen werden ausgelöscht, stattdessen entstehen feindliche, giftige Pflanzen. Die wenigen verbliebenen Menschen kämpfen ums Überleben. Im Mittelpunkt des Films steht das Mädchen Vesper (Raffiella Chapman), sie versucht die biosynthetischen Veränderungen zu verstehen und versucht ihren todkranken Vater zu beschützen. Dabei hält sie Abstand zum grimmigen Anführer Jonas (Eddie Marsan) und verheimlicht vor ihm, dass sie ein Mädchen (Rosy McEwen) gefunden hat, das aus der Zitadelle kommt, wo Menschen über Technik und Wohlstand verfügen. Die Zitadelle tauscht mit den Menschen „draußen“ sterilisiertes Saatgut gegen Blutkonserven … Der litauische Near-Future-Science-Fiction ist ebenso erschreckend realistisch in seiner Saatgut-Prognose wie in seiner Darstellung der menschlichen Gesellschaft nach dem Zusammenbruch der wirtschaftlichen und öffentlichen Ordnung: Über Technologie verfügende Gruppen werden sich isolieren von den Menschen, die den katastrophalen Lebensbedingungen ungeschützt ausgeliefert sein werden. Dabei beweist der Film einen enormen Erfindungsreichtum und beeindruckende Gestaltungskraft: Die neuen Pflanzen sind ebenso furchterregend wie wunderschön, sie leuchten, beißen, streicheln und saugen den Menschen das Blut aus. Noch schlimmer aber ist der Kampf der Menschen untereinander, der Verlust von Moral und Menschlichkeit. Dabei deutet der Film auch sexuelle Gewalt...
Folge 1159: SALARYMAN (Nippon Connection 2022) feat. Lucas Barwenczik (Longtake)

05.10.2022 27 min Lucas und Thomas

Ein Blick von außen auf Japan und seine Büroangestellten, die Salarymen: Die costa-ricanische Künstlerin und Fotografin Allegra Pacheco stolpert im wahrsten Sinne des Wortes über die Angestellten, die in ihren Businessanzügen auf dem Bürgersteig schlafen, weil sie betrunken die letzte Bahn nach Hause verpasst. Im Debütfilm erklärt sie sich selbst und uns diese Welt und kommt den Menschen als blonde Fremde erstaunlich nah. Die Salarymen werden sichtbar zwischen Samuraiselbstbild, Loyalität, Überforderung, Alkoholismus, Enttäuschung und Entfremdung von ihren eigenen Familien. Lucas hat da einen sehr kritischen Blick und vermisst die Intensität und den Anspruch von SALESMAN von Albert und David Maysles und Charlotte Zwerin von 1969. Thomas sieht den Film eher als visuell anspruchsvolle Reportage, der es gelingt den Status Quo darzustellen und eine sehr gute Einführung in das Thema bietet, auch wenn daraus keine These folgt. Ein versöhnliches Streitgespräch direkt nach dem Film.
Folge 1158: STAR TREK II DER ZORN DES KHAN – Khaaaaaaaaaaan!

27.09.2022 15 min Hendrik, Tom und Thomas

STAR TREK II: DER ZORN DES KHAN in einer Sonder-Wiederaufführung auf der großen Leinwand! Der Zorn des Khan das Star Trek-Franchise gerettet – sagt Tom, und damit hat er wohl recht. Nach dem anstrengenden und nicht so recht geglückten STAR TREK THE MOTION PICTURE war STAR TREK II DER ZORN DES KHAN wieder ganz nah bei der Serie und auch ursprünglich als Fernsehproduktion geplant. Der Film greift mit Khan einen der interessantesten Star Trek-Bösewichte wieder auf: Khan. Ricardo Montalban übernahm erneut die Rolle des genetisch optimierten Übermenschen, der noch eine Rechnung mit Kirk offen hat und so kommt es zwischen Khan und Kirk zum Duell der größten Egos im ganzen Alphaquadranten. Leider wurde bei der Wiederaufführung der Directors Cut gezeigt, der uns viel länger vorkam als die zusätzlichen vier Minuten. Im Podcast direkt nach dem Film reden Hendrik, Tom und Thomas über gesammelte Kinokarten und den Kinobesuch 1982, über den Hardcorekommunisten Spock, Matte Paintings, den Mutara-Nebel, Western und Over Acting.
Folge 1157: TENET - Die Trümmer des kommenden Krieges

04.09.2022 15 min

Christopher Nolan ist bekannt dafür, dass seine Filme einer klaren Struktur folgen wie die Ergebnisse einer mathematischen Formel. Das führt zu spannenden Resultaten, über die viel diskutiert und gestritten wird. Bei Interstellar hat Thomas sogar mit sich selbst gestritten, siehe hier und hier. Bei TENET geht Nolan besonders konsequent vor: Er nimmt das Genre und die Regeln des großen Agentenfilms als Spielfeld und lässt darauf seine Schachfiguren, vor allem den „Protagonisten“, Zug für Zug um den Sieg kämpfen. Aber Nolan spielt natürlich 3-D-Schach, oder besser 4-D-Schach in TENET, denn er bringt eine neue Spielregel mit, die unseren Verstand herausfordert: Was wäre, wenn wir unter bestimmten Bedingungen nicht an die Linearität der Zeit gebunden wären. Und wie würden Geheimagenten damit umgehen? TENET gelingt eine hochspannende Fusion aus SF und Agentenfilm, die auch dank seiner herausragenden Schauspieler:innen John David Washington, Robert Pattinson und Elizabeth Debicki. Washington und Pattinson zeigen die Professionalität, Coolness und die Empathie ihrer Helden und Elisabeth Debicki bringt eine starke, emotionale Ebene. Direkt nach dem Heimkino sprechen Hendrik und Thomas im Podcast über ihren ersten Eindruck und Tom über seinen dritten Eindruck – und Hendrik erklärt, warum der Film TENET heißt und der Antagonist Sator. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Bild: © 2020 Warner Bros. Home Entertainment Tenet USA 2020, 150 Min., Buch und Regie: Christopher Nolan
Folge 1156: GLÜCKSRAD (Nippon Connection 2022) feat. Fang Yi, Kinomensch und Andras

01.09.2022 16 min Usual Suspects

Regisseur Ryusuke Hamaguchi hat mit DRIVE MY CAR seinen endgültigen internationalen Durchbruch geschafft. Auf DEM japanischen Filmfestival, Nippon Connection in Frankfurt am Main, haben wir in diesem Jahr seinen Episodenfilm GLÜCKSRAD – noch unter dem Titel WHEEL OF FORTUNE AND FANTASY – sehen können. In den drei kammerspielartigen Episoden geht es um Liebe, um Täuschung und um das Aussprechen von Wahrheiten. In jeder Episode steht eine Frau im Mittelpunkt: Eine Frau wird mit der neuen Frau des Ex konfrontiert – eine Frau konfrontiert einen Schriftsteller mit dessen eigener literarischer Erotik, eine Frau findet eine alte Liebe wieder, findet sie nicht, findet sie doch … Wir waren alle direkt nach dem Film sehr berührt und beeindruckt und finden ganz unterschiedliche Worte dafür. Am Mikrofon mit dem frischen, allerersten Eindruck: Fang Yi, Kinomensch Lucas, Andras und Thomas. Wir bitten die zwischen auftretenden Tonstörungen durch die starken Windböen zu entschuldigen. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Bild: © 2022 Film Kino Text Glücksrad (Gozen to sozo / Wheel of Fortune and Fantasy) Japan 2021, 121 Min., Buch und Regie: Ryusuke Hamaguchi
Folge 1155: PREY - Unterschätze nie die Jägerin

28.08.2022 9 min Harald, Tom und Thomas

Die Komantschin Naru will sich als Jägerin bewähren. Dafür muss sie sich aber nicht nur gegen die männlichen Jäger durchsetzen, die sie nicht ernst nehmen, sondern auch einen Initationsritus durchstehen: Die Jagd auf ein Raubtier. Doch statt eines Pumas oder schlimmer noch eines Bären, muss sich Naru eines übermächtigen Jägers erwehren, der aus dem All gekommen ist, um Trophäen zu sammeln. Der Predator weiß zu kämpfen, aber Naru weiß zu überleben … Die Selbstverständlichkeit, mit der die Komantschin Naru einfach nur eine junge Frau ist, die zu ihren eigenen Bedingungen erwachsen werden will, ist beeindruckend. Keine Prinzessin, nicht vom Schicksal auserwählt oder durch magische Kräfte gedopt, nein, Naru ist einfach nur klug und fit, sie ist gut vorbereitet, sie schaut genau hin, schätzt die neue Gefahr vor allen anderen richtig ein, behält die Nerven und kämpft trotzig und einfallsreich ums Überleben. Ellen Ripley und Naru – sie hätten sich gut verstanden. Naru ist eine Heldin, mit der man sich gerne identifiziert – großartig verkörpert von Amber Midthunder, die Lakota-Wurzeln hat. Der Film selbst ist mit seinen 92 Minuten Nettolaufzeit geradlinig erzählt und zitiert gerade im richtigen Maß John McTiernans Film von 1987. Regisseur Trachtenberg baut die Spannung geschickt auf – auch unterstützt von Sarah Schachner sehr gutem Score und den unerwartet schönen, manchmal sehr ruhigen Bildern von Jeff Cutter (Kamera). Direkt nach dem Heimkino sprechen Tom, Harald und Thomas über ihren fast ausnahmslos sehr positiven, ersten Eindruck von PREY. Text und Podcast stehen unter d...
Folge 1154: TARGET (Nippon Connection 2022) feat. Patrick Torma (journalistenfilme.de)

27.08.2022 24 min Patrick und Thomas

In Japan findet Geschichtsrevisionismus statt. Ein Kriegsverbrechen wird seit vielen Jahren von der rechtskonservativen Regierung Japans verharmlost und tabuisiert: die Vergewaltigung, Folterung und Tötung tausender Mädchen und jungen Frauen in den von Japan im Zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten, vor allem in Korea. Berichterstattung über die so genannten „Comfort Women“ wird unterdrückt. Das ist der Hintergrund des Dokumentarfilms TARGET von Shinji Nishijima. Rechtskonservative regierungsnahe Gruppen greifen den Journalisten Takashi Uemura an, weil er 1991, also vor zwanzig Jahren, über die Comfort Women und die Zeugenaussage einer überlebenden „Trostfrau“, der Koreanerin Kim Hask-sun, geschrieben hatte. Seine Artikel werden als erfunden und erlogen angeprangert, er wird öffentlich angegriffen, seine Hochschule, an der er Professor war, lässt ihn fallen: Die Hokusei Gakuen University in Sapporo bittet Uemura um Kündigung. Es gibt Morddrohungen gegen Takashi Uemura. Der Film zeigt seine Versuche, gegen die Beschuldigungen zu klagen. Thomas hat sich für dieses düstere und komplexe Thema kompetente Unterstützung geholt und begrüßt als Gast den filmbegeisterten Journalisten Patrick Torma. Patrick ist nicht nur ein großartiger Gesprächspartner sondern vor allem auch der Gründer des bekannten und extrem lesenswerten Blogs und hörenswerten Podcasts journalistenfilme.de. Mit ihm diskutiert Thomas u.a. darüber, ob die Vorwürfe gegen Takashi Uemura und die Zeitung Asahi Shimbun berechtigt sind und inwiefern der Dokumentarfilmer Shinji Nishijima bei der Begleitung von Uemura u...
1153: NOPE - I will make a spectacle of you

23.08.2022 14 min Johanna, Hendrik, Harald und Thomas

Jordan Peele hat sein Ziel erreicht. Er hat sich als Markenzeichen etabliert und er steht für hochwertig produzierte, doppelbödige Horrorfilme. Nach GET OUT und US war also schon klar, welches Genre auf uns zukommt und der Trailer zeigte bereits eine Art UFO, das besonders gefährlich ist, wenn man hinschaut. Vordergründig erzählt Peele eine spannende Geschichte aus dem Genre Creature-Horror. Für den Pferdetrainer OJ (Daniel Kaluuya) geht es darum, den Tod seines Vaters zu rächen und darum will er verstehen, was wirklich geschieht. Seine temperamentvolle Schwester Em (Keke Palmer) sieht auch die Chance auf Ruhm und Reichtum. Also muss der Gegner nicht nur besiegt, sondern auch auf Film gebannt werden. Parallel zu dieser spannenden Handlung zeigt uns Jordan Peele das tragische Ende einer Sitcom, in der ein Schimpanse Menschen angreift und nur den Jungen verschont, der ihn nicht anschaut. Damit öffnet Peele die Tür zu weiteren Ebenen seines Films. Es geht um unsere Gier nach Unterhaltung und Spektakel, um die einzig wahre Währung Aufmerksamkeit, aber auch um Rassismus, darum vor dem weißen (!) Monster, das sich als Herrscher des Tals fühlt, besser die Augen zu senken – ein Monster, das die bunten (!) Fahnen wieder ausspuckt. Direkt nach dem Film loben Johanna, Hendrik, Harald und Thomas die Spannung und versuchen sich einen ersten Reim auf Jordan Peeles neuen Film zu machen. Unseren ersten Eindruck von Jordan Peeles GET OUT könnt Ihr Euch hier anhören. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Musik von Johannes Klan NO...
Folge 1152: BULLET TRAIN - Genau nach Fahrplan

13.08.2022 7 min Usual Suspects

Ein Auftragskiller bekommt wie gewünscht einen sehr leichten Auftrag: Einfach einen Koffer aus dem Zug von Tokyo nach Kyoto stehlen. Aber so einfach ist es nicht für den Killer mit dem schönen Codenamen „Ladybug“ (Marienkäfer): Der ganze Zug ist voller Freaks, die an sein Leben und an den Koffer wollen. Die Frage lautet: Ist Ladybug (großartig: Brad Pitt) ein Pechvogel oder ein Glückspilz? Zugegeben: Den Shinkansen und einige japanische Darsteller nutzt der Film nur als exotische Kulisse. Und der Spaß an der expliziten Gewalt erinnert manchmal an Tarantino. Aber jeder Pathos wird mit traumwandlerischer Sicherheit aufgelöst, die Gewalt transzendiert ins Cartoonhafte und nicht jeder, der stirbt, ist auch tot. Etwas Straffung hätte dem Film bestimmt gut getan, aber dennoch ist aller sehr unterhaltsam. Im Podcast direkt nach dem Film ist Tom not amused, Gabriele dagegen sehr. Desweiteren am Mikrofon: Peter, Harald und Thomas.
Folge 1151: THOR: LOVE AND THUNDER – „Eat My Hammer!“

10.08.2022 8 min Usual Suspects

Thor ist in einer Midlife-Crisis: In der Meditation langweilt er sich, bei den Guardians redet er viel von Team, rettet den Tag aber alleine. Nichts passt für ihn zusammen, bis der Götterschlächter Gorr auftaucht (großartig: Christian Bale), ein Mann, der in seinem Rachedurst Gewalt über Schattenmonster gewonnen hat. Im Kampf gegen Gorr ist Thor nicht allein, er kämpft zu seiner bleibenden Irritation mit „Mighty Thor“ und unter diesem Helm steckt: Dr. Jane Foster. Während in der ersten Hälfte Komik angesagt ist, wird es in der zweiten Hälfte düsterer. Auch Taika Waititi hat im gefühlt zweihundertsten MCU-Film einige Mühe, irgendwie das Rad neu zu erfinden. Thomas hatte dennoch großen Spaß und hat sich weggeworfen beim weißen Röckchen von Zeus, Peter war auch weitgehend zufrieden. Und der Rest der Üblichen Verdächtigen? Aber so gar nicht. Im vergnüglichen und meinungsstarken Podcast direkt nach dem Kino am Mikrofon: Gabriele, Johanna, Peter, Harald, Tom und Thomas. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Bild © Walt Disney Motion Pictures 2022 Musik von Johannes Klan Thor: Love and Thunder USA, 2022, 119 Min., Regie: Taika Waititi
Folge 1150: MEN - Wir Männer sind die Monster

08.08.2022 12 min Johanna, Tom und Thomas

Regisseur Alex Garland rechnet mit seinen Geschlechtsgenossen ab: In MEN befreit sich Harper Marlowe (großartig: Jessie Buckley) aus ihrer abusiven Beziehung und Ehe. Ihr vor der Trennung stehende Ehemann James schlägt sie, entwendet ihr Smartphone und stürzt vor ihren Augen in den Tod – es bleibt offen, ob er sich umbringen wollte oder einfach beim Versuch bei ihr einzubrechen abgestürzt ist. Harper flieht aufs Land – aber sie nimmt das Trauma mit und das, was die patriarchale Gesellschaft den Frauen in dieser Situation mitgibt: Hättest Du nicht mehr Verständnis haben müssen? Wenn Du nicht auf die Trennung bestanden hättest, würde Dein Mann noch leben. Du trägst Schuld. Ihr Trauma projeziert sich in jeden Mann, denn sie in ihrem Rückzugsort auf dem Land trifft: Jeder Mann sieht irgendwie gleich aus: Der kauzige, zu Beginn sehr freundliche Vermieter, der verständnislose Polizist, der trotzige, aggressive Junge, der lüsterne Priester und ein rätselhafter, nackter Waldmann – alle sehen aus wie Rory Kinnear. Und über kurz oder lang werden sie alle zu einer tödlichen Bedrohung für Harper, zu einer sich selbst wiedergebärenden Monstermaschine. Vor der Leinwand weiß man nicht, was einen mehr erschreckt: die egomanische Selbstgerechtigkeit des toxischen Ehemannes, die ekelerregende Lüsternheit des Pfarrers, der alle Frauen als verführende Huren beschimpft, oder der kalte Sadismus des Jungen. Alex Garland verzichtet auf jede Subtilität: Wir Männer sind alle gleich, wir unterscheiden uns nur in Art und Ausmaß der Bedrohung – das ist die Botschaft, die er mit der Wucht eines Vor...
Folge 1149: TOP GUN MAVERICK - Very Great Balls Of Fire In The Danger Zone

02.08.2022 15 min Gabriele, Harald, Tom und Thomas

TOP GUN: Das steht für übertriebenen Pathos, für eine selbstverliebte Männlichkeit, für Nationalstolz, kerosinhaltige Kriegsbegeisterung und Rekrutierungsbüros vor amerikanischen Kinos. Für dämliche Dialoge, Klischee und Kitsch. Aber auch für die verboten traumschönen Bilder von Tony Scott, für gute Schauspieler und für einen unvergesslichen Soundtrack. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass TOP GUN zurückkehren würde. Und vor allem hätte ich nicht gedacht, dass das Sequel gelingen könnte, dass TOP GUN MAVERICK ein guter Film werden könnte. Das Rezept: Die guten Elemente übernehmen: Tony Scotts Inszenierung wird von Joseph Kosinski liebevoll kopiert und imitiert, die Bilder sind fantastisch. Dazu Rückblenden zu Anthony Edwards am Klavier. Und dann die verkackten Elemente weglassen: Vor allem die super-dämlichen Dialoge. Aus dem jungen narzisstischen spätpubertierenden Pilotenarschloch, der Frauen bis in die Damentoilette verfolgt und belästigt, ist ein alter Flugverrückter geworden, der Frauen anständig behandelt (charismatisch: Jennifer Connelly!) und darum kämpft, dass die jungen Piloten, die ihm anvertraut wurden, überleben. Dazu eine emotionale Vater-Sohn-Geschichte, die Rückkehr von Iceman. Dann nur noch Tom Cruise ins Cockpit setzen und „Highway to the Danger Zone“ voll aufdrehen und schon läuft der Film rund. Wir hätten es nicht gedacht. Am Mikrofon direkt nach dem Film vor dem Kino: Gabriele, Harald, Tom und Thomas. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Bild © Paramount 2022 Musik von Johannes Klan Top Gun...
Folge 1148: DR. STRANGE IN THE MULTIVERSE OF MADNESS – Es passiert zu viel und es geschieht zu wenig

05.07.2022 12 min Tom und Tom

Nachdem wir SPIDER-MAN: NO WAY HOME nachgeholt hatten, ging es ins Kino, um DR. STRANGE IN THE MULTIVERSE OF MADNESS zu sehen. Regie: Sam Raimi. Das versprach klassische Horrorelemente, die es mitunter auch gab, aber Sam Raimi hat dem Film nur stellenweise seinen Stempel aufgedrückt. Insgesamt ist es ein typischer Vertreter der aktuellen MCU-Phase: Viel Handlung, viele Figuren, viele Zusammenhänge, viele Anspielungen, vielleicht alles etwas viel für einen Film. Der wie immer charismatische Benedict Cumberbatch darf gleich mehrere Versionen des Dr. Strange spielen, denn es öffnen sich die Tore zwischen den Multiversen. America Chavez, eine sympathische junge Dame, kann Portale öffnen und nutzt diese Fähigkeit, um vor einem Monster zu fliehen, dass der Dr. Strange unserer Welt aufhalten kann. Dr. Strange wendet sich an Wanda Maximoff, bzw. Scarlet Witch und es entspannt sich ein dramatischer Ablauf um das Zauberbuch Darkhold, um Wandas Kinder Tommy und Billy, um die Zauberburg Kamar-Taj, Wong und Traumwandeln, um Baron Mordo und sein Sanctum Sanctorum, um Polykarbonat-Gefängnisse, um Christine Palmer und die Illuminati (Captain Carter, Black Bolt, der König der Inhumans, Captain Marvel alias Maria Rambeau, Reed Richards alias Mister Fantastic und Professor Charles Xavier). Was das mit dem Buch von Vishanti, dem Zaubertempel auf dem Berg von Wundagore und der Zombieversion von Strange aus Erde 838 zu tun hat, wird im Film erklärt, Man muss nur genau aufpassen. Vor allem auf die Mid-Credit-Szene mit der mysteriösen Frau namens „Clea“. Im Podcast direkt nach dem Film versuc...
Folge 1147: SPIDER-MAN: NO WAY HOME - Wer bin ich und wenn ja wieviele?

25.06.2022 11 min Tom & Tom

Ein wesentliches Element für die meisten Superhelden ist ihre geheime Identität. Das Rätsel, wer dahinter steckt, macht sie erst attraktiv. (Es sei denn, man ist ein stinkreicher Unternehmer und Playboy und outet sich mit kindlicher Freude als Iron Man). Für Peter Parker ist es eine Katastrophe, als Spider-Man enttarnt zu sein. Und das inszeniert der Film in den ersten zwanzig Minuten temporeich und witzig. Peter Parker weiß sich nicht mehr anders zu helfen – er sucht Hilfe bei Dr. Strange. Der ist arrogant genug zu glauben, er könne das Raumzeitmultiversendingsbums manipulieren, ohne dass sich die Grenzen der Welten öffnen und Spiderman es mit allen Bösewichtern gleichzeitig aufnehmen muss. Aber Spider-Man ist nicht alleine – und besonders sein unerwartetes Team haben Tom und Tom viel Spaß gemacht. Die beiden haben sich den Film im Wohnzimmer auf die Wand gebeamt und hatten einen sehr vergnügten Abend. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken (Direkter Download der Episode über rechte Maustaste) Bild © Sony Pictures Entertainment Deutschland Musik von Johannes Klan Spider-Man: No Way Home USA, 2021, 148 Min., Regie: Jon Watts
Folge 1146: ONE OF THESE DAYS - Die Kinder des Kapitalismus

18.06.2022 11 min Johanna und Thomas

Kyle (Joe Cole) ist einer der Verlierer, er arbeitet hart, wenn er einen Job findet, seine Freundin ebenso. Aber sie kommen im texanischen Nirgendwo kaum über die Runden. Als sein alter Wagen den Geist aufgibt, schämt er sich zu sehr, um es zuzugeben. Ein Mann, der sich noch nicht einmal ein Auto leisten kann? Der Kapitalismus lässt seine Kinder vielleicht verhungern, aber er hat immer eine trügerische Hoffnung im Angebot: Ein Autohändler verschenkt einen nagelneuen Pickup an den Mann oder die Frau, die am längsten ununterbrochen die Hand am Auto halten kann – ohne Schlafpausen. Es kommen diejenigen, die keine andere Chance mehr sehen, es kommen diejenigen, die eine ganze glückliche Zukunft in dieses Auto projezieren. Und während die Armen und Verzweifelten Tag und Nacht am Auto stehen, sind sie die Attraktion für die Schaulustigen, die diese Demütigung (noch) nicht nötig haben. Oft gibt es gar keine Zuschauer, außer ihrer Betreuerin Joan (Carrie Preston). Das sind dann die dunkelsten und einsamsten Momente. Regisseur Bastian Günther inszeniert dieses Kammerspiel rund um den Pickup in intensiven Einstellungen, wir sind den Menschen und ihrer Traurigkeit sehr nah. Und am Ende beginnt der Film für ganz besondere 20 Minuten noch einmal von vorne … Johanna und Thomas haben den Film im CAPITOL gesehen – in Anwesenheit des Regisseurs Bastian Günther, der erklärte, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruht und erinnerte das Publikum an den Film „They shoot horses, don’t they?“ von Sydney Pollack (1969), der einen Tanzmarathon zeigt, bei dem das letzte noch tanzende Paar...
Folge 1145: BELLE (Nippon Connection 2022) feat. Helena, Malte (SneakyMonday) und Steffen (Vilmferrückt)

11.06.2022 12 min Helena, Malte, Steffen und Thomas

Mamoru Hosoda hat sich viel vorgenommen: Ein Coming-of-Age-Film über Suzu, die ihre Mutter verloren hat, ein Film über Faszination und Gefahren eines virtuellen Metaversums (hier heißt es „U“) und ein Film über das vielschichtige Motiv eines hübschen Mädchen und einem gefährlichen Mann, der seine Identität hinter einer Maske verbirgt (Die Schöne und das Biest). Nicht überraschend ist die kunsthandwerkliche Perfektion – aber der Einfallsreichtum und die so noch nicht gesehene bunte Bildermacht in der Darstellung der virtuellen Welt ist einfach umwerfend. Aber die besondere Qualität liegt in den nachvollziehbaren Charakteren, zu denen wir in zwei Stunden Film eine Beziehung aufbauen. Dabei spielen schwierige Themen wie die Identität in einer virtuellen Welt, die Gefahren der Social Media-Kommunikation und vor allem Gewalt gegen Kinder eine Rolle. Die Botschaft lautet am Ende: Das in einer virtuellen Welt gewonnene Selbstvertrauen kann helfen, die Herausforderungen im realen Leben zu bestehen. Im Podcast sind Helena und Malte von Sneaky Monday mit Thomas einig: Ein großartiger Film. Steffen von Vilmferrückt stellt kritische Fragen.
Folge 1144: LET ME HEAR IT BAREFOOT (Nippon Connection 2022) feat. DieMelanie und Andras

28.05.2022 5 min Die Melanie, Andras und Thomas

Man wünscht sich, dass die sehr talentierte Regisseurin Riho Kudo einfach ihren sehr guten Szenen und Bildern vertrauen würde. Aber sie dehnt und wiederholt die Elemente, bis der eigentliche Film dahinter verschwindet. Im Zentrum stehen zwei junge Männer, die sich zueinander hingezogen fühlen. Aber sie haben nicht den Mut, sich ihre Liebe einzugestehen und auszuleben. Stattdessen flüchten sie sich in Raufereien und Kämpfe, um sich zu spüren und nahe zu sein. Ein großartiges Bild, wenn es nicht bis zum Überdruss gedehnt und wiederholt würde. Im Podcast trauern DieMelanie, Andras und Thomas einer robusten Schnittfassung nach.
Folge 1143: MY BROTHER, THE ANDROID AND ME (Nippon Connection 2022) feat. Lucas, Malte und Andras

28.05.2022 9 min Malte, Andras, Lucas und Thomas

MY BROTHER, THE ANDROID AND ME kombiniert viele Versatzstücke des Gothic-Horror-Genres: Das Frankensteinmotiv, neues Leben zu erschaffen, das Doppelgängermotiv der phantastischen Literatur, das Spukhaus, das Labor, der verrückte Wissenschaftler … Kaoru ist hochbegabt und soll an der Universität nicht nur lehren sondern auch Roboter für den Straßenbau entwickeln. Stattdessen arbeitet er daran, eine Androidenkopie von ihm selbst zu erstellen – vielleicht in der Hoffnung, sich dann selbst aus dem Leben zurückziehen zu können. Immer wieder versagt ihm dabei das rechte Bein seinen Dienst, als wäre es eine defekte Prothese. In Wirklichkeit leidet Kaoru an einer Wahrnehmungsstörung: Er ist überzeugt, dass sein Bein ein Fremdkörper ist und will es loswerden. Aus der einst florierenden Privatklinik seines Vaters wird bei Kaoru ein Horrorhaus mit Labor. Junji Sakamoto setzt diese Geschichte mit sicherem Stilgefühl um: Es regnet unablässig, der großgewachsene Kaoru in dunklem Regenmantel mit Kapuze wirkt selbst wie Frankensteins Monster, selbst das Radfahren wirkt gruselig. Im Podcast direkt nach dem Film weht nach Mitternacht ein scharfer Wind (den man auf der Aufnahme etwas hören kann). Lucas (Longtake), Malte (Sneaky Monday) Andras und Thomas sprechen über die dichte Atmosphäre, über Musik und das Verlorensein des Protagonisten und des Zuschauers.
Folge 1142: ANY CRYBABIES AROUND? (Nippon Connection 2022) feat. DieMelanie und Malte

26.05.2022 5 min Melanie, Malte und Thomas

Ein Entwicklungsroman ohne Entwicklung? Tasuku ist überfordert, seine Freundin hat gerade ein Mädchen zur Welt gebracht und der Verantwortung scheint er nicht gewachsen zu sein. Als er sich dann auch noch beim örtlichen Maskenkult vor laufenden Kameras bis auf die Knochen blamiert, haut er ab nach Tokio. In Takuma Satos Film lernt der Protagonist aber wenig dazu und das prägt auch seine Rückkehr nach mehr als zwei Jahren … Im Podcast reden DieMelanie, Malte und Thomas übers Erwachsenwerden und über Bräuche, die niemand braucht. Nach dem Spoileralarm beschreibt Malte das durchaus spannende Ende des Films.
Folge 1141: SMALL SLOW BUT STEADY (Nippon Connection 2022) feat. Kinomensch, Fang Yi, Johannes und Max

25.05.2022 19 min

Nippon Connection ist wieder ein Präsenzfestival und es startet mit Sho Miyakes Film SMALL SLOW BUT STEADY – ein Boxerdrama, um die gehörlose Keiko, die es geschafft hat, Profiboxerin zu werden. Aber sie hat nicht nur mit ihren Gegnerinnen zu kämpfen sondern auch mit ihrer Umwelt und mit sch selbst. Und dann droht auch noch ihr Gym zu schließen … Nach dem Film kam es wieder zu einem Stelldichein der Japanfilmverliebten: Lucas, Johannes, Fang Yi, Max und Thomas. Im ersten Eindruck loben sie die Stille des Films, die Geduld mit den Charakteren und die wundere 16-mm-Ästhetik. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken Musik von Johannes Klan Small Slow But Steady Japan 2022, 99 Min., Regie: Sho Miyake
Folge 1140: EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE: Die Leben, die hätten sein können

15.05.2022 12 min Johanna und Thomas

Es gibt anspruchsvolle Familiendramen, es gibt SF-Actionfilme, es gibt chaotische Ideensexplosionen. Die Daniels haben das alles untrennbar ineinander verwoben: Das berührende Familiendrama erzählt vom Scheitern der Kommunikation und vom Gefangenbleiben in Konventionen und Alltagskonflikten, bis der Film beginnt im wahrsten Sinne den Wortes die Grenzen des Universums zu sprengen, mit Jackie-Chan-Einlagen bis zur Nasenspitze ins Action-Genre zu springen, bevor sich in den verschiedenen Universen die grenzenlose Fantasie der beiden Regisseure Bahn bricht. Der Film ist übervoll an schrägen, surrealen Ideen, da haben plötzlich alle Menschen wabbelige Hotdogartige Finger oder unsere Protagonistin ist ein berühmter Filmstar oder … ein Stein. Vor allem aber gibt der Film einer älteren Frau mit chinesischer Migrationsgeschichte, also einer Figur, die auf der Leinwand wie in der Gesellschaft fast immer unsichtbar ist, ein Gesicht, eine Kraft und eine laute Stimme. Alle Darsteller tragen diese Geschichte, aber vor allem Michelle Yeoh ist in einer unerwarteten Vielgestaltigkeit sehr überzeugend – die perfekte Antagonistin: Jamie Lee Curtis als Steuerprüferin Deirdre. Da brennt die Leinwand zwischen diesen Frauen. Direkt nach dem Film, den wir im wunderbaren Capitol in Mainz gesehen haben, sortieren Johanna und Thomas in der 12-Minuten-Podcast-Episode erst einmal die vielen, vielen Eindrücke. Während Johanna auf die eine oder andere absurde Idee hätte verzichten können, hat Thomas vor allem die anarchistische Freiheit dieses Films genossen. Besonders empfehlenswert!
Folge 1139: NipponConnection 2022: Offizieller Festivalpodcast Nr. 9 – PROGRAMMHIGHLIGHTS

14.05.2022 59 min Florian Höhr und Thomas Laufersweiler

Herzlich willkommen zum offiziellen Podcast des japanischen Filmfestivals Nippon Connection 2022 – endlich darf das Festival wieder vor Ort stattfinden – mit etwa 100 Filmen vom 24. bis zum 29. Mai in Frankfurt am Main. Wir haben Programmchef Florian Höhr wieder in den Podcast eingeladen und sprechen mit ihm darüber, wie es sich anfühlt, wieder ein Festival für echte Menschen in echten Kinosäalen zu machen und über den Nippon Honor Award für den Schauspieler Masatoshi Nagase, der vielen aus Jarmuschs Mistery Train (1989) oder aus Kawases Kirschblüten und rote Bohnen (2015) bekannt sein wird. Wir reden über den Schwerpunkt Stories of Youth, über das Sekten- und Familiendrama Under The Stars (2020) von Tatsushi Omori, über Keita Fujimotos Just The Two of Us (2020) – hier spielt Nagase einen Querschnittsgelähmten. Wir reden über die Benshis (Stummfilmerzähler) in der Komödie Talking The Pictures (2019) von Masayuki Suo und über den lange ersehnten Yakuza-Thriller Last of the Wolves (2021) von Regisseur Kazuya Shiraishi. Mehr Informationen – auch zum Kartenvorverkauf und zum Onlinefestival vom 30. Mai bis zum 6. Juni erfahrt Ihr unter https://nipponconnection.com. (Normalerweise wäre Alexander Sobolla von den Abspannguckern ebenfalls im Podcast zu hören – er hatte auch bei den Vorbereitungen des Podcasts geholfen. Während der Aufnahme hat er sich um seine süßen Kinder gekümmert und konnte bei der Aufnahme nicht dabei sein. Liebe Grüße an Alex!)
Folge 1138: HAPPY DEATHDAY 2U: Und morgen schon wieder von vorne

21.04.2022 9 min Tom & Tom

Die hübsche blonde Studentin Tree hatte im ersten Teil HAPPY DEATHDAY den Tag ihrer Ermordung immer wieder erlebt. Im zweiten Teil HAPPY DEATHDAY 2U erfährt sie, wer wirklich dahinter steckte: Student:innen und Quantenphysikexperimente. Und schwupps gerät sie zum zweiten Mal in die Zeitschleife. Allein Jessica Rothe als angepisste Tree durch den Film stampfen zu sehen, ist pures Comedy-Gold. Noch mehr Tode, noch mehr Pointen und sogar ein Handlungsfaden mir emotionaler Tiefe – der zweite Teil setzt in jeder Hinsicht einen drauf. Beide Teile bilden zusammen ein perfektes Double-Feature für einen fröhlichen Heimkinoabend, finden Tom und Tom in der kurzen Podcastepisode. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken (Direkter Download der Episode über rechte Maustaste) Musik von Johannes Klan Happy Deathday 2U USA 2019, 101 Min., Regie und Buch: Christopher Landon
Folge 1137: HAPPY DEATHDAY: Und ewig grüßt der maskierte Mörder

20.04.2022 12 min Tom & Tom

Hübsche blonde Studentin, rausgeputzt für die nächtliche Party, wird von einem Maskierten verfolgt und mit einem langen Messer massakriert: Was wie SCREAM anfängt, entwickelt sich schnell zu einer Horrorkomödienvariante von GROUNDHOG DAY. Tree, unsere hübsche Blondine, durchlebt den Tag ihrer Ermordung immer wieder, egal, was sie tut. Bis sie versucht, ihren Mörder zu entlarven … Eine großartig aufgelegte Jessica Rothe als Tree trägt den Film, der sein Timing, seine Pointen und seine Genre-Elemente souverän im Griff hat. Ja, machmal ist der Anspruch so dünn wie das kurze Röckchen von Tree in der Nacht ihrer Ermordung. Aber in jeder Minute macht dieser familientaugliche Slasher einen Riesen-Spaß. Tom und Tom sprechen im kurzen Podcast direkt nach der Heimkinovorführung über Macher und Schauspieler, über FSK und Filmzitate. Text und Podcast stehen unter der Creative Commons-Lizenz BY-NC-ND 4.0 Quelle: SchönerDenken (Direkter Download der Episode über rechte Maustaste) Musik von Johannes Klan Happy Deathday USA 2017, 96 Min., Regie: Christopher Landon
Folge 1136: DIE GELIEBTEN SCHWESTERN: „Es ist alles sehr erfreulich!“ feat. Lucas Barwenczik

15.04.2022 75 min Lucas und Thomas

Dominik Graf, vielen eher als Krimi-Regisseur vertraut, inszeniert die vielleicht ein bisschen wahre Liebesgeschichte der Lengefeldschwestern mit dem mittellosen aber überaus charmanten Friedrich Schiller. Die Schwestern haben sich geschworen alles zu teilen – also auch Schiller. Sprache und Schrift spielen in diesem Film eine besondere Rolle: Die Handschrift ihrer Liebesbriefe rückt dabei ebenso in den Vordergrund wie die Druckschrift der literarischen Zeitschriften. Es ist eine Epoche, in der das Lesen und Schreiben in die Welt fast aller Menschen vordringt – eine Zeit der Aufklärung, der Revolution, des Aufbruchs, der Veränderung, der Abhängigkeiten und des unbedingten Freiheitswillens. Graf will diese Zeit umfassend abbilden und erzählt dabei viele Geschichten ineinander und nebeneinander, während die Figuren in den wunderbaren Bildern immer wieder ineinander verschmelzen. Mit Lucas hat Thomas den perfekten Partner gefunden, um diesem Film nachzuspüren. In der Podcastepisode sprechen die beiden über die Stimme des Regisseurs, die aus dem Off durch den Film führt, über eine der beeindruckendsten und dabei wenig freizügigen Sexszenen der Filmgeschichte, über Bill Clinton und Blut, das über die Pflastersteine in Paris läuft und stellen Vergleiche mit BRIGHT STAR und BARRY LYNDON an. Zitate "Arm sind wir erst, wenn wir nur noch einen Diener haben.""Sie grinsen schon die ganze Zeit weit unter ihrem Niveau!""Schiller ist Flüchtling auf einem eisig kalten Planeten." Über unseren Gast Der Filmkritiker Lucas Barwenczik ist bekannt als Podcaster bei cuts und Kulturindustr...
Folge 1135: GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE – Mehr als Nostalgie

01.04.2022 9 min Tom & Tom

Zwei Dinge lernen wir im Podcast: Was der Unterschied zwischen einem Hamster und einer Zigarette ist und dass Thomas das Wort „Marshmallowmännchen“ nicht aussprechen kann 🙂 GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE wurde von vielen Zuschauer:innen als würdige Fortsetzung der ersten beiden Filme gelobt. Dem können sich Tom und Tom anschließen: Mit starken Spielberg-Vibes geht es auf eine Reise in die Vergangenheit, Nerd-Mädchen Phoebe entdeckt das Geheimnis ihres Großvaters, Egon Spenkler, und setzt sich in den Kopf, die Welt zu retten. Alle Rollen sind perfekt gecastet, vor allem Mckenna Grace als Phoebe, Logan Kim als Podcast, Finn Wolfhard (der sich in STRANGER THINGS noch als Ghostbuster verkleidet hatte) als Phoebes Bruder Trevor und natürlich Paul Rudd als niedlicher Love Interest der Mutter (Carrie Coon). Der Film traut sich, eine andere Geschichte zu erzählen, Familie und Coming of Age in den Vordergrund zu stellen und dann kommen nach und nach aus Gozas Nebel die Requisiten und Zutaten eines guten alten Ghostbusterfilms ins Spiel. Wir verraten nicht, wer alles einen Cameo-Auftritt hat, aber eines können wir sagen: Ohne eine richtige Geisterfalle kommt man nicht weit.
Folge 1134: #Japanuary 2022 Nr. 2: ONE CUT OF THE DEAD (Kamera o tomeru na!) feat. molosovsky

20.01.2022 56 min Molo und Thomas

Nein, wir verraten nichts über diesen Film. Diesen Film muss man sich ohne Vorwissen, kalt und ungespoilert anschauen. Daher ist diese Episode – spätestens nach der Spoilerwarnung – nur für Euch Glückliche, die den Film schon gesehen haben. Also erst schauen, dann hören. Nur so viel sagen wir: Was für eine geile Sch’*+XX@!
Folge 1133: #Japanuary 2022 Nr. 1: ALONG THE SEA (Umibe no kanojotachi)

09.01.2022 40 min Michael, Daniel und Thomas

Drei junge Frauen aus Vietnam sind nach Japan zu kommen, um dort Geld zu verdienen, das sie an ihre Familien schicken. Der Druck auf die jungen Frauen ist groß, in der Heimat wird das Geld erwartet, gleichgültig wie katastrophal die Arbeitsbedingungen sind. In sehr düsteren, fast dokumentarischen Bildern erzählt Akio Fujimoto vom Überlebenskampf der drei Frauen, ihrer Flucht in einen anderen, nicht ganz so grausamen Job und einer Schwangerschaft, die eine der drei Frauen völlig aus der Spur wirft. Fujimoto richtet den Blick auf die Schwächsten: Für die Japaner sind sie nur Arbeitsmigranten, die mal mehr mal weniger sklavenähnlich ausgebeutet werden, in ihren eigenen Familien können sie als Frauen nicht über sich selbst entscheiden. Und Fujimoto sorgt dafür, dass wir den Blick nicht abwenden, bis wir das verstanden haben. Danke an Michael Meier von Kompendium des Unbehagens und Daniel Haberkorn vom Altstadtkino, dass ich hier noch einmal Gelegenheit hatte, über diesen Film zu sprechen. Große Empfehlung meinerseits auf jeden Fall – einer der besten Filme des Nippon Connection Online Festivals 2021.
Folge 1132: A QUIET PLACE 2 - Die Vernünftigen überleben

21.12.2021 12 min Tom und Tom

A QUIET PLACE war für uns ein Überraschungsfilm: Tom und Tom hatten damals im Kino mitgefiebert mit der Familie, die (fast) keine dämlichen Fehler macht beim Kampf ums Überleben. Entsprechend gespannt waren wir auf den zweiten Teil. Ausgangssituation von A QUIET PLACE 2: Mann weg, Baby da, und ein geheimer Trick, der gegen die blinden aber extrem gut hörenden Alien helfen kann. Regisseur Krasinski baut wieder eine einfache Geschichte auf – auch wenn sie sich in zwei Handlungsstränge aufteilt. Kurz und gut: Auch der zweite Teil funktioniert gut, sehr spannend, sehr unterhaltsam und wieder mit beeindruckenden Darsteller:innen. Sehenswert – finden Tom und Tom direkt nach dem Film auf dem heimischen Sofa.
Folge 1131: THE POWER OF THE DOG: Die Zerbrechlichkeit der Männerbilder

15.12.2021 35 min Johanna, Götz und Thomas

Vor seinem Willen weichen Mensch und Tier zurück: Der reiche Farmer Phil Burband ist ein harter Westerner, eine Führungsfigur, ein Alpha-Mann, jähzornig, und grausam gegen seine neue Schwägerin Rose, die seinen schwächlichen Bruder George geheiratet hat. Eine Konstellation wie in einem griechischen Drama: König, Bruder des Königs, Frau des Bruders und dann kommt Peter, der Sohn von Rose, auf die Ranch – er ist die Reagenz, die dramatische Ereignisse auslösen wird. Peter ist ein schlaksiger, ungeschickter, unmännlich wirkender Student, der andere Seiten verborgen hält. Aber auch der harte Phil Burbank (atemberaubend: Benedict Cumberbatch) ist anders, als es auf den ersten Blick aussieht. Phil und Peter bekriegen sich, bis Phil sich für den Jungen öffnet. Wer die spärlichen Hinweise auf kommende Tragik erkennt, bekommt zum fesselnden Psychodrama vor umwerfender Landschaft, noch eine richtige Schippe Hitchcock dazu. Das alles in perfekter Langsamkeit von Jane Campion meisterhaft inszeniert. Ein Präriekammerspiel über sichtbare und unsichtbare Stärke, über die Zerbrechlichkeit von Männerbildern und von unerfüllter, verdrängter Sexualität. Ein großer Film, der seine ganze Wucht vielleicht erst beim zweiten Anschauen entfaltet. Am Mikrofon direkt nach dem Film: Johanna, Götz und Thomas, die über Hände in einer Waschschüssel, über Moral, Schuld und Andeutungen diskutieren.
Folge 1130: THE WHITE TIGER: Von der Unmöglichkeit des Aufstiegs

07.12.2021 65 min Johanna und Thomas

Johanna hatte WHITE TIGER entdeckt und vorgeschlagen – ein Film über Indien, seine Regeln, seine Realität, die Armut, die Korruption und die Unmöglichkeit aus dem Vogelkäfig herauszukommen. Der iranisch-stämmige US-Regisseur Ramin Bahrani lässt sich von den Schauwerten Indiens nicht ablenken. Er bleibt an der Seite des besonders begabten Jungen Balram, der zu einem Leben als Arbeiter in einem Teehaus verdammt ist. Aber er versteht die Zusammenhänge, sieht wie die Rechtlosigkeit die Menschen in ihrer Armut gefangen hält, wie ein Huhn in einem Käfig. Aber Balram will ausbrechen und aufsteigen und genau das schafft er auch. Der Preis dafür ist hoch und er verliert mehr als nur seine Illusionen. Johanna und Thomas sind begeistert von diesem spannenden, schwarzhumorigen und klugen Film, der einen guten Einstieg in die Auseinandersetzung mit Indien ermöglicht. Shownotes 00:00:12 Begrüßung 00:01:02 Über was für einen Film reden wir denn? Eine Geschichte aus Indien 00:11:36 Der Conan-der-Barbar-Effekt 00:12:58 Die Zukunft gehört dem gelben und braunen Mann. 00:15:12 Die Unmöglichkeit des Aufstiegs in Indien 00:17:32 Der Elefant im Raum: Es gibt keinen Rechtsstaat. 00:22:23 Der Erste Fahrer sein 00:26:59 Balram durchaut das System 00:27:54 Spoileralarm vor dem Turning Point: Die Illusion der Freundschaft 00:37:27 Der weiße Tiger begeht einen Mord 00:41:47 Diskussion: Der Unterschied zwischen Diener und Mitarbeiter 00:48:07 Der weiße Tiger lässt seine Familie hinter sich 00:50:55 Am Ende fällt die Vierte Wand 00:59:11 Know your place: Das System der Armut
Folge 1129: TAO JIE – EIN EINFACHES LEBEN: Herbst eines Lebens, Herbst einer Stadt, feat. Lucas Barwenczik

21.11.2021 85 min Lucas und Thomas

Regisseurinnen und ihre Meisterwerke werden nur sehr langsam sichtbarer, darum hat Lucas für diese Episode Anne Huis  A SIMPLE LIFE (deutsch: TAO JIE – EIN EINFACHES LEBEN) ausgewählt. Anne Hui ist eine der wenigen großen Hongkong-Regisseurinnen, die bereits mit ihrem Debütfilm BOAT PEOPLE Aufsehen erregte. In SIMPLE LIFE werden wir in einem ruhigen und behutsam erzählten Film Zeuge einer gegenseitigen Loyalität und Solidarität: Ah Tao war sechzig Jahre lang Hauswirtschafterin und Kindermädchen der Familie Leung. In Hongkong geblieben ist von der Familie nur ihr Lieblings“kind“ Roger. Als Ah Tao (dargestellt von Deanie Ip) einen Schlaganfall bekommt, geht sie in den Ruhestand. Roger, ein Filmproduzent, sorgt für sie. Die beiden, die ein Verhältnis wie Mutter und Sohn haben, erhalten noch Zeit, in die Vergangenheit zu blicken, sich zu öffnen und ein Stück weit den Klassenunterschied aufzulösen. Aber als Ah Tao einen zweiten Schlaganfall hat, läuft ihre Zeit ab. Im Podcast werfen Lucas und Thomas auch einen Blick auf den dritten Hauptdarsteller: die alternde Stadt Hongkong, realistisch ins Bild gesetzt, verstaubt und ohne Neonlicht, sich melancholisch bewusst, dass der eigene Zenit weit überschritten ist. Roger (dargestellt von Andy Lau!) wird bezeichnenderweise mit einem Klimatechniker und einem Taxifahrer verwechselt – er arbeitet für eine Glitzerwelt, aber sie ist nicht Teil von ihm. Das Publikum lernt Ah Taos Mitbewohner im Altersheim kennen, sieht wie die hyperkapitalistische Konsumwelt mit TV-Kameras ins Altersheim eindringt und wieder verschwindet. Lucas und Thomas...
Folge 1128: ETERNALS - Die Götter sind unter uns

10.11.2021 17 min SchönerDenken

Eine beeindruckende Karriere: Bereits Chloe Zhaos zweiter Film (THE RIDER) ist ein Meisterwerk, mit dem dritten Film (NOMADLAND) ist sie für vier Oscars nominiert und holt die Oscars für den besten Film und die beste Regie. Mit dem vierten Film setzt sie einen Multimillionendollarfilm für das vielleicht erfolgreichste Filmfranchise aller Zeiten um. Aber ist ETERNALS ebenfalls ein großartiger Film? Wir alle mussten uns erst einmal mit dem Marvel-untypischen, langsamen Erzählen synchronisieren – es dauert etwas, bis man im Film ankommt. Die Bilder, die Landschaften, die langen, schönen Einstellungen, da zeigt sich Chloe Zhaos Handschrift. Vielleicht auch im ausgezeichneten und sehr diversen Cast, für ein ungewöhnliches Heldenensemble, das sowohl einen homosexuellen Superhelden als auch eine taubstumme Superheldin umfasst – und davon mit angenehmer Selbstverständlichkeit erzählt. Im Mittelpunkt steht Sersi (charismatisch: Gemma Chan), nicht die mächtigste Heldin, aber mit ihr können die Zuschauer am intensivsten mitfühlen. Sie hat ihr Herz für die Menschen geöffnet – und für ihren Eternal-Kollegen Iskari (Richard Madden). Die Eternals sind seit 7000 Jahren auf der Erde und wie ihre namensähnlichen Götter haben sie einerseits menschliche Gefühle und Schwächen und sind andererseits frei vom Empfinden der langen Zeit, die sie leben (was bei Peter Punktabzug gibt). Geschickt wurden sie vom gottgleichen sechsäugigen (!) Celestial Arishem – alles bewegt sich also auf gaanz großer Bühne. ETERNALS ist kein ganz großer Film, viele werden sich sogar langweilen. Aber Zhao gelingt e...
Folge 1127: THE RIDER: Wirklichkeit, Einsamkeit, Unendlichkeit

26.10.2021 46 min Johanna und Thomas

8 Sekunden auf dem Rücken eines Pferdes zu bleiben, das ist mit das Gefährlichste, was man überhaupt tun kann. Brady Blackburn ist darin besonders gut, aber nach einem schweren Sturz beim Rodeo darf er nie wieder reiten. Dabei macht sein Leben mit Pferden, sein Verständnis der Tiere seine Identität aus. Brady, Nachkomme von Lakota-Sioux-Indianern, gerät in eine tiefe Einsamkeit. Das alles vor der atemberaubend eingefangenen Kulisse der Prärie, in der Menschen immer wieder so klein wirken. Chloé Zhao lässt uns ganz nah heran an Brady, wir fühlen jeden Augenblick mit, obwohl unsere Lebenswirklichkeit so anders ist. Das ist es, was Kino ausmacht, warum wir Kino lieben, erklärt Johanna im Podcast und zitiert Roger Eberts Erkenntnis vom Kino als Empathiemaschine.  Nichts in diesem Film ist größer oder kleiner als die Wirklichkeit: die Härte des Lebens, die zerbrochenen Träume, die Freundschaft, die alle Schicksalsschläge überwindet und die Unendlichkeit und Poesie der Prärie. Und dann der Moment, in dem man als Zuschauer:in erkennt, dass Brady, dass alle sich sebst spielen. Zhao hat damit ein eigenes Genre erschaffen: den dokumentarischen Spielfilm. Meisterhaft. Ein Meilenstein des Kinos. In der Episode sprechen Johanna und Thomas darüber, warum THE RIDER kein Neo-Western ist, über die Ikonographie des Wilden Westens, über die Frage, wohin der Horizont gehört, über Gräber, über die Frage, was ein Cowboy ohne Pferd ist, über Bradys Kunst, Pferde an Menschen zu gewöhnen und Zhaos cineastische Zaubermaschine … Zum ersten Mal versagen beim Nacherzählen der berührendsten Szenen J...
Folge 1126: TITANE: Der Feuerwehrmann, sein Sohn, die Wahrheit und die Serienkillerin

26.10.2021 17 min SchönerDenken

Julia Ducournau ist eine furchtlose Filmemacherin, soviel ist sicher. Heldin Alexia lebt wie wir es auf der Leinwand eher von Männern gewohnt ist: Exzessive Beziehung zu Autos, Leben nach dem Lustprinzip inklusive Morden in Serie. Die Geschichte geht einen „fantastischen“ Schritt weiter: Alexia hat Sex mit einem Muscle-Car, wird schwanger, Motorenöl läuft aus ihrer Brust. Abrupt endet dieser an Cronenberg erinnernde Epilog voller Action, Nacktheit und expliziten Gewaltspitzen. Aus Alexia wird Adrien – auf der Flucht vor der Polizei wechselt sie nicht nur die Identität sondern nach außen hin das Geschlecht: Sie bindet sich Busen und Schwangerschaftsbauch zurück, schneidet sich die Haare ab, bricht sich die Nase, um einem Jungen ähnlich zu sehen, der vor 15 Jahren verschwunden ist. Der Vater des verschwundenen Jungen nimmt Adrien auf und an es beginnt eine aufgeladene Beziehung von zwei Menschen, die unter Druck stehen. Eigentlich zwei Filme, wie Frankensteins Kopf mit dem Fantasy-Element der Autoschwangerschaft grob an den Körper genäht – aber mit zwei herausragenden Schauspieler:innen: Agathe Rousselle und Vincent Lindon. Ein anstrengender Film, wechselhaft, kraftvoll, chaotisch, voller Ideen und ohne echte Verbindung zwischen seinen Teilen. Im Podcast direkt nach dem Kino sprechen Johanna, Bettina und Thomas darüber, ob der Preis in Cannes gerechtfertigt ist, über Gewalt und Identität, Mut und Ordnung. Thomas freut sich auf jeden Fall auf die nächsten Filme von Julia Ducournau.
Folge 1125: REPLAY! 10 Filme im November – NipponConnectionOnline 2021: Offizieller Festivalpodcast Nr. 9

21.10.2021 40 min SchönerDenken/Abspanngucker

Dieser Podcast begleitet das Festival, das vom 1. bis zum 30. November 2021 noch einmal 10 der Festivalfilme on demand zeigt. Gastgeber im Podcast sind zwei langjährige Filmpodcaster und NipponConnectionFans: Alexander von den Abspannguckern und Thomas von SchönerDenken. Unter dem Motto „Nippon Connection On Demand 2021: Replay!“ werden zehn Highlights des 21. Nippon Connection Filmfestivals vom 1. bis 30. November 2021 erneut online gezeigt. Mit Florian Höhr, Leiter des Filmprogramms, sprechen wir über die zehn ausgewählten Filme und erklären, wie man sich diese Filmperlen on demand anschauen kann. Dieser Filmherbst ist auf jeden Fall japanisch. Und das ist das Programm: Die Spielfilme Beyond The Infinite Two Minutes (Droste no hate de bokura) von Junta Yamaguchi, Japan 2020 (Hinweis: Dieser Film ist erst ab dem 3. November 2021 verfügbar.) Cafébesitzer Kato entdeckt, dass ihm der Monitor in seiner Wohnung zeigt, was zwei Minuten in der Zukunft passiert. Die geniale Low-Budget-Zeitreise-Komödie wurde mit dem Nippon Visions Audience Award 2021 ausgezeichnet. BOLT von Kaizo Hayashi, Japan 2019 BOLT basiert auf der Erdbeben-, Tsunami- und Nuklearkatastrophe vom März 2011. In einer düsteren Bildsprache erzählt er von den körperlichen und seelischen Traumata einer Tragödie, die Japan noch immer lähmt. Company Retreat (Aru shokuba) von Atsushi Funahashi, Japan 2020 – Ein Team von Hotelangestellten versammelt sich an einem Wochenende. In konzentrierter Atmosphäre soll ein betriebsinternen Fall von sexueller Belästigung aufgearbeitet werden. The Day Of Destruction (Hakai ...
Folge 1124: JAMES BOND – NO TIME TO DIE: Welche Art Held hätten’s denn gerne?

09.10.2021 17 min SchönerDenken

Achtung SPOILER! Die Erwartungen an James-Bond-Filme sind mittlerweile absolut unerfüllbar. Ein moderner Held soll er sein, aber lässig wie in den 1960ern. Glaubwürdig sollen seine neuen Abenteuer sein, aber die Actionsequenzen sollen so „typisch Bond“ die Grenzen der Physik augenzwinkernd verschieben. Mit jeder hübschen Frau sofort ins Bett oder doch mittlerweile monogam? Craigs Bond trauert immer noch um Vesper Lynd und für ihn ist ein Nein ein Nein, Gottseidank. Die Welt, aus der die Figur James Bond und ihr ursprünglicher Wertekanon stammen, ist längst Geschichte. Das Fossil Bond hat es aber bis in die Gegenwart geschafft und ist dazu verdammt, sich neuen Wirklichkeiten anzupassen. Während also die einen feiern, dass Bond sich verändert, haben andere Angst, dass Bond einen veganen Martini bestellen könnte. Der 25. Film der Reihe und die Abschiedsvorstellung von Daniel Craig ist geprägt von einer Liebesgeschichte. Seine Lebensgefährtin Madeleine musste nicht wie Vesper und die anderen Bond-Geliebten zuvor sterben. Bond könnte ein Leben jenseits der Agentenwelt haben, sogar eine Familie. Das gab es bei Bond so noch nie. Fukunaga inszeniert um diesen romantischen roten Faden herum einen Action-haltigen, episodischen Thriller mit den klassischen Bond-Zutaten: Beeindruckende Schauplätze, schöne Frauen, Kämpfe, das Ensemble der Freunde (M, Q, Moneypenny, Felix Leiter) und das Ensemble der Feinde (der verrückte Wissenschaftler, der Erzbösewicht, der die Welt vernichten will, der Bodyguard des Bösewichts). Bei Fukunaga ist aber alles etwas subtiler: die Action ist beeindruc...
Folge 1123: DUNE: Planet ohne Pay-Off

05.10.2021 20 min SchönerDenken

Fast jeder ist schon für sich nach dem Film geteilter Meinung. Villeneuves Bilder haben alle beeindruckt, aber können wir mit der präsentierten Geschichte etwas anfangen? Es ist ein Ankündigungsfilm, der stark auf einen zweiten, kommenden Film verweist. Im Grunde ein zweieinhalbstündiger Trailer. Viel passiert, aber geschieht auch etwas? Es wird verraten und gekämpft, gestorben und überlebt. Der Film hat gewissermaßen ein Problem in sich selbst vorzukommen, erklärt Hendrik. Es bleibt eine Distanz zu den Charakteren und eine Distanz zum feudalistischen Setting, dazu ein schwacher Score von Hans Zimmer (über den sich Thomas aufregt). Das ficht Tom alles nicht an – seine Bereitschaft sich überwältigen zu lassen, hat sich für ihn ausgezahlt. Selbst das Skizzenhafte der Charaktere sieht er als Gewinn. Ob also nach dem Film nur Sand zwischen den Zähnen knirscht oder doch Spice, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Johanna, Harald, Tom und Thomas.
Folge 1122: BLUTIGER FREITAG „Wir sprechen nur mit maßgeblichen Bonzen!“ feat. Lucas Barwenczik

21.09.2021 55 min SchönerDenken

„Wir sprechen nur mit maßgeblichen Bonzen!“ erklärt Mörder Heinz Klett und getreu diesem Motto redet Kinomensch Lucas Barwenczik folgerichtig im CrossCast mit Thomas von SchönerDenken – über Rolf Olsens Action-Exploitation BLUTIGER FREITAG von 1972 in der mittlerweile auf Bluray verfügbaren 4K-Fassung. Während Thomas noch Probleme hat den richtigen Einflugswinkel zu finden, ist Lucas schon vom unverwundbaren Überbösewicht Klett fasziniert, der fast Schwarzenegger und Stallone vorweg nimmt. Der Film ist Exploitation und zeigt Exploitation – nämlich in den Arbeitsverhältnissen, wenn die Ausbeutung der Arbeit am Beispiel Heidis und Luigis gezeigt werden, bis einem die Halsschlagadern schwellen. Ein klarer Blick in die klassistische Kälte der BRD der frühen Siebziger: Know your place – Bleib, wo Du hingehörst – Heidi wird zusammengestaucht, „damit sie wieder in die Tüte passt“. Dazu passen immer wieder Anspielungen auf die RAF, Revolutionsattitude hat sich auf jeden Fall auch Heinz Klett zugelegt: Polizisten sind keine Heilsarmisten und wenn einer draufgeht, dann war das Berufsrisiko. Da klingt Heinz Klett gewiß nicht zufällig wie Andreas Baader. Der Tod eines Polizisten (die Handgranate!) führt dann auch zur beeindruckendsten und billig inszenierten Gore-Szene. Vorbild für den Bankraub, den Heinz Klett mit seinem Kumpanen durchführt, war ein echter Bankraub in München 1971, bei dem alle Täter zu Tode kamen. Beeindruckend wird die trostlose Stimmung der BRD zwischen Studentenbewegung und Deutschem Herbst gezeigt – Heinz Klett wird vor diesem Hintergrund von Lucas als Symb...
Folge 1121: SHANG-CHI AND THE LEGEND OF THE TEN RINGS: Der erste chinesische Marvel-Held

13.09.2021 15 min SchönerDenken

Mit dem 25. Film betritt Marvel Asien: SHANG-CHI spielt weitgehend in China und eine Riege beeindruckender chinesischer oder chinesisch-stämmiger Schauspieler:innen übernehmen die Hauptrollen, unter anderem Michelle Yeoh, Simu Liu, Benedict Wong und Awkwafina. Nach einem sehr gelungenen und launigen Auftakt, inklusive der atemberaubendsten Bus-Action-Szene seit SPEED, muss sich der Held Shang-Chi seinem übermächtigen Vater stellen – sehr charismatisch dargestellt von Schauspiellegende Tony Leung. Auch in der synchronisierten Fassung wird netterweise sehr viel Mandarin gesprochen (und untertitelt). Ansonsten folgt der Film dem sehr vertrauten Marvel-Rezept, bietet sich steigernde Action mit diesmal besonders liebevoll choreografierten Kampfsequenzen und achtet auf funktionierenden comic relief, den vor allem Awkwafina und Ben Kingsley garantieren. Simu Liu bleibt etwas blass (findet Thomas), aber sonst lässt sich nicht viel kritisieren an diesem sehr kurzweiligen Superheldenfilm. Gut gelaunt am Mikrofon direkt nach dem Kino: Johanna, Tom und Thomas.
Folge 1120: REMINISCENCE: Knapp daneben ist auch vorbei

05.09.2021 14 min SchönerDenken

Alles ist vom Feinsten: Die Schauspieler:innen, der Look, das Licht, der Schnitt. Und doch bleibt REMINISCENCE ein Möchtegern-Near-future-Film-noir, ein Melodram ohne Gespür, wo die feine Grenze ist zum belanglosen Kitsch. Lisa Joys Debutfilm zeigt perfektes Handwerk, aber all das nutzt nichts, wenn die Zuschauer:innen keinen Bezug zu den Charakteren bekommen und ein bedeutungsschwangeres Voice-Over Kalendersprüche über den Film kleistert. Formulierungen wie „Erinnerung sind die Perlen an der Halskette der Zeit“. Wer schreibt sowas? Und wichtiger noch: Wer lässt das im Drehbuch stehen? Unser Tipp: Ton aus, den Zauber von Rebecca Ferguson genießen vor dem honigfarbenen Sonnenuntergang in Miami, das in der Klimakatastrophe pittoresk abgesoffen ist. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Tom und Thomas. Wer ein ähnliches Thema aufregender, innovativer und interessanter sehen möchte, dem empfehlen wir STRANGE DAYS von Kathryn Bigelow von 1995 und unsere Podcastepisode dazu mit Gast Lucas Barwenczik.
Folge 1119: FREE GUY: „Don’t Have a Good Day. Have a Great Day!“

05.09.2021 12 min SchönerDenken

Otto Normalverbraucher hieß er in Deutschland in den 1950ern. Im Computerspiel „Free City“ ist er der „Blue Shirt Guy“ (Ryan Reynolds), ein NPC (Non Player Character), der plötzlich aktiv wird und seine ganz eigenen Ziele verfolgt – zum Beispiel die Frau zu finden, in die er sich verliebt hat. Hinter ihr steckt übrigens die Hackerin Molotov Girl (Jodie Comer), die einem großen Betrug auf der Spur ist. Aber wer steckt hinter dem „Blue Shirt Guy“? Oder steckt überhaupt jemand hinter diesem liebenswerten naiven Bankangestellten, der vor lauter Liebe ganz Free City umkrempelt? Sehr zum Missfallen des charismatischen Game-Tycoon Antwan (Taika Waititi). FREE GUY ist eine harmlose, ziemlich gute getimete Action-SF-Komödie, mit einem sehr passend besetzten Ryan Reynolds. Der Unterhaltungswert ist dank vieler guter Pointen hoch, es wird ein bisschen Relevanz eingestreut und der sehr gute Cast darf sich austoben. Großartig ist Taika Waititi als hipper Bösewicht, Channing Tatum in einer Nebenrolle als Spielfigur eines Nerds und das wunderbare Hackerpärchen Jodie Comer und Joe Keery. Fazit: Sehr bunt, viel Bummbumm, begrenzter Anspruch und sehr viel Spaß – auch für Zuschauer:innen, die keine Computerspiele kennen. Am Mikrofon direkt nach dem Kino: Johanna, Tom und Thomas.
Folge 1118: BEYOND THE INFINITE TWO MINUTES (Nippon Connection 2021) feat. Kompendium des Unbehagens, Untersammlung, Altstadtkino und Der Podcast

02.09.2021 45 min SchönerDenken

Nach der #OpenPodcast-Folge direkt nach dem Film nun endlich auch noch ein ausführliches, entspanntes, zum Teil albernes Gespräch mit Michael von Kompendium des Unbehagens, Johannes von der Untersammlung, Daniel vom Altstadtkino und Max von Der Podcast. Ein Monitor, der zwei Minuten in die Zukunft schaut, das ist die erst einmal unspektakulär wirkende SF-Idee von BEYOND THE INFINITE TWO MINUTES von Junta Yamaguchi. Die Theatertruppe um Yamaguchi zaubert aus dem kleinen Budget einen großen Spaß: Die Freunde basteln in einem japanischen Café aus zwei Monitoren einen Zeittunnel, der ihnen erlaubt weiter in der Zukunft zu sehen. Aber was fängt man damit an, dass man in die Zukunft schauen kann? Vielleicht steht der Film etwas im Windschatten von ONE CUT OF THE DEAD, mit dem er nicht ganz mithalten kann. Dazu fasert er im Mittelteil doch etwas aus. Aber rechtzeitig kommt mit neuen Figuren wieder neuer Drive und dann kehrt der Film zu seinem Boy meets Girl-Thema zurück und alles wird gut.